Politik

Raketen auf Grüne Zone gefeuert Schiiten stürmen Regierungspalast in Bagdad

Im Irak spitzt sich die politische Krise zu: Auch Monate nach der Parlamentswahl gibt es keine neue Regierung. Nun kündigt Wahlgewinner Muktada al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik an - und seine Anhänger gehen auf die Barrikaden. Vor dem Regierungspalast eskaliert die Gewalt.

Bei anhaltenden Ausschreitungen in der irakischen Hauptstadt Bagdad sind Raketen auf die besonders gesicherte Grüne Zone gefeuert worden, in der sich unter anderem die Regierungsgebäude, das Parlament und Botschaften befinden. Wie das irakische Militär weiter mitteilte, kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen rivalisierenden Schiiten-Gruppen. Die Straßen der Hauptstadt sind verwaist, bewaffnete Männer patrouillieren in Pickup-Fahrzeugen, die mit Maschinengewehren und Granatwerfern bestückt sind. Schon in der Nacht waren durchgehend Schüsse zu hören.

Anhänger des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr hatten am Montag den Regierungspalast in Bagdad gestürmt. Bei den Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften kamen mindestens 20 Menschen ums Leben, 160 Menschen seien laut medizinischen Kreisen verletzt worden. Die irakischen Streitkräfte hatten Schüsse und Tränengas abgefeuert, um die Demonstranten aus dem Regierungspalast zu vertreiben.

Kurz vor dem Sturm hatte der 48 Jahre alte Geistliche al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik erklärt. In dem Gebäude in der eigentlich hoch gesicherten Grünen Zone liegt unter anderem das Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi. Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Demonstranten vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen waren.

Zweiter Rückzug seit 2014

Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption leidet. Al-Sadrs Bewegung ging aus der Wahl zwar als klarer Sieger hervor, konnte jedoch nicht die wichtige Zweidrittelmehrheit erreichen, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Damit entstand eine politische Pattsituation.

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Bereits zum zweiten Mal seit 2014 kündigte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik an. Keine zwei Stunden nach der Ankündigung strömten Demonstranten in die Grüne Zone. Die Protestler beseitigten Barrieren und kletterten über Zäune. Sicherheitskräfte versuchten, die Menge mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben. Die Belagerung des Palasts ging trotz einer ab dem Nachmittag geltenden Ausgangssperre weiter. Zeugen berichteten, sie hätten am späten Abend noch Schüsse innerhalb der Grünen Zone gehört.

UN-Generalsekretär António Guterres äußerte sich besorgt über die Proteste. Er rufe zu Ruhe und Zurückhaltung auf und appelliere an alle maßgeblichen Akteure, unverzüglich Schritte zur Deeskalation zu unternehmen und jegliche Gewalt zu vermeiden, teilte UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York mit. Alle Parteien und Akteure sollten ihre Differenzen überwinden und ohne weitere Verzögerung einen friedlichen und umfassenden Dialog über einen konstruktiven Weg in die Zukunft aufnehmen.

Quelle: ntv.de, jug/dpa/rts

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