Politik

Kanzler zu Besuch in Warschau Scholz lehnt Reparationen für Polen ab

Scholz und Morawiecki hatten viel zu besprechen - und es gab nicht nur Konsens zwischen den beiden Regierungsschefs.

Scholz und Morawiecki hatten viel zu besprechen - und es gab nicht nur Konsens zwischen den beiden Regierungsschefs.

(Foto: imago images/Aleksander Kalka)

Im Verhältnis Deutschlands zu Polen gibt es einige Baustellen - das wird beim Besuch von Kanzler Scholz in Warschau deutlich. Dort muss er nicht nur zu Reparationen für Unrecht im Zweiten Weltkrieg, sondern auch zu mehreren aktuellen Streitthemen Stellung nehmen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat die ablehnende Haltung Deutschlands zu Reparationen für die während des Zweiten Weltkriegs in Polen verursachten Schäden unterstrichen. "Wir haben Verträge geschlossen, die gültig sind und die Fragen für die Vergangenheit und die Entschädigungsleistungen geregelt haben", sagte er nach einem Gespräch mit Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Warschau.

"Trotzdem fühlen wir uns weiter verpflichtet auch im Hinblick auf die moralischen Konsequenzen der vielen Zerstörungen, die Deutsche in Polen angerichtet haben und auch an vielen anderen Orten der Welt." Er sei deshalb froh, dass in Berlin nun eine Gedenkstätte für die polnischen Opfer des Zweiten Weltkriegs entstehen soll.

Neu war, dass Scholz im Zusammenhang mit den polnischen Reparationsforderungen auf die deutschen Beiträge zum EU-Haushalt verwies, von denen auch Polen profitiert. "Ansonsten ist das eben ein Grund mehr, dass Deutschland bereit ist, gewillt ist und auch weiter bereit und gewillt sein wird, sehr, sehr hohe Beiträge zur Finanzierung des Haushaltes der Europäischen Union zu leisten", sagte er.

Polens nationalkonservative PiS-Regierung thematisiert die Reparationsansprüche an Deutschland immer wieder. Erst kürzlich gab Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Gründung eines Instituts für Kriegsschäden bekannt. Es soll die Bemühungen um die Erforschung sämtlicher Kriegsschäden institutionalisieren und sich auch mit der weiteren Verfolgung der Reparationsansprüche befassen. Für die Bundesregierung ist das Thema rechtlich und politisch abgeschlossen. Sie beruft sich vor allem auf den Zwei-plus-Vier-Vertrag über die außenpolitischen Folgen der deutschen Einheit von 1990.

"Das Beste wäre, Eröffnung von Nord Stream 2 nicht zuzulassen"

Morawiecki brachte in der gemeinsamen Pressekonferenz eine ganze Reihe weiterer Streitpunkte zur Sprache. Zur umstrittenen deutsch-russischen Gaspipeline Nord Stream 2 sagte er: "Das Beste wäre, eine Eröffnung von Nord Stream 2 gar nicht zuzulassen." Eine Inbetriebnahme würde insbesondere die Ukraine, aber auch den Rest Europas anfällig für "Gaserpressung" durch Russland machen. Scholz sagte zu, dass sich die Bundesregierung auch unter seiner Führung mit aller Kraft dafür einsetzen werde, dass die Ukraine Transitland für russisches Gas bleibt.

Deutliche Kritik übte Morawiecki auch an dem im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien vereinbarten Ziel, die EU zu einem "föderalen Bundesstaat" weiterzuentwickeln: In polnischen Ohren klinge diese Vision nach "bürokratischem Zentralismus - das ist eine Utopie und gefährlich". Skeptisch zeigte er sich auch angesichts der Pläne der neuen Bundesregierung für einen besseren Klimaschutz - in diesem Zusammenhang verwies Morawiecki auf die ohnehin schon steigenden Energiepreise.

Streit um Justizreformen

Scholz sagte seinen Gastgebern die weitere Unterstützung in der Krise an der Grenze zu Belarus zu, wo Tausende Migranten auf eine Möglichkeit zur Einreise in die EU warten. Hinter der Krise stehe eine "menschenverachtende Politik" des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko. "Wir werden weiter solidarisch mit Polen gegen diesen unangemessenen Weg einer hybriden Kriegsführung vorgehen", sagte Scholz. Morawiecki sagte: "Wir verteidigen die Ostgrenze der EU. Wir verteidigen damit auch die deutsche Grenze."

Seit mehreren Wochen versuchen Migranten, von Belarus aus über die Grenze nach Polen - und damit auf EU-Gebiet - zu gelangen. Die EU wirft Machthaber Lukaschenko vor, diese Menschen gezielt durch sein Land zu schleusen, um damit die EU zu destabilisieren.

Scholz sprach nach der Unterredung mit Morawiecki auch den Streit zwischen der EU-Kommission und Polen über die polnischen Justizreformen an. Seine Regierung würde es begrüßen, wenn die Gespräche zwischen Warschau und Brüssel "bald zu einer guten und pragmatischen Lösung führen könnten", sagte der SPD-Politiker.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP

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