Tschechien kauft Gelände in Lety Schweinefarm wird zur KZ-Gedenkstätte
23.11.2017, 23:31 Uhr
Aktivisten der Europäischen Antirassistischen Bewegung (Egam) besichtigen das einstige KZ in Lety.
(Foto: REUTERS)
Dort, wo während des Nationalsozialismus hunderte Sinti und Roma ihr Leben verloren, entsteht in den 1970er-Jahren eine Schweinefarm - nun soll die Anlage geschlossen werden. Das lässt sich Tschechiens Regierung einiges kosten. Künftig soll der Ort dem Gedenken dienen.
Tschechien hat einen umstrittenen Schweinemastbetrieb auf dem Gelände eines ehemaligen NS-Konzentrationslagers gekauft. Um den Mastbetrieb in Lety schließen zu können, zahlte die Regierung 450 Millionen tschechische Kronen - umgerechnet 18 Millionen Euro - an den Agpi-Agrarkonzern. Zusätzlich will Tschechien weitere 120 Millionen Kronen für die Reinigung des Geländes bereitstellen, auf dem im Zweiten Weltkrieg hunderte Roma starben.
"Nach gut 20 Jahren haben wir es endlich geschafft, dieses schädliche Erbe der Vergangenheit loszuwerden", erklärte Kulturminister Daniel Herman. Dem Kaufvertrag muss nur noch die Hauptversammlung von Agpi zustimmen, die für den 4. Dezember angesetzt ist. Auch Jana Horvathova, die Leiterin des Museums für Roma-Kultur in Brünn (Brno), zählt zu den Unterzeichnerinnen des Vertrags. Ihre Einrichtung soll das Gelände wieder auf Vordermann bringen, sobald der Mastbetrieb vollständig abgebaut worden ist.
Begrüßt wurde der Schritt unter anderem von der Europäischen Antirassistischen Bewegung (Egam), die von einem "historischen Tag für die Roma" sprach. "Jetzt liegt die Herausforderung darin, das Gelände von einem ehrlosen Ort in einen Ort der Würde zu verwandeln", sagte der Egam-Vorsitzende Benjamin Abtan.
240 Kinder starben in Lety
Tschechische und ausländische Menschenrechtsaktivisten hatten seit Jahren die Schließung der Agpi-Schweinefarm gefordert. Im August hatte der Konzern erklärt, ein entsprechendes Angebot der Regierung angenommen zu haben. Der Schweinemastbetrieb war zu Zeiten des Kommunismus in den 1970er Jahren auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Lety südlich der Hauptstadt Prag errichtet worden.
Zwischen August 1942 und Mai 1943 waren in dem NS-Lager etwa 1300 Roma und Sinti interniert. Die meisten von ihnen wurden anschließend in das NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet. Knapp 330 Roma - darunter über 240 Kinder - starben bereits in Lety. Viele von ihnen erkrankten an Typhus. Insgesamt wurden unter den Nationalsozialisten rund 90 Prozent der tschechischen Roma getötet.
Quelle: ntv.de, jug/AFP