Staudamm-Sprengung ändert nichts Selenskyj sieht Kiews Offensive nicht in Gefahr
06.06.2023, 23:57 Uhr Artikel anhören
Selenskyj leitet die Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates.
(Foto: picture alliance/dpa/Ukrainian Presidential Office/AP)
Dass der Kreml die annektierte Krim mit der Sprengung des Staudamms vom Wasser abschneidet, erklärt sich der ukrainische Präsident ganz einfach: Moskau wisse bereits, dass es die Halbinsel und den Krieg verliere. Die Offensive sei nicht beeinträchtigt.
Die teilweise Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj keine Auswirkungen auf die Gegenoffensive seines Landes zum Zurückdrängen der russischen Armee. "Die Explosion des Damms hat nicht die Fähigkeit der Ukraine beeinträchtigt, ihre eigenen Gebiete von der Besatzung zu befreien", versicherte der Staatschef in seiner abendlichen Video-Botschaft.
Selenskyj fügte hinzu, er habe mit den obersten Militärs gesprochen. Diese hätten ihm versichert, dass die ukrainische Armee in höchstem Maße bereit für die Gegenoffensive sei. Der Präsident hatte bereits am Wochenende den Abschluss der Vorbereitungen für die seit langem erwartete Gegenoffensive seines Landes gegen die russischen Invasionstruppen verkündet. Selenskyj präsentierte auch eine Begründung dafür, warum Russland die von ihr kontrollierte Halbinsel Krim mit solch einer Sprengung von der Wasserversorgung abschneide. Moskau habe sich bereits darauf eingestellt, die seit 2014 annektierte Krim zu verlieren, folgerte Selenskyj.
"Höhe des Schadenersatzes steigt"
Attacken wie die Sprengung des Staudamms könnten Russlands Niederlage nicht verhindern, sondern führten nur dazu, dass Moskau am Ende einen höheren Schadenersatz zahlen müsse. Der ukrainische Generalstaatsanwalt habe sich bereits an den Internationalen Strafgerichtshof mit der Bitte um eine Untersuchung der Explosion gewandt. Den Menschen in der Region sagte Selenskyj derweil Hilfe zu. Die Regierung tue alles, um Hochwasseropfer zu retten und die Bevölkerung mit Trinkwasser zu versorgen.
Der in russisch besetztem Gebiet liegende Kachowka-Staudamm am Dnipro war bei einer Explosion in der Nacht zum Dienstag teilweise zerstört worden, große Mengen Wasser traten aus. Auf beiden Seiten des Flusses wurde die Evakuierung zehntausender Menschen eingeleitet. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) warnte vor möglichen Folgen für die Kühlung des größten Atomkraftwerks Europas, das seit März 2022 von Russland kontrolliert wird.
USA halten Sabotageakt Kiews für unplausibel
Kiew und Moskau machen sich gegenseitig für den Angriff auf den Staudamm verantwortlich. Der ukrainische Präsidentenberater Michailo Podoljak warf Russland vor, das Gebiet überfluten und so die geplante ukrainische Gegenoffensive behindern zu wollen. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu warf seinerseits der Ukraine vor, durch die Zerstörung des Dammes "offensive Aktionen der russischen Armee in diesem Bereich der Front" verhindern zu wollen.
Die USA haben bislang zwar keine gesicherten Erkenntnisse über die Hintergründe der Zerstörung des Kachowka-Staudamms - ein amerikanischer UN-Vertreter hält eine Sabotage durch Kiew aber für unwahrscheinlich. "Warum sollte die Ukraine so etwas ihrem eigenen Territorium und ihren eigenen Menschen antun, ihr Land überschwemmen und Zehntausende dazu zwingen, ihre Häuser zu verlassen? Das macht einfach keinen Sinn", sagte der stellvertretende Botschafter Robert Wood vor einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York. Wood sagte, er hoffe, in einigen Tagen mehr Informationen zu dem offensichtlichen Angriff auf den Damm zu haben.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP