"Der Kommunist, der Italien rettete" Staatspräsident Napolitano tritt ab
14.01.2015, 11:42 Uhr
Napolitano will nicht mehr. Mit 89 muss er auch nicht mehr.
(Foto: imago/Insidefoto)
Die Italiener nennen ihn "König Giorgio" - vielleicht auch, weil er in den vergangenen Jahren fast der einzige Politiker des Landes war, auf den Verlass war. Nun tritt Staatspräsident Napolitano zurück.
Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano ist erwartungsgemäß zurückgetreten. Napolitano habe am Vormittag sein Rücktrittsgesuch unterzeichnet, teilte das Präsidialamt mit. Der 89-jährige hatte seinen Rückzug bereits im Vorfeld angekündigt und auf sein hohes Alter sowie seinen Gesundheitszustand verwiesen. Nach seinem Rücktritt hat das Parlament nun zwei Wochen Zeit, um zur Wahl eines Nachfolgers zusammenzukommen. Zwischen den Parteien begannen bereits Verhandlungen über die Wahl eines neuen Staatschefs.
In Italien wird Napolitano respektvoll "Re Giorgio" genannt, "König Giorgio". Er war in den vergangenen Jahren die Schlüsselfigur in der italienischen Politik. Er steuerte das Land in seiner fast neunjährigen Amtszeit als Staatspräsident durch vier turbulente Regierungswechsel und durch die Finanzkrise 2011, die Europas drittgrößte Volkswirtschaft fast in den Abgrund gerissen hätte. Auch im Ausland ist der europafreundliche Napolitano äußerst angesehen.
Im Mai 2006 trat mit Napolitano erstmals ein Ex-Kommunist das höchste Staatsamt an. "Der Kommunist, der Italien gerettet hat", wurde er 2013 in einer Biografie beschrieben.
Die schwerste Regierungskrise musste der studierte Jurist 2011 deichseln, als der damalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi nach einer Reihe von Steuer- und Sex-Skandalen unhaltbar wurde. Napolitano setzte Mario Monti als Regierungschef ein. Das brachte ihm die Kritik ein, er reiße die Macht an sich und habe die Kompetenzen eines Präsidenten überschritten.
Papst und Präsidenten vertrauten ihm
"In dem ganzen Chaos war Napolitano einziger Ansprechpartner für internationale Partner", sagte sein Biograf Paolo Franchi. US-Präsident Barack Obama vertraute ihm genauso wie Queen Elizabeth II. oder Papst Benedikt XVI. Napolitano soll einer der wenigen gewesen sein, der vorab von dessen Rücktritt erfahren hat.
In den vergangenen Monaten sah man Europas ältestem Staatschef die Anstrengungen an, Napolitano wurde zusehends emotionaler. Schon bei seiner Wiederwahl 2013 hatte er angekündigt, das Amt nicht mehr lange auszuüben. Nun fühlt er sich endgültig zu alt.
Geboren am 29. Juni 1925 in Neapel in gutbürgerlichen Verhältnissen, schloss er sich mit 17 Jahren dem Widerstand gegen den faschistischen Diktator Benito Mussolini an. Nachdem er 1945 der Kommunistischen Partei Italiens beigetreten war, wurde er 1953 zum Abgeordneten gewählt. Napolitano hat im Laufe seines langen politischen Lebens wichtige Ämter im Parlament bekleidet, so als Präsident der Abgeordnetenkammer (1992-1994) und als Innenminister in der ersten Regierung von Romano Prodi. Napolitano hat mit seiner Frau Clio zwei Söhne. Nach seinem Rücktritt wird er Senator auf Lebenszeit
Quelle: ntv.de, vpe/dpa