"Kiew ist eine russische Stadt" Strelkow will die ganze Ukraine
20.03.2015, 13:00 Uhr
Kämpfte für Russland unter anderem schon in Transnistrien und Tschetschenien: Igor Strelkow.
(Foto: AP)
Er kämpfte auf der Krim und in der Ostukraine – Igor Strelkow zählt zu den populärsten russischen Nationalisten. In einem Interview träumt er nun von einem "Russland in den Grenzen von 1939".
Eine Handvoll Menschen haben es seit Beginn der Ukraine-Krise zu zweifelhafter Popularität geschafft. Dazu zählt neben Separatistenchef Alexander Sachartschenko und dem selbst ernannten Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, auch Igor Strelkow. Der 44-Jährige, der bereits in mehreren Kriegen für Russland gekämpft hat, koordinierte im Februar 2014 die prorussische Machtübernahme auf der Krim, im April gehörte er zu den Mitorganisatoren der prorussischen Aufstände in der Ostukraine. Im Frühjahr war Strelkow für kurze Zeit sogar Verteidigungsminister der selbst ernannten "Volksrepublik Donezk", dann verließ er die Ukraine unter bisher ungeklärten Umständen.
Ruhig ist es seitdem aber nicht geworden um Strelkow. In mehreren Interviews gab er umfangreich Auskunft, wie er an der Besetzung der Krim und den Kämpfen in der Ostukraine mitgewirkt hat. Nun hat Strelkow sich erneut ausführlich zu Wort gemeldet. Im Interview mit "Spiegel Online" spricht er über die Lage in der Ostukraine und erklärt, warum Russlands Präsident Wladimir Putin im Nachbarland viel härter vorgehen sollte.
Strelkow fordert von Russland mehr Unterstützung für die Separatisten. "Wenn Russland sich stärker einbrächte, wäre alles möglich, einschließlich des Sturzes des Regimes in Kiew", sagt er. Russland müsse in der gesamten Ukraine für Ordnung sorgen und eine legitime Regierung an die Macht bringen. "Nur dann können die Probleme gelöst werden." Strelkow, der sich selbst als Anhänger der orthodoxen Monarchie bezeichnet, träumt davon, dass Russland seine Grenzen von 1939 wiederherstellt. "Separatisten sind für mich die ukrainischen Politiker, weil sie sich von Russland abspalten wollen. Kiew ist eine russische Stadt. Die Ukraine war, ist und bleibt ein Teil Russlands."
Die Politik der russischen Regierung bezeichnet Strelkow zurzeit als zögerlich. Er sei davon ausgegangen, dass "Moskau den Donbass ähnlich wie die Krim" zügig annektieren werde. "Warum haben wir die ukrainische Armee nicht schon im September vernichtet, als wir die Gelegenheit dazu hatten?" Er vermutet, Moskau habe das mit Rücksicht auf den Westen unterlassen.
Kein Zurück mehr für Putin
Das Verhältnis zum Westen ist aus Sicht des früheren Geheimdienstmannes tief erschüttert. Es sei "schwer, Freundschaft mit jemandem zu schließen, der nach seinem Sieg nicht aufhört, den Gegner zu demütigen". Der Westen wolle eine Weltregierung schaffen, in der autarke Staaten wie Russland keinen Platz hätten. "Deshalb wird Russland in den Augen des Westens immer ein Feind bleiben."
Strelkow, dem Putin früher zu lasch war, ist heute ein Anhänger des Präsidenten. In seinem Büro hängt ein Bild Putins. Dieser habe "entschieden, dass er nicht wie Gorbatschow als Judas in die Geschichte eingehen will". Putin habe die russische Souveränität wiederhergestellt und verstanden, dass alle Zugeständnisse an den Westen fruchtlos seien. "Mit der Krim hat Putin erreicht, wovon viele Patrioten nur träumen konnten", so Strelkow.
Er, der im Herbst in Moskau das Büro "Noworossija" ("Neurussland") gründete, gilt heute vor allem unter russischen Nationalisten als populär. Separatistenführer Alexander Borodai erklärte kürzlich, die russische Regierung werde bald fallen und das Land im Bürgerkrieg versinken. Strelkow könnte dann als Kopf der patriotischen Kräfte "Anführer von dem werden, was von Russland übrig bleibt".
Auf die Macht der Nationalisten und ihr Verhältnis zu Putin kommt Strelkow auch in dem Interview mit "Spiegel Online" noch zu sprechen. Der Präsident habe sich in "eine Situation gebracht, aus der es kein Zurück für ihn gibt. Ich hoffe, Putin versteht das. Erfolg kann er nur noch zusammen mit den Patrioten haben."
Quelle: ntv.de, cro