Gefahr für Ortskräfte Taliban erbeuten biometrische Daten
18.08.2021, 13:55 Uhr
Nahe Kandahar scannt ein US-Soldat die Augen eines Dorfbewohners (Archivbild von 2010).
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Bei ihrer Eroberung Afghanistans bringen die Taliban biometrische Instrumente aus den Beständen der US-Armee in ihren Besitz. Darauf befinden sich die Daten von Menschen, die aus Sicht der Taliban Kollaborateure sind.
Den Taliban sind in Afghanistan biometrische Instrumente und Daten der US-Armee in die Hände gefallen. Das berichtet die investigative Nachrichtenseite The Intercept.
Bei den Instrumenten handelt es sich um "Handheld Interagency Identity Detection Equipment", kurz HIIDE - tragbare Geräte zur behördenübergreifenden Identitätsfeststellung. Diese seien von den Taliban in der vergangenen Woche erbeutet worden, sagten ein Vertreter der US-Streitkräfte sowie drei ehemalige Militärangehörige dem Bericht zufolge. Sie alle fürchten, dass die Geräte sensible Daten enthalten, die von den Taliban benutzt werden könnten.
Mit den HIIDE-Instrumenten können drei biometrische Merkmale gescannt werden: die Iris, Fingerabdrücke sowie das Gesicht. Das US-Militär setzt sie bereits seit Jahren ein. Einem zehn Jahre alten Bericht der US-Armee zufolge kann ein Gerät 22.000 biometrische Profile speichern. "Der Gebrauch biometrischer Daten hilft dabei, Personen zu identifizieren, die eine potenzielle Bedrohung darstellen können", wird ein US-Sergeant darin zitiert.
Allerdings sammelte die US-Armee in Afghanistan laut The Intercept nicht nur die biometrischen Daten von Terroristen und Taliban, sondern auch die von afghanischen Ortskräften, also Mitarbeitern der Armee und von zivilen Organisationen. Deren Daten seien für Ausweise erfasst worden. Ein Veteran sagte der Nachrichtenseite, es könne zwar sein, dass die Taliban nicht ohne Weiteres an die Daten auf den Geräten gelangen. Es sei jedoch möglich, dass der pakistanische Geheimdienst dann aushelfen werde. Der pakistanische Geheimdienst unterhält enge Kontakte zu den Taliban.
Nach einem Artikel des US-Senders NPR hatte das US-Verteidigungsministerium ursprünglich das Ziel, 25 Millionen Afghanen - also rund 80 Prozent der Bevölkerung - biometrisch zu erfassen. Wie viele Profile letztlich gespeichert wurden, ist unbekannt. Der Schutz dieser Daten scheint keine Rolle gespielt zu haben. "Ich glaube nicht, dass irgendjemand je an Datenschutz gedacht hat oder daran, was passiert, wenn das System in die falschen Hände gerät", sagte Welton Chang von der US-Menschenrechtsorganisation Human Rights First.
Human Rights First hat bereits einen Leitfaden auf Farsi veröffentlicht, der dabei helfen soll, die digitalen Spuren einzelner Menschen zu verwischen. Auch Ratschläge zur Umgehung der digitalen Gesichtserkennung verbreitet die Organisation. Den Leitfaden hatte sie im vergangenen Jahr für politische Aktivisten in Hongkong entwickelt, die die chinesischen Behörden fürchteten. Nun soll er auch Afghanen helfen.
Quelle: ntv.de, hvo/rts