Schlichter übernehmen Wie geht es im Tarifstreit von Bund und Kommunen jetzt weiter?
18.03.2025, 15:43 Uhr Artikel anhören
In der Hauptstadt wurden unter anderem die Berliner Stadtreinigung (BSR) und die Berliner Wasser- und Bäderbetriebe bestreikt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Anrufung der Schlichtung im Tarifstreit über höhere Löhne für über 2,5 Millionen Beschäftigte beim Bund und in den Kommunen bedeutet nicht, dass weitere Streiks völlig vom Tisch sind. Vorerst ist die Streikgefahr aber abgewendet. Unter Leitung von zwei unparteiischen Schlichtern müssen die Tarifparteien nun eine Einigungsempfehlung ausarbeiten. Diese könnte ab Ende März oder Anfang April vorliegen. Sie ist aber nicht bindend und bildet nur die Grundlage für die Wiederaufnahme der Verhandlungen. Gelingt dann keine Einigung, droht ein flächendeckender Arbeitskampf mit Streiks. Im Folgenden ein Ausblick, wie es weitergehen könnte im Tarifkonflikt. Die Fristen bilden nur einen Rahmen:
Wer hat das Scheitern erklärt?
Der Bund und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) haben am Montagabend das Scheitern der Verhandlungen erklärt und die Schlichtung angerufen. Ab dem dritten Tag danach - also ab Donnerstag - greift die Friedenspflicht, mit der auch Warnstreiks bis zum Ende der Verhandlungen über ein Schlichtungsergebnis ausgeschlossen sind. Einzelne punktuelle Warnstreiks vor Donnerstag werden bei den Gewerkschaften nicht gänzlich ausgeschlossen.
Wann beginnt die Schlichtung?
Für die Schlichtung gibt es strenge Regeln. Die Gewerkschaften Verdi und Deutscher Beamtenbund (dbb) haben mit dem Bund und der VKA 2011 eine Schlichtungsvereinbarung getroffen. Demnach muss die Schlichtungskommission innerhalb von sechs Tagen nach Anrufung der Schlichtung zusammentreten. Das kann auch digital erfolgen. Das wäre spätestens am Sonntag. Die Fristen gelten aber nicht zwangsläufig. Die Tarifparteien können einvernehmlich auch andere Abläufe vereinbaren.
Wer schlichtet?
Beraten wird in einer Schlichtungskommission, der je zwölf Vertreterinnen und Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften angehören. Die jeweiligen Verhandlungsführer im Tarifstreit - etwa Innenministerin Nancy Faeser für den Bund oder Verdi-Chef Frank Werneke - sind nicht dabei. Sie sollen später auf Grundlage der Schlichtungsempfehlung in die Verhandlungen wieder einsteigen. Verdi wird in der Schlichtung voraussichtlich von Vizechefin Christine Behle angeführt. Hinzu kommen zwei unparteiische Schlichter - der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch für die Arbeitgeber und für die Gewerkschaften der frühere Bremer Staatsrat Hans-Henning Lühr.
Wie lange dauert die Schlichtung?
Spätestens eine Woche nach Zusammentritt der Schlichtungskommission muss sie eine Einigungsempfehlung abgeben. Die Arbeitgeber sind leicht im Vorteil: Den Vorsitz der Kommission hat Koch, der bei einem Patt zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften den Ausschlag geben könnte. Für den weiteren Verlauf ist das aber nicht ausschlaggebend - schließlich müssen in den Verhandlungen auf der Grundlage der Einigungsempfehlung alle Seiten zustimmen, wenn ein Abschluss gelingen soll.
Wie läuft die Schlichtung ab?
Die Schlichtungskommission tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem geheimen Ort, meistens ein Hotel. Die Einigungsempfehlung muss binnen 24 Stunden den Tarifparteien zugehen, die wiederum innerhalb von drei Tagen die Verhandlungen auf dieser Grundlage wieder aufnehmen müssen. Bis zum Ende dieser Verhandlungen gilt die Friedenspflicht. Gelingt dann keine Einigung, können die Gewerkschaften zum Arbeitskampf aufrufen.
Wie gingen frühere Schlichtungen aus?
In der Vergangenheit gingen Schlichtungen ganz unterschiedlich aus. Im Frühjahr 2010 übernahmen im Tarifkonflikt für Bund und Kommunen beide Seiten im Wesentlichen einen Schlichterspruch. In den Jahren 2003 und 2008 waren Schlichtungsverfahren im öffentlichen Dienst gescheitert, weil jeweils eine der Tarifparteien der Empfehlung nicht folgte. In den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten von Bund und Kommunen gab es auch in der zurückliegenden Tarifrunde im Frühjahr 2023 eine Schlichtung: In der ersten Verhandlungsrunde nach dem Schlichtungsergebnis einigten sich die Tarifparteien.
Quelle: ntv.de, jki/dpa