Rot-Rot-Grün im Alleingang Thüringen schaltet alle V-Leute ab
20.03.2015, 10:05 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Als Konsequenz aus der NSU-Affäre soll nach dem Willen von Rot-Rot-Grün der Verfassungsschutz in Thüringen ohne V-Leute auskommen. Die Opposition findet das "gefährlich und lebensfremd" - und liegt damit auf einer Linie mit allen anderen Bundesländern.
Thüringen verzichtet in Zukunft auf V-Leute beim Verfassungsschutz. Die rot-rot-grüne Landesregierung setzt mit einem entsprechenden Beschluss ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag um. Die "Thüringer Allgemeine" zitierte das thüringische Innenministerium mit den Worten, dass das "System der V-Leute nicht fortgeführt" werde. In "begründeten Einzelfällen zum Zweck der Terrorismusbekämpfung" seien aber Ausnahmen möglich. Bis zum Ende des Jahres sollen dem Bericht zufolge nun noch sogenannte Nachsorgetreffen abgehalten werden.
CDU-Fraktionschef Mike Mohring kritisierte die Entscheidung. "Rot-Rot-Grün führt Thüringen in die Isolation", sagte er der Zeitung. Es sei "gefährlich und lebensfremd", den Verfassungsschutz seiner wichtigsten Quellen zu berauben. Der Linken-Abgeordnete Steffen Dittes sagte dazu, die Erfahrung zeige vielmehr, dass das V-Leute-System nicht die Sicherheit erhöhe, sondern die Demokratie gefährde.
Thüringen steht mit der Entscheidung bundesweit alleine da. Weder der Bund noch andere Länder wollen dem Beispiel folgen. So sagte etwa der sächsische Innenminister Markus Ulbig von der Union der "Thüringer Allgemeinen", dass das Land für die "sensiblen Beobachtungen eines guten Verfassungsschutzes" auf "unmittelbare Einschätzungen und Eindrücke von Menschen angewiesen" sei.
Linke wollten Verfassungsschutz ganz abschaffen
Auch für die grün-rote Regierung in Baden-Württemberg ist der Einsatz von V-Leuten "unverzichtbar". In bestimmten Fällen könne der Staat "ohne den Einsatz menschlicher Quellen unmöglich feststellen", welche Gefahren drohten, sagte Innenminister Reinhold Gall. Das SPD-geführte Innenministerium der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen erklärte, der Einsatz von V-Leuten sei ein nachrichtendienstliches Mittel, das insbesondere in extremistischen Bereichen notwendig sei.
Eingesetzt werden V-Leute etwa in rechtsextremistischen, linksextremistischen und islamistischen Milieus. Die Linkspartei hatte sich in Thüringen ursprünglich dafür ausgesprochen, den Verfassungsschutz ganz abzuschaffen. Sie ließ diese Forderung aber in den Sondierungsgesprächen fallen. Der Verzicht auf V-Leute beim Verfassungsschutz ist eine Reaktion auf das Behördenversagen in der NSU-Affäre.
Quelle: ntv.de, jog/AFP