Politik

Nachwahl in Großbritannien Tories zittern, Ukip vor Sieg

Die Kunden dieses Süßwarenladens in Rochester haben bereits abgestimmt: Ukip liegt hier knapp vor den Tories.

Die Kunden dieses Süßwarenladens in Rochester haben bereits abgestimmt: Ukip liegt hier knapp vor den Tories.

(Foto: REUTERS)

Wenn in Großbritannien ein Abgeordneter die Seiten wechselt, dann wird sein Mandat neu zur Wahl gestellt. Bereits einen Sitz haben die Konservativen auf diese Weise verloren, heute dürfte der zweite folgen. Und das ist nur der Anfang.

Noch bis heute Abend 22.00 Uhr Ortszeit müssen die britischen Konservativen diverse Ängste ausstehen. Denn im südenglischen Wahlkreis Rochester and Strood wird ein Unterhaussitz neu vergeben - und die europafeindliche UK Independence Party dürfte den Tories das Mandat abnehmen. Es wäre bereits der zweite Sitz für Ukip im Unterhaus.

Notwendig wurde die Nachwahl, weil der konservative Abgeordnete Mark Reckless im September zu Ukip übergelaufen war. Während Reckless erneut zur Wahl steht, mussten die Konservativen ihre Basis erst über eine neue Kandidatin abstimmen lassen. Die Siegerin dieser Vorwahl, die Geschäftsfrau Kelly Tolhurst, liegt in Umfragen zwar vor den Kandidaten von Labour, Liberalen und Grünen, aber deutlich hinter Reckless.

Das allein ist es nicht, was den Konservativen Angst macht. Ausgerechnet am Tag vor der Wahl sagte Reckless - dessen Name ins Deutsche übersetzt "rücksichtslos" bedeutet -, dass zwei weitere konservative Unterhausabgeordnete zu Ukip überlaufen würden, wenn er den Wahlkreis gewinnt. An Euroskeptikern, die dem exzentrischen Ukip-Chef Nigel Farage näherstehen als Premierminister David Cameron, mangelt es in der konservativen Fraktion nicht. Dem britischen "Guardian" fielen gleich vier potenzielle Überläufer ein. Bereits ein einziger weiterer Übertritt würde Cameron schwer unter Druck setzen.

Im Mai nächsten Jahres finden die nächsten Unterhauswahlen statt, eine konservative Mehrheit im neuen Unterhaus ist extrem unwahrscheinlich. In jüngsten Umfragen stehen die Tories bei 29 Prozent, Labour bei 30 Prozent und Ukip bei 16 Prozent. In London wird bereits spekuliert, ob die Konservativen den ebenfalls ziemlich exzentrischen Londoner Bürgermeister Boris Johnson zum Spitzenkandidaten der Unterhauswahlen machen könnten - Cameron ist einfach zu unbeliebt.

Die heutige Nachwahl ist aus konservativer Sicht umso bedrohlicher, als das pittoreske Städtchen Rochester in der Grafschaft Kent eigentlich eine konservative Hochburg ist. Allerdings gehört zum Wahlkreis auch die Stadt Strood, eine sozial schwierigere Gegend. Dort wohnen vor allem traditionelle Labour-Anhänger, von denen einige mittlerweile Ukip wählen.

Ukip mischt die britische Politik bereits seit Monaten auf. Bei der Europawahl im vergangenen Mai kam die Partei auf 27,5 Prozent und löste damit die Konservativen als stärkste britische Kraft im Europaparlament ab. Im August trat der Tory-Abgeordnete Douglas Carswell zu Ukip über. Die dadurch fällig werdende Nachwahl in seinem Wahlkreis Clacton-on-Sea gewann er mit fast 60 Prozent.

Quelle: ntv.de

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