Politik

Kandidat im Schützengraben Trump erklärt seiner Partei den Krieg

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"Illoyale Republikaner sind weitaus schwieriger als die korrupte Hillary", sagt Trump. "Sie kommen von allen Seiten."

"Illoyale Republikaner sind weitaus schwieriger als die korrupte Hillary", sagt Trump. "Sie kommen von allen Seiten."

(Foto: AP)

Donald Trump führt einen Zweifrontenkrieg – gegen Hillary Clinton und gegen seine eigene Partei. Seine Anhänger wird er damit nicht verprellen. Die Wahl gewinnen kann er so aber auch nicht.

Twitter und Facebook seien eine sehr effiziente Art der Kommunikation, sagte US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump am vergangenen Sonntag in der zweiten Fernsehdebatte mit seiner demokratischen Mitbewerberin Hillary Clinton. Fast 25 Millionen Menschen erreiche er über die sozialen Medien. "Darauf bin ich nicht unstolz."

Vor allem Twitter ist für Trump nicht nur ein Kanal, mit dem er seine Anhänger direkt erreicht. Immer wieder nutzt er seinen Account, um politische Gegner zu attackieren und zu beleidigen. Seit kurzem knöpft er sich verstärkt Parteifreunde vor.

"Illoyale Republikaner sind weitaus schwieriger als die korrupte Hillary. Sie kommen von allen Seiten. Sie wissen nicht, wie man gewinnt – ich werde ihnen eine Lektion erteilen!", drohte er. Kurz davor hatte Trump geschrieben: "Es ist so schön, dass ich die Fesseln los bin und nun so für Amerika kämpfen kann, wie ich will."

Trump hat der Republikanischen Partei den Krieg erklärt, wie zahlreiche US-Medien schreiben. Seine Wut richtet sich in erster Linie gegen den ranghöchsten republikanischen Mandatsträger, den Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Der hatte am Montag anderen Abgeordneten seiner Partei in einer Telefonkonferenz gesagt, sie sollten jetzt machen, was für sie selbst in ihrem jeweiligen Wahlkreis am besten ist. Am 8. November wird in den USA nicht nur der Präsident, sondern auch ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus gewählt. Ryan sagte, er werde künftig weder Wahlkampf für Trump machen noch irgendwelche Äußerungen von ihm verteidigen. "Jetzt kämpft jeder für sich selbst", kommentierte ein republikanischer Ex-Senator. "So zerstörerisch ist der Präsidentschaftskandidat für normale Republikaner geworden."

Clintons Skandale spielen nur eine untergeordnete Rolle

Derzeit haben die Republikaner im Repräsentantenhaus ihre größte Mehrheit seit dem Zweiten Weltkrieg. Noch vor Wochen galt es als extrem unwahrscheinlich, dass sie diese Mehrheit verlieren würden – nicht zuletzt, weil Republikaner vor sechs Jahren viele Wahlbezirke so zuschneiden konnten, wie es für sie vorteilhaft ist.

Doch mittlerweile ist nicht ausgeschlossen, dass Trump die gesamte Partei mit in den Abgrund zieht – wobei man betonen muss, dass sein Wahlsieg in der Präsidentschaftswahl derzeit zwar unwahrscheinlich, aber immer noch möglich ist. Klar ist jedoch, dass Trump in den Umfragen zurückfällt. Das liegt vor allem an der Veröffentlichung des elf Jahre alten Videos, auf dem Trump sich mit Handlungen brüstet, die den Tatbestand der sexuellen Nötigung erfüllen (Trump bestreitet, so etwas je gemacht zu haben). Dieses Video schadet ihm, weil es sein Image als frauenfeindlicher Lustmolch bestätigt. Das ist schlecht für den Präsidentschaftskandidaten, da er mit Wählerinnen ohnehin Schwierigkeiten hat. Zugleich sorgt die ausführliche Berichterstattung über das Video dafür, dass die jüngsten Enthüllungen über Hillary Clinton weniger starke Beachtung finden.

Für Paul Ryan ist der Streit mit Trump gefährlich: Er läuft Gefahr, die Trump-Fans (nicht im Bild) gegen sich aufzubringen.

Für Paul Ryan ist der Streit mit Trump gefährlich: Er läuft Gefahr, die Trump-Fans (nicht im Bild) gegen sich aufzubringen.

(Foto: AP)

Zuletzt veröffentlichte Wikileaks Mails, aus denen hervorgeht, dass Clinton vor einer TV-Debatte im März gegen ihren demokratischen Konkurrenten Bernie Sanders über mindestens eine Frage informiert wurde. Nach Darstellung von CNN war das Leck eine demokratische Politikerin, die für den Sender die Vorwahlen kommentierte. In den USA ist es üblich, dass Fernsehsender parteigebundene Experten anheuern, um unterschiedliche Perspektiven abbilden zu können.

"Ich hoffe, die Leute sehen sich das unwürdige Verhalten von Hillary Clinton an, das von Wikileaks bloßgestellt wurde", schrieb Trump auf Twitter. "Sie sollte überhaupt nicht kandidieren." Eine solche Perspektive auf den aktuellen Nachrichtenstand findet man derzeit allerdings nur auf Internetseiten, die eng mit Trump verbunden sind. Selbst Fox News machte am Mittwochmorgen mit der Schlagzeile auf: "Trump sagt, ihm ist es egal, ob Ryan ihn unterstützt".

"Mit diesen Leuten will ich nicht im Schützengraben liegen"

Trump-Sprecherin Katrina Pierson sagte bei CNN, die Spaltung der Republikanischen Partei habe früher begonnen. "Dieser 'Bürgerkrieg', wie Sie ihn nennen, hat nicht erst vor einer Woche angefangen. Das läuft schon seit mindestens acht Jahren, denn es gibt eine Parteiführung, die ständig jeder Kontroverse ausweicht, während die Basis kämpfen will. Das ist auch einer der Gründe, warum Donald Trump der Kandidat geworden ist."

Diese Analyse ist zweifellos richtig. Dennoch ist es auf geradezu spektakuläre Art und Weise ungewöhnlich, dass ein Präsidentschaftskandidat sich so offen und so radikal von seiner eigenen Partei distanziert. Den republikanischen Senator John McCain nannte Trump, ebenfalls auf Twitter, "unflätig". McCain hatte zuvor erklärt, er werde weder Clinton noch Trump wählen. Bei Fox News sagte Trump, dass er "mit diesen Leuten nicht im Schützengraben" liegen wolle, "auch nicht mit Ryan. Vor allem nicht mit Ryan."

Der "Bürgerkrieg" wird sicher keinen Keil zwischen überzeugte Trump-Anhänger und ihren Kandidaten treiben. Ein Journalist der "New York Times", der eine seiner Wahlkampfveranstaltungen in Pennsylvania besuchte, schreibt, Trump habe sich mit seinen Unterstützern in eine hermetische Blase eingeschlossen. Tatsächlich hat der Neu-Politiker seit Beginn der Vorwahlen im Sommer 2015 viele Wähler begeistert, noch mehr jedoch abgestoßen. Wenn Trump an seiner Strategie festhält, wird sich das kaum ändern. Für Clinton, die fast so unbeliebt ist wie der New Yorker Milliardär, könnte es derzeit nicht besser laufen.

Quelle: ntv.de

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