
Seine Fans halten zu ihm: Vor dem Trump Tower in New York demonstrieren Anhänger für den republikanischen Kandidaten.
(Foto: AP)
Einige Republikaner gehen auf Distanz zu Donald Trump, selbst seine Verbündeten haben kaum noch ein Wort der Verteidigung für ihn. Trumps größtes Problem: Über Hillary Clintons Skandale spricht keiner mehr. Das will er ändern.
Am Freitag veröffentlichte die "Washington Post" ein Video aus dem Jahr 2005, auf dessen Tonspur zu hören ist, wie Donald Trump sich mit obszönem Vokabular darüber äußert, wie er mit Frauen umgeht. Der heutige republikanische Präsidentschaftskandidat beschreibt darin, wie er versuchte, eine verheiratete Frau zum Sex zu bewegen. Und er erzählt, dass er von schönen Frauen angezogen werde. "Ich fange einfach an, sie zu küssen. Es ist wie ein Magnet. Einfach küssen. Ich warte gar nicht." Als Star könne man alles machen. "Pack ihnen an die Muschi. Du kannst alles machen."
Seither dominiert dieses Thema die Berichterstattung über den Wahlkampf in den USA. Hier ein Überblick:
Republikaner gehen auf Distanz
Mehr als 30 Republikaner haben erklärt, dass Trump von seiner Kandidatur zurücktreten solle. Die Liste enthält frühere Gouverneur und amtierende Senatoren, sie enthält Politiker, die Trump schon immer abgelehnt haben, und solche, die auf seiner Seite standen. "Ich bin zu der Entscheidung gelangt, dass ich Donald Trump nicht länger unterstützen kann", teilte etwa Senator Mike Crapo aus Idaho mit.
Die "Washington Post" zählte weitere sieben Republikaner, die Trump ihre Unterstützung entzogen haben, seinen Rückzug als Kandidat jedoch nicht forderten. Unter ihnen ist etwa der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain. Er kündigte an, weder Trump noch Hillary Clinton zu wählen. Stattdessen will er auf den Wahlzettel den Namen eines "guten konservativen Republikaners, der qualifiziert ist, Präsident zu sein", schreiben.
Eine weitere Gruppe von Republikaner geht auf Distanz, sagt aber nicht, dass sie nicht für Trump stimmen werden. Zu dieser Gruppe gehört Paul Ryan, der Sprecher des Repräsentantenhauses und damit der ranghöchste Republikaner. Ihm werde schlecht bei Trumps Sätzen aus dem Video, teilte Ryan mit, wollte später allerdings nicht weiter darüber sprechen.
Nicht einmal Mike Pence, Trumps Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, fällt noch ein, wie er seinen Chef verteidigen kann. Trumps Worte und die von ihm beschriebenen Handlungen hätten ihn "als Ehemann und Vater" beleidigt, erklärte er. "Ich billige seine Äußerungen nicht und kann sie nicht verteidigen. Ich bin dankbar, dass er Bedauern ausgedrückt und sich bei den Amerikanern entschuldigt hat. Wir beten für seine Familie und freuen uns darauf, dass er morgen Abend die Gelegenheit hat, der Nation zu zeigen, was in seinem Herzen ist." Pence bezog sich damit auf die zweite TV-Debatte zwischen Clinton und Trump, die nach deutscher Zeit an diesem Montag um drei Uhr morgens beginnt.
Niemand spricht über Hillary Clinton
Eigentlich hätte dieses Wochenende den Angriffen auf Hillary Clinton gewidmet sein sollen. Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte Auszüge aus Reden, die die ehemalige Außenministerin vor Mitarbeitern von Banken und anderen Finanzinstituten gehalten hat. Darin sagte sie zum Beispiel, Politiker müssten mitunter "eine öffentliche und eine private Haltung" zu bestimmten Themen haben. "Politik ist wie Würstchen machen. Es ist unappetitlich, und das war immer so, aber meist kommen wir dahin, wo wir hinkommen sollten. Aber wenn jeder einen beobachtet, alle Diskussionen im Hinterzimmer und alle Deals, dann werden die Leute ein bisschen nervös, um es vorsichtig zu formulieren."
Ein großer, neuer Skandal scheint sich in den von Wikileaks veröffentlichten Redeauszügen nicht zu verbergen; ihr Mitbewerber in den Vorwahlen, Bernie Sanders, hatte Clinton immer wieder eine zu große Nähe zur Wall Street vorgeworfen. Er hatte auch stets gefordert, dass sie diese Reden publik macht, was Clinton stets ablehnte.
Trotzdem haben die Auszüge durchaus das Potenzial, Clinton zu schaden. Vor allem die Würstchen-Passage unterstreicht ihren Ruf, unehrlich zu sein. Doch in der Berichterstattung selbst der Trump-nahen US-Medien waren die Wikileaks-Enthüllungen am Wochenende nicht so prominent platziert wie der Trump-Skandal.
Trump schlägt zurück
Zum vielleicht ersten Mal in seinem Leben hat Donald Trump sich für etwas entschuldigt. In einem auf seiner Facebook-Seite veröffentlichen Video, in dem er diese Entschuldigung vorträgt, wechselt er allerdings nach 40 Sekunden das Thema. Diese Sache sei nichts anderes "als eine Ablenkung von den wichtigen Themen, denen wir heute gegenüberstehen: Wir verlieren unsere Arbeitsplätze, wir sind weniger sicher als vor acht Jahren, und Washington ist total kaputt."
Dann kommt Trump zu dem Thema, mit dem er die Angriffe ganz offensichtlich kontern will – und das sind weder Arbeitsplätze noch innere Sicherheit. "Ich habe ein paar dumme Dinge gesagt, aber es gibt einen großen Unterschied zwischen den Worten und den Taten von anderen Leuten. Bill Clinton hat Frauen missbraucht, und Hillary hat seine Opfer schikaniert, angegriffen, gedemütigt und eingeschüchtert. Wir werden das in den nächsten Tagen stärker diskutieren. Wir sehen uns bei der Debatte am Sonntag."
Zwölf Stunden vor Beginn der Debatte machte die mit Trump verbandelte rechte Nachrichtenseite Breitbart mit einem Video auf, das ein Interview mit Juanita Broaddrick zeigt. Sie wirft darin Bill Clinton vor, sie 1978 vergewaltigt zu haben. Der Haken aus Trumps Sicht: Die Vorwürfe sind schlimm, aber sie sind nicht neu, sondern seit 1999 bekannt, als Broaddrick sie erstmals öffentlich machte. Vielleicht deshalb hat Breitbart sich für eine stärkere Inszenierung entschieden. "In einer dramatischen Szene", heißt es auf der Seite, "wird die schluchzende Broaddrick von einem anderen mutmaßlichen Clinton-Sexualopfer umarmt und getröstet, Kathleen Willey, die beim Dreh dabei war."
Die Debatte wird schmutziger
Auf der Seite der eher Clinton-nahen Medien wird unterdessen versucht, die Debatte über Trumps Entgleisungen weiter zu befeuern. Die "Washington Post" veröffentlichte eine Zusammenstellung von sexistischen Trump-Zitaten aus der Talkshow von Howard Sterne. Trump diskutierte mit Sterne sogar die Größe des Busens seiner damals 24-jährigen Tochter Ivanka. "Sie war immer sehr üppig", so der Milliardär. Eine ähnliche Übersicht gab es bei CNN.
Trump tritt nicht ab
"Ich würde niemals zurücktreten. Ich bin in meinem Leben noch nie zurückgetreten", sagte Trump der "Washington Post" in einem Telefon-Interview am Samstagmorgen. "Nein, ich verlasse dieses Rennen nicht. Ich habe riesige Unterstützung."
Melania Trump verzeiht ihrem Mann
Zu Beginn des Jahres, in dem das Video entstand, hatte Trump seine dritte Ehefrau geheiratet. Ob die von ihm referierte Begebenheit, wie er einer verheirateten Frau nachstellte, vor oder nach der Hochzeit passierte, ist unklar. Allerdings waren Melania und Donald Trump bereits seit 1998 ein Paar.
In einer Erklärung teilte sie mit, dass sie ihrem Mann verziehen habe. "Die Worte, die mein Mann benutzt hat, sind für mich nicht akzeptabel und beleidigend. Dies stellt nicht den Mann dar, den ich kenne. Er hat das Herz und den Geist eines Anführers. Ich hoffe, die Menschen werden, wie ich, seine Entschuldigung akzeptieren, und sich auf die wichtigen Themen konzentrieren, denen unsere Nation und die Welt gegenübersteht."
Quelle: ntv.de