Republikaner werden nervös Trump geht auf Demokraten zu
07.09.2017, 11:55 Uhr
Für ihn hört der Wahlkampf nie auf: Bei einer Kundgebung in Mandan, North Dakota, spricht Trump über seine Steuerreformpläne.
(Foto: AP)
Im Streit um die Anhebung der Schuldengrenze nähert US-Präsident Trump sich den Demokraten an. Republikaner sehen das mit Unbehagen. Aber auch für Trump ist die Annäherung nicht ungefährlich.
Die Republikanische Partei hat ein Problem und das heißt Donald Trump. Der US-Präsident sorgt mit seinen Entscheidungen fast täglich dafür, dass die Zahl seiner parteiinternen Gegner kontinuierlich steigt. Waren am Anfang seiner Amtszeit vor allem Demokraten und Medien Zielscheibe seiner verbalen Attacken, sind es mittlerweile auch gerne führende Republikaner, die von Trump öffentlich verunglimpft werden.

Trump traf am Mittwoch die Spitzen des Kongresses, darunter Mitch McConnell (M.) und die Demokraten Chuck Schumer (2. v.r.) und Nancy Pelosi (r.). Letztere wirkten ganz zufrieden.
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Dabei könnte die Welt der Republikaner eigentlich so schön sein: Die Partei hält die Mehrheit in beiden Kammern des US-Kongresses und mit Trump sitzt der eigene Mann im Weißen Haus. Theoretisch müssten die Republikaner aus dieser Position der Macht heraus Kapital schlagen und für die Umsetzung ihrer Ziele, wie Gesundheitsreform, Steuerreform und Immigrationsreform, sorgen. Dem ist jedoch nicht so.
Das größte Wahlkampfversprechen der Republikaner, das von Ex-Präsident Barack Obama ins Leben gerufene Gesundheitssystem, auch Obamacare genannt, abzuschaffen und mit einem neuen System zu ersetzten, ist bereits gescheitert, trotz der Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. John McCain, der republikanische Senator aus Arizona, hat sich dabei zu einem der größten Kritiker des Präsidenten entwickelt.
In einem Gastkommentar in der "Washington Post" schrieb McCain in der vergangenen Woche: "Der Kongress muss mit einem Präsidenten regieren, der keine Erfahrung in einem gewählten Amt besitzt, oft schlecht informiert ist und in seinen Reden und seinem Verhalten impulsiv sein kann. Wir müssen seine Autorität und seine verfassungsmäßigen Aufgaben respektieren. Wir müssen, wo wir können, mit ihm zusammenarbeiten. Aber wir sind nicht seine Untergebenen. Wir arbeiten nicht für ihn. Wir arbeiten für das amerikanische Volk. Wir müssen sorgsam unsere Aufgaben erledigen, um als Gegengewicht zu seiner Macht zu dienen."
"Er hat keine spezifischen Positionen. Das ist Teil des Problems"
In den US-Medien ist McCains Kommentar als eine Art Unabhängigkeitserklärung gegenüber dem Präsidenten bezeichnet worden. Der Nachrichtenseite Politico zufolge sind republikanische Abgeordnete beunruhigt über Trumps Neigung zum Theatralischen, und darüber, dass die ständigen Anschuldigungen innerhalb seiner Regierung ihre Ziele vernichten.
Der US-Politologe Robert Shapiro, der an der New Yorker Columbia-Universität unterrichtet, ist der Ansicht, dass Trumps egozentrische Verhaltensweisen seine politischen Ziele, sollte er überhaupt welche haben, untergraben. "Er hat sich einfach von zu vielen anderen Dingen ablenken lassen", sagt Shapiro n-tv.de. "So fühlt er sich zum Beispiel täglich genötigt, auf seine Kritiker zu reagieren. Außerdem verfügt er nicht über die politischen Fähigkeiten oder die politische Erfahrung, um zu begreifen, dass er direkt mit seinen Parteimitgliedern in Kongress zusammenarbeiten muss und seinen spezifischen Positionen Nachdruck verleihen muss, um diese durchzusetzen. Er hat allerdings keine spezifischen politischen Positionen, denen er Nachdruck verleihen könnte, was Teil des Problems ist. Er hat den Fehler gemacht, alles dem Kongress zu überlassen und selber keine Führung zu übernehmen."
Genauso machte Trump es auch beim Stopp des Schutzprogramms für Kinder illegaler Einwanderer, dem sogenannten DACA-Programm. Die Verkündung, dass DACA beendet wird, überließ er seinem Justizminister. Zugleich baute er eine sechsmonatige Übergangsfrist ein, mit der er dem Kongress die Verantwortung für ein Ende des Programms zuschob.
Das von Obama erlassene Dekret ermöglicht es Einwanderern, die als Minderjährige in die USA gelangten, unter bestimmten Bedingungen eine Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis zu erhalten. Die Aufhebung dieser Ausnahmeregel, von der knapp 800.000 Menschen profitieren, stößt auch innerhalb der Republikaner auf Kritik. "Der Widerstand kommt von Republikanern, die DACA aus moralischen und wirtschaftlichen Gründen befürworten", sagt Shapiro. "Und auch Trump selber hat Signale gesandt, dass er sich mit DACA anfreunden könnte, solange er nicht derjenige ist, der für Fortbestand des Programms verantwortlich gemacht wird."
"Er hat den Demokraten eine geladene Waffe ausgehändigt"
Laut einer Studie des in Washington ansässigen liberalen Think-Tanks CATO vom Januar könnte ein Ende des Programms die US-Regierung mindestens 60 Milliarden Dollar kosten und das wirtschaftliche Wachstum des Landes um 280 Milliarden Dollar reduzieren. Einige Republikaner kündigten bereits an, aus Obamas Dekret ein Gesetz machen zu wollen. Dafür wären sie allerdings auf die Demokraten angewiesen.
Dass das klappt, gilt als unwahrscheinlich. Mit Unbehagen beobachten Republikaner im Kongress, dass Trump ein Angebot der Demokraten angenommen hat, um die Schuldengrenze für einen begrenzten Zeitraum anzuheben, damit die US-Regierung für weitere drei Monate finanziell am Laufen gehalten wird. Die Republikaner hatten 18 Monate gefordert, um der Regierung größeren Spielraum zu geben und um den Streit aus dem Wahlkampf herauszuhalten: 2018 wird ein Teil des Senats sowie das Repräsentantenhaus neu gewählt. Staatsverschuldung ist für Republikaner traditionell ein heikles Thema. Trump habe den Demokraten mit seinem Zugeständnis "eine geladene Waffe" ausgehändigt, sagte ein Republikaner Politico zufolge.
Es ist eine Strategie, die nicht nur bei republikanischen Kongressabgeordneten Stirnrunzeln verursacht, sondern auch Trumps Wähler beunruhigen dürfte. Eine Zusammenarbeit zwischen Demokraten und Republikaner wird vor allem von republikanischer Seite als äußerst problematisch gesehen. Die Spaltung des Landes geht so tief, dass für viele eine überparteiliche Zusammenarbeit schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit ist.
"Diese Momente sind es, die Trumps Präsidentschaft aus der Bahn werfen könnten", sagte David Bozell der "New York Times". Bozell ist Trump-Anhänger und Chef der Vereinigung "For America", die als "Facebook-Armee der Rechten" gilt. "Er besteht nicht aus Teflon", sagte Bozell über den Präsidenten. "Trump hat einiges von seinem politischen Kapital eingebüßt."
Politisches Kapital hin oder her, was für den früheren Geschäftsmann Trump zählt sind Vertragsabschlüsse. Es scheint jedoch, als hätte er eingesehen, dass dies mit der republikanischen Kongressführung um Paul Ryan, Sprecher des US-Repräsentantenhauses, und Mitch McConnell, Mehrheitsführer im US-Senat, nicht möglich ist.
"Trump stimmt in wichtigen Fragen, wie zum Beispiel der Handelspolitik, nicht mit der republikanischen Führung überein, und es gibt möglicherweise auch Unstimmigkeiten in Sachen Steuern", sagte Shapiro. Mit seinem überraschenden Vorstoß, auf die Gegenseiten zuzugehen, hat Trump bereits erfolgreich den Druck auf seine eigene Partei zum Thema Steuerreform erhöht. "Es existiert eine Dringlichkeit beim Thema Steuern. Es gibt die Annahme, dass das Zeitfenster sich schließen wird – 2017 ist das Jahr der Steuerreform", sagte der republikanische Abgeordnete Peter Roskam erst kürzlich.
Der Grund, warum sich nicht noch mehr republikanische Kongressabgeordnete gegen die Pläne des Präsidenten stellen, liegt auf der Hand. Auch wenn Trumps Zustimmung in der Bevölkerung laut Gallup aktuell bei desaströsen 37 Prozent liegt, sind dies immer noch 21 Prozentpunkte mehr als für den US-Kongress. Zudem ist die Zustimmung unter den republikanischen Wählern noch immer recht hoch: 79 Prozent von ihnen schätzen seine Arbeit.
"Ich glaube, viel davon hat mit der Ideologie und den politischen Zielen der jeweiligen Person zu tun", erklärt Shapiro die Verhaltensweise der republikanischen Politiker. "Republikaner könnten noch härter gegen Trump vorgehen, aber wenn sie das machen, haben sie Angst, ihre Wählerbasis zu verlieren, die immer noch Trump unterstützt."
Quelle: ntv.de