Plätze für Medien und Politiker gefordert Türkei kritisiert NSU-Prozess
31.03.2013, 10:01 Uhr
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu hat mit Westerwelle telefoniert.
(Foto: dpa)
Die Kritik am Prozess gegen die NSU-Terrorzelle reißt nicht ab. Wenige Wochen vor Beginn der Verhandlung verlangt der türkische Außenminister Davutoglu Sitzplätze für türkische Medien und Politiker. Sein deutscher Amtskollege Westerwelle zeigt Verständnis.
Im Streit um die Platzvergabe beim Prozess um die NSU-Mordserie hat die Türkei einem Medienbericht zufolge den Druck auf Deutschland erhöht. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu habe am Samstag in einem Telefonat mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle verlangt, dass nicht nur Vertreter türkischer Medien, sondern auch Abgeordnete des türkischen Parlaments an dem NSU-Prozess teilnehmen können, berichtete die "Bild am Sonntag" ohne Nennung von Quellen.
Westerwelle habe in dem Telefonat zwar auf die richterliche Unabhängigkeit verwiesen, zugleich aber Verständnis für den Wunsch geäußert. Ein Sprecher des Außenministeriums in Berlin wollte sich nicht zu dem Bericht äußern.
OLG verteidigt Platzvergabe
Türkische Medien haben keine Presseplätze für den Prozess erhalten. Die Bundesregierung hat deshalb bereits vor einigen Tagen den mangelhaften Zugang türkischer Journalisten zum dem Prozess kritisiert. Das Oberlandesgericht München hatte seine Entscheidung mit dem Argument gerechtfertigt, die Plätze seien nach Reihenfolge der Anfragen vergeben worden. Eine Übertragung der Verhandlung in einen anderen Saal lehnt das Gericht ab, da das gegen das Gerichtsverfassungsgesetz verstoße.
Zuletzt hatte auch einer der Nebenkläger den Ausschluss türkischer Journalisten scharf kritisiert. "Es war ein Fehler, das Verfahren nach München zu geben", sagte der Berliner Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, der zwei Opferfamilien vertritt.
Die Bundesanwaltschaft legt dem NSU die Ermordung von acht türkischen und einem griechischen Einwanderer sowie den Mord an einer deutschen Polizistin zur Last. Die Taten ereigneten sich zwischen 2000 und 2007. Außerdem soll die Neonazi-Zelle 2001 und 2004 zwei Bombenanschläge in Köln verübt haben.
Hauptangeklagte ist Beate Zschäpe. Ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten sich im November 2011 erschossen. Zudem sind vier mutmaßliche Helfer angeklagt. Der rechtsextremistische Hintergrund der Mordserie kam erst danach ans Licht. Der Fall schockierte Politik wie Gesellschaft und stellte die Arbeit der Sicherheitsbehörden wegen zahlreicher Ermittlungspannen grundsätzlich infrage.
Quelle: ntv.de, rts