Politik

"Ein zweites Nordkorea" Türkei will Beobachter auf die Krim schicken

Bewaffnete vor dem Regierungsgebäude auf der Krim

Bewaffnete vor dem Regierungsgebäude auf der Krim

(Foto: REUTERS)

Seit der Annexion der Krim durch Russland beklagt die tatarische Minderheit, politisch verfolgt zu werden. Bisher blieben die Hilferufe unerhört, doch jetzt will die Regierung in Ankara eingreifen.

Die Türkei will eine Beobachtermission auf die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim schicken. "Die Situation auf der Krim ist nicht akzeptabel. Insbesondere die Krimtataren sind unterdrückt", sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Eine informelle Mission soll demnächst Menschenrechtsverletzungen auf der Krim beobachten, zitierte ihn die Agentur BNS.

Auf der Krim leben rund 300.000 Tataren. Ihr Anführer Mustafa Dschemilew hatte die Diskriminierung der Volksgruppe auf der Schwarzmeerinsel zuletzt heftig kritisiert. "Die meisten Tataren haben keine Rechte mehr auf der Krim. Wer Kritik an den Besatzern äußert oder Sympathie zur Ukraine zeigt, wird verfolgt", sagte Dschemilew der "Welt". Die Tataren müssten ständig Durchsuchungen über sich ergehen lassen. Mehrmals hätten Staatsanwälte damit gedroht, die Medschlis-Versammlung aufzulösen. Oppositionelle Tataren seien entführt worden, einige sogar verschwunden.

Nach der Krim-Annexion hatte Russland die Tataren in das Gesetz zur Rehabilitierung unterdrückter Völker aufgenommen und Krimtatarisch zur Landessprache erhoben. Vizepremier Rustam Temirgalijew ist Tatar. Dennoch ist Dschemilew unzufrieden: "Eine kleine Gruppe arbeitet mit den Machthabern zusammen. Andere haben keine andere Wahl, als sich anzupassen. Lehrer, Ärzte oder Unternehmer riskieren ihre Jobs, wenn sie öffentlich Kritik äußern." Die meisten Tataren sähen keine Perspektive in Russland und hofften, dass die Besatzung endet. "Wir haben es auf der Krim mit einem totalitären Regime zu tun, schlimmer als die Sowjetunion. Für Tataren ist die Krim ein zweites Nordkorea."

Bis zum 18. Jahrhundert war die Krim Teil des Osmanischen Reichs, Vorläufer der Türkei. Noch heute gibt es kulturell viele Gemeinsamkeiten, zum Beispiel in der Sprache. Vor der Annexion der Krim im März 2014 hatten Tataren in türkischen Großstädten demonstriert, unter dem Motto: "Nein zu Russland - die Krim muss ukrainisch bleiben." Sie forderten damals vergeblich ein Eingreifen von Recep Erdogan. Dem Staatspräsidenten wird ein gutes Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin nachgesagt.

Quelle: ntv.de, cro

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