Journalist in türkischer Haft Türkei wirft Yücel Terrorpropaganda vor
01.12.2017, 16:51 Uhr
Unter dem Motto #FreeDeniz kämpfen Familie, Freunde und Anhänger für die Freilassung des Journalisten.
(Foto: picture alliance / Paul Zinken/d)
Seit mehr als neun Monaten sitzt Deniz Yücel ohne Anklage in Untersuchungshaft. Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schildert die Türkei ihre Sicht der Dinge. Die langsame Arbeit der türkischen Justiz hält sie für "äußerst vertretbar".
Die Türkei wirft dem seit mehr als neun Monaten inhaftierten "Welt"-Journalisten Deniz Yücel Terrorpropaganda und Volksverhetzung vor. In ihrer Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bezeichnet sie ihre Maßnahmen gegen den Journalisten außerdem als "notwendig und angemessen". Die türkische Führung fordert das Gericht auf, die Beschwerde Yücels gegen seine Untersuchungshaft abzulehnen.
Zur Begründung verweist die Türkei auf Yücels Beschwerde beim türkischen Verfassungsgericht aus dem März. Der Journalist müsse zunächst den nationalen Rechtsweg ausschöpfen, hieß es. Dass das Verfassungsgericht noch keine Entscheidung getroffen habe, sei angesichts des Ausnahmezustands in der Türkei und der hohen Belastung der Gerichte "äußerst vertretbar".
Die Türkei hatte die Stellungnahme am Dienstag, kurz vor Ablauf der vom Menschenrechtsgericht gesetzten Frist, in Straßburg eingereicht.
Doch kein Spion?
Yücel ist seit dem 27. Februar in der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul inhaftiert. Eine Anklageschrift liegt noch nicht vor. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte den Journalisten mehrfach als "Spion" bezeichnet. In der Stellungnahme der türkischen Regierung kommt der Vorwurf der Spionage jedoch nicht vor.
Die türkische Regierung ist der Ansicht, dass die Ermittlungen gegen Yücel nichts mit seiner Tätigkeit als Journalist zu tun haben, wie aus der Stellungnahme deutlich wird. Vielmehr bestehe der dringende Verdacht, dass Yücel in Einklang mit den Zielen von Terrororganisationen gehandelt und "Propaganda zugunsten der Terrororganisation verbreitet und Handlungen ausgeführt habe, um einen Konflikt zwischen türkischen und kurdischen Gesellschaftsgruppen anzuzetteln". Mit Terrororganisationen sind die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die Gülen-Bewegung gemeint. Die Türkei macht letztere für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.
Schon aus der Begründung für den Haftbefehl ging hervor, dass Yücel Propaganda für die PKK, die Gülen-Bewegung sowie Volksverhetzung vorgeworfen wird. Unter anderem erwähnte das Gericht ein Interview von Yücel mit dem PKK-Anführer Cemil Bayik aus dem Jahr 2015, das die Staatsanwaltschaft als Terrorpropaganda wertet. Die türkische Regierung zitiert in ihrer Stellungnahme nun auch aus dem Gerichtsprotokoll von damals.
Quelle: ntv.de, chr/dpa