US-Wahl

Umfrage belegt Spaltung der USA Zwei Seelen in einer Brust

In dieser Brust schlägt nur eine Seele: die konservative.

In dieser Brust schlägt nur eine Seele: die konservative.

(Foto: REUTERS)

Ein Wahljahr im ideologischen Grabenkampf: Eine neue Studie belegt, wie weit Demokraten und Republikaner politisch auseinanderliegen. Die Republikaner werden radikaler, die Demokraten unnachgiebiger. Nur bei einer Sache ist man sich mehrheitlich einig: der eingebildeten Stärke.

"Aus vielen eines" werden, das wollen die US-Amerikaner seit ihrer Unabhängigkeitserklärung. "E pluribus unum", so das Motto auf dem Staatswappen. Ein Versprechen, das einst auch Barack Obama aufgriff, als er 2004 sagte, es gäbe "kein liberales Amerika und kein konservatives Amerika", sondern nur "die Vereinigten Staaten von Amerika". Doch die Realität in seinem vierten Amtsjahr sieht anders aus. Das Land ist in zwei unversöhnliche Lager zerfallen, die immer weiter auseinanderrücken. Das Resultat: politischer Stillstand.

Tea-Party-Anhänger demonstrieren vor dem Kapitol.

Tea-Party-Anhänger demonstrieren vor dem Kapitol.

(Foto: REUTERS)

Das angesehene Meinungsforschungsinstitut PEW hat soeben seine nationale "Wertestudie" vorgelegt. Bereits seit 25 Jahren stellen die Experten alljährlich die immer gleichen Fragen: zur Rolle des Staates, zur Wichtigkeit des Sozialsystems, zur Bedeutung der Umweltpolitik und so weiter. Noch nie in diesen 25 Jahren lagen die Meinungen so weit auseinander wie im Jahr 2012. Links die liberalen Demokraten, rechts die konservativen Republikaner – dazwischen viel Platz für Streit. 1987 betrug der Abstand zwischen beiden Gruppen im Durchschnitt 10 Prozentpunkte. Heute sind es bereits 18 Prozent. Die USA werden zum ideologischen Schlachtfeld.

Republikaner werden radikaler

Bei sämtlichen Themen sind die Anhänger der beiden Volksparteien weiter von einander entfernt als je zuvor im Zeitraum der Befragung. Besonders die Republikaner haben sich stark radikalisiert. Die Vorzugsbehandlung von benachteiligten Minderheiten lehnen sie heute deutlich stärker ab als noch vor 25 Jahren. Die Zahl ihrer Unterstützer für strengere Umweltstandards hat sich fast halbiert – in den späten 80er Jahren waren sich beide Parteien darin noch einig. Für Gewerkschaften hat nur noch jeder vierte Republikaner etwas übrig, 1987 waren es noch über sechzig Prozent. Auch deswegen konnte am Dienstag der Anti-Gewerkschafts-Gouverneur Scott Walker in Wisconsin seine Abwahl verhindern.

Die Demokraten sind ihrerseits links-liberaler geworden: mehr Rechte für illegale Einwanderer, mehr Unterstützung von sozial benachteiligten Minderheiten, mehr Distanz zum christlichen Glauben. Für politische Zugeständnisse wie bei der Gesundheitsreform, bei der Obama den Republikanern weit entgegenkam, haben nur noch die Wenigsten von ihnen Verständnis. Als der Präsident öffentlich für die Homo-Ehe eintrat, feierte er das als persönlichen Erfolg – für viele Aktivisten an der Parteibasis kam die Entscheidung zu spät, sie fordern konkrete Zusagen.

Der Staat, dein Freund und Feind

Am tiefsten ist der Graben bei der Frage nach dem Sozialstaat. Ob die Regierung sich "um die kümmern soll, die sich nicht selber helfen können", so die Frage. 75 Prozent der Demokraten sagen ja, von den Republikaner stimmen nur 40 Prozent zu. Die Demokraten haben sich seit der ersten Umfrage 1987 kaum verändert, doch bei den Republikanern sieht man den Einfluss erzkonservativer Kräfte wie der Tea Party, die jegliche Einmischung der Regierung in Washington ablehnen.

Im Washingtoner Politalltag stehen damit die Mühlen fast nur noch still. Um Gesetze zu machen, wären klare Mehrheiten im Kongress nötig – doch die gibt es nicht. Einigungen im direkten Gespräch sind selten, nicht nur im Wahljahr. 2010 eroberten die Republikaner mit Hilfe ihres radikalen Flügels das Abgeordnetenhaus zurück, die Demokraten behielten die Kontrolle über den Senat. Seither schießen sich beide Kammern gegenseitig Gesetzesvorlagen ab. Im Streit um das Staatsdefizit stand die Regierung sogar kurz vor der Zahlungsunfähigkeit.

Zuversicht trotz Uneinigkeit

Nur bei einer Sache sind sich die US-Amerikaner selbst nach der Finanzkrise und dem Beinahe-Zusammenbruch der US-Wirtschaft einig: ihrer Leidenschaft für Erfolg. Wie die PEW-Forscher herausgefunden haben, glauben zwar die meisten Bürger, dass die Schere zwischen Armen und Reichen weiter aufgeht. Doch an die Chance, es mit harter Arbeit nach ganz oben zu schaffen, daran glaubt fast jeder.

Und optimistisch sind sie, die US-Amerikaner, egal, welcher Partei sie angehören. Von einem Niedergang der USA will eine überwältigende Mehrheit der Befragten überhaupt nichts wissen. Das Land sei noch immer in der Lage, alle seine Probleme zu lösen und zu bekommen, was es will, so die Überzeugung.

Nur was es will und wie man dahin kommt, darüber herrscht keine Einigkeit.

Quelle: ntv.de

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