20 Millionen Dollar für IS-Anführer USA setzen hohes Kopfgeld aus
06.05.2015, 04:02 Uhr
Der lange Arm der USA: Im Kampf gegen den IS setzt Washington auf Distanzschläge aus der Luft - und auf die Kurden am Boden (Archivbild).
(Foto: picture alliance / dpa)
Lassen sich die Reihen der Fanatiker mit Geld aufbrechen? Im Kampf gegen die IS-Milizen greifen die Vereinigten Staaten zu einem altbewährten Mittel. Für Hinweise aus den inneren Zirkeln des IS winken Informanten märchenhafte Reichtümer.
Die Methode wirkt wie aus dem Wilden Westen: Für Hinweise zum Verbleib vier ranghoher Mitglieder der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verspricht die US-Regierung Informanten hohe Belohnungen. Wer entsprechende Angaben weiterreicht, kann mit einer Summe von bis zu 20 Millionen Dollar rechnen, teilte das State Department in Washington mit. Umgerechnet handelt es sich um ein Kopfgeld in Höhe von 17,9 Millionen Euro.
Die Auszahlungen sind gestaffelt nach Rang und Bedeutung der gesuchten Personen: Sieben Millionen Dollar wurden für Abd al-Rahman Mustafaal-Kaduli ausgelobt, der einem irakischen Al-Kaida-Ableger beigetreten war und sich nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2012 dem IS anschloss.
Jeweils fünf Millionen Dollar Belohnung zahlen die USA für Hinweise zum Verbleib des IS-Sprechers Abu Mohammed al-Adnani sowie für den Regionalchef Tarkhan Tayumurazovich Batirashvili. Dieser wurde unlängst zum Kommandeur für IS-Operationen in den syrischen Provinzen Aleppo, Al-Rakka, Latakia und Idlib ernannt. Für Tariq Bin-al-Tahar Bin al Falih al-Awni al-Harzi, einen weiteren IS-Kämpfer, der den Angaben zufolge die Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien kontrolliert, wurden drei Millionen Dollar ausgelobt.
Informanten winkt Reichtum
Das Kopfgeld-Programm läuft in Washington unter dem Namen "Rewards for Justice" (etwa: "Belohnungen für Gerechtigkeit"). In den Reihen der fanatischen Islamisten könnten die Kopfgelder tatsächlich neues Misstrauen sähen. Abweichler, Enttäuschte oder frustrierte Außenseiter könnten - so die Berechnung der Strategen in Washington - die Gelegenheit nutzen, ihren Ausstieg aus dem IS durch einen Tipp an US-Agenten zu vergolden. Hinweise nimmt die US-Regierung online entgegen: Auf einer eigens eingerichteten Internetseite können Informanten sich mit den zuständigen Stellen in Verbindung setzen.
Für die gesuchten IS-Anführer dürfte der plötzliche Reichtum eines Informanten allerdings Leib und Leben gefährden. Gemäß der umstrittenen Drohnen-Strategie, mit der die USA unter Präsident Barack Obama gegen den internationalen Terrorismus vorgehen, droht den Verdächtigen ein schneller Tod aus der Luft. Sobald die US-Streitkräfte den genauen Aufenthaltsort einer als "feindlicher Kämpfer" eingestuften Zielperson kennen, können sie binnen kurzem ferngesteuerte Fluggeräte mit den besonders gefürchteten "Hellfire"-Raketen zum Einsatz bringen.
Kurden verhandeln in Washington
Parallel dazu festigen die USA die Anti-IS-Allianz am Boden: Bei einem Besuch des Präsidenten der autonomen Kurdenregion im Irak, Massud Barsani, in Washington bekräftigten beide Seiten ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen die Dschihadisten. US-Präsident Obama und sein Stellvertreter Joe Biden Barsani hätten den Kurden ihre "starke und fortgesetzte" Unterstützung zugesichert, teilte das Weiße Haus nach dem Treffen mit. Zugleich sprachen sie sich für einen "geeinten, föderalen und demokratischen Irak" aus.
Letzteres dürfte die kurdische Delegation schwer enttäuscht haben. Im Norden des Irak hoffen die Kurden auf größere Autonomie. Erstmals seit Jahrzehnten scheint sogar ein eigener Kurdenstaat in Reichweite. Unterstützung für dieses politische Ziel bekam Massud Barsani nicht. Obama lobte lediglich den "Mut" der kurdischen Peschmerga-Kämpfer.
Barsani dankte den USA für ihre "bedeutende" Unterstützung der Peschmerga. Die kurdischen Kämpfer dürften bei der Rückeroberung der nordirakischen Stadt Mossul vom IS eine entscheidende Rolle spielen. Derzeit werden im irakischen Kurdengebiet 4000 bis 6000 Iraker für eine Schlacht in der IS-Hochburg trainiert. Eine US-geführte Koalition unterstützt die Kämpfe gegen den IS mit Luftangriffen; seit September flog das Bündnis mehr als 3000 Angriffe im Irak und in Syrien.
Obama schaut bei Biden "vorbei"
Die Entsendung eigener Bodentruppen versucht die Regierung in Washington unbedingt zu vermeiden. Ein solcher Schritt wäre wohl früher oder später mit Verlusten an Menschenleben verbunden. Auf keinen Fall will sich Präsident Obama durch den IS-Terror in einen weiteren blutigen Bodenkrieg in der Region - nach Irak und Afghanistan - hineinziehen lassen.
Barsani ist eine Woche lang in Washington. Auf seinem Besuchsprogramm stehen auch Treffen mit Vertretern des Außenministeriums. Bei seinem Besuch nahm das Weiße Haus auf Befindlichkeiten der Regierung in Bagdad Rücksicht, die eine Ausweitung der Selbstbestimmung der Kurden ablehnt. So waren keine Medienvertreter bei dem Treffen zugegen. In der Mitteilung hieß es, Obama sei bei Bidens Gespräch mit dem Kurdenpräsidenten "vorbeigekommen" - es gab also formell keinen offiziellen Empfang zwischen US-Präsident und Kurden-Vertretern.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa