Mehr Stacheldrahtzaun Ungarn riegelt sich auch zu Kroatien ab
19.09.2015, 14:53 Uhr
Ungarn macht die Grenzen dicht.
(Foto: dpa)
Tausende Flüchtlinge stecken auf der Balkanroute fest. Binnen kürzester Zeit errichten ungarische Soldaten den Grenzzaun zu Kroatien. Doch Kroatien bringt weiter Flüchtlinge zur ungarischen Grenze. Österreich droht indes mit Abschiebungen in Balkanländer.
Ungarn hat in der Nacht den Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Kroatien fertiggestellt, mit dem das Land sich gegen die Ankunft von Flüchtlingen vom Balkan abschotten will. Das sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Attila Kovacs.
Hunderte von Soldaten hatten tags zuvor mit dem Bau des 41 Kilometer langen Zauns begonnen. Die Grenze zwischen Ungarn und Kroatien ist insgesamt 330 Kilometer lang. Sie verläuft aber nur auf 41 Kilometern über Land, auf dem restlichen Abschnitt wird sie vom Fluss Drau gebildet, der schwer zu überqueren ist.
Die kroatische Regierung lässt sich durch die Maßnahmen aber nicht davon abbringen, die Flüchtlinge weiterhin zu Hunderten nach Ungarn zu bringen. Seit Budapest vor einigen Tagen seine Grenze zu Serbien dicht gemacht hatte, versuchten mehr als 17.000 Menschen, eine alternative Route über Kroatien zu nehmen - das bringt das Land nach eigenen Angaben an den Rand seiner Kräfte.
Der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanovic sagte bei einem Besuch in Beli Manastir nahe der Grenze zu Ungarn, sein Land habe Ungarn "in gewisser Weise genötigt", Flüchtlinge zu übernehmen. Obwohl es mit der Regierung in Budapest "keine Vereinbarung" darüber gebe, sollen die Flüchtlinge weiterhin nach Ungarn gebracht werden, sagte Milanovic. "Kroatien wird nicht zum Zentrum der Flüchtlinge in Europa werden."
Allein am Freitag brachte Kroatien mit Bussen und Zügen 4400 Menschen nach Ungarn. Bis zum Samstagmittag konnten außerdem am Grenzposten Beremend und in der Umgebung etwa 1200 Menschen ohne Vorfälle die kroatisch-ungarische Grenze überqueren. Dort wurde eine funktionierende Transitzone eingerichtet. In Kroatien sitzen aber auch weiterhin Tausende Schutzsuchende fest.
Slowenien setzt Tränengas ein
Auch Slowenien wurde mittlerweile zum Transitland. Allein in Bregana verbrachten etwa tausend Schutzsuchende die Nacht im Freien und warteten auf eine Möglichkeit der Weiterreise. An dem kleinen Grenzposten in Harmica forderten Dutzende Menschen auf der Grenzbrücke Einlass ins Land. Am Freitag hatten an dem Übergang Hunderte Flüchtlinge mit Aktivisten aus Kroatien und Slowenien dafür demonstriert, aus Kroatien nach Slowenien einreisen zu dürfen. Die slowenische Polizei setzte schließlich Tränengas gegen die Flüchtlinge ein, die versuchten, die am Grenzübergang postierten Polizisten zurückzudrängen.
Nach den Worten seiner Botschafterin in Deutschland ist Slowenien zur Aufnahme von bis zu 10.000 Flüchtlingen bereit. "Wenn die Flüchtlinge bei uns Asyl beantragen, nehmen wir sie auf und schützen sie", sagte Marta Kos Marko der "Rheinischen Post" vom Samstag. Slowenien habe Kapazitäten für "bis zu 10.000 Flüchtlinge". Für die Aufnahme von mehr Menschen seien aber europäische Hilfen nötig.
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner kündigte indes harte Maßnahmen an. Menschen, die nach der Durchreise durch Kroatien oder Slowenien erst in Österreich um Asyl bitten, würden alle dorthin zurückgebracht, sagte die Ministerin am Samstag in Wien. Sie habe kein Verständnis dafür, dass am Balkan kaum Asylanträge gestellt werden, denn es handle sich um sichere Länder. "Das ist keine Schutzsuche mehr, sondern Asyl-Optimierung", fügte die konservative Politikerin hinzu.
Route übers Mittelmeer
Auch direkt über das Mittelmeer versuchten wieder tausende Menschen, Europa zu erreichen. Bei acht Einsätzen vor der libyschen Küste wurden an diesem Samstag mehr als 2200 Menschen gerettet, wie die italienische Küstenwache mitteilte. Auf einem in Not geratenen Schlauchboot wurde dabei die Leiche einer Frau entdeckt.
Bei der Flucht von der Türkei nach Griechenland ertrank erneut ein kleines syrisches Mädchen. Die Fünfjährige wurde am Samstag von der griechischen Küstenwache geborgen, wie die Nachrichtenagentur ANA berichtete. An Bord des gesunkenen Schiffes waren über 20 Menschen, von denen einige zunächst noch vermisst wurden.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa