Österreich als Vorbild? Union prüft Kopftuchverbot für Kinder
17.05.2019, 16:46 Uhr
Verbieten oder nicht? Die Union prüft ein Kopftuchverbot an deutschen Grundschulen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Österreich verbietet Kopftücher an Grundschulen. In Deutschland beginnt die Debatte gerade erst. Die Union lässt ein Verbot juristisch prüfen. Der Deutsche Lehrerverband befürwortet die Idee zum Schutz kleiner Mädchen, aber auch an Bedenken mangelt es nicht.
Zieht Deutschland nach dem Kopftuchverbot an Schulen in Österreich nach? Ausgeschlossen ist das nicht: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, forderte zumindest, ein Verbot zu prüfen. Der "Bild"-Zeitung sagte die CDU-Politikerin: "Dass kleine Mädchen Kopftuch tragen, ist absurd - das sehen auch die meisten Muslime so. Alle Maßnahmen, die Mädchen davor schützen - vom Elterngespräch bis zum Verbot - sollten geprüft und angegangen werden". Der Deutsche Lehrerverband ist ebenfalls für ein Kopftuchverbot. Dessen Präsident, Heinz-Peter Meidinger, würde ein Verbot befürworten. Seiner Ansicht nach sind Kopftücher in der Schule "integrationsfeindlich, weil sie zur äußerlichen Abgrenzung beitragen".
Die Debatte ist nicht völlig neu: Nordrhein-Westfalen kündigte bereits vor einem Jahr an, ein Kopftuchverbot für junge Mädchen zu prüfen. In Deutschland tritt laut Gesetz mit dem 14. Geburtstag die sogenannte Religionsmündigkeit ein. Vorher könnten Mädchen nicht selbstbestimmt entscheiden, ob sie das Kopftuch tragen wollen, lautete damals die Argumentation von Integrationsminister Joachim Stamp für ein Verbot. Die NRW-Landesregierung hat nach eigenen Angaben ein Gutachten zum Thema in Auftrag gegeben, das noch ausgewertet wird.
Allerdings ist fraglich, ob Kopftücher für Schülerinnen überhaupt verboten werden dürften. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages kommt in einer Einschätzung von 2017 zu dem Ergebnis, dass ein Kopftuchverbot für Schülerinnen verfassungsrechtlich "wohl nicht zulässig" wäre und bezieht sich dabei unter anderem auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei Lehrerinnen mit Kopftuch.
Kritiker: Verbot verfassungswidrig und sinnlos
"Ein Verbot ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar", sagte Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien. Es geht bei der Frage unter anderem um das Recht auf Religionsfreiheit - Artikel 4 des Grundgesetzes. Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann sieht außerdem Schwierigkeiten, ein Kopftuchverbot in der Praxis durchzusetzen - wegen der Schulpflicht. Man könne ja die Kinder nicht einfach vom Unterricht ausschließen, sagte sie.
Verschiedene Unionspolitiker sehen trotzdem Chancen für ein Kopftuchverbot - konkret für Mädchen unter 14 - und lassen das nach eigenen Angaben auch bereits juristisch prüfen: Man wolle das Problem auf Bundesebene angehen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des stellvertretenden Unionsfraktionschefs Carsten Linnemann, des für Religion zuständigen CDU-Politikers Christoph de Vries und des ehemaligen bayerischen Justizministers Winfried Bausback. Ansetzen könnte man nach Angaben des CSU-Politikers beim "Gesetz über die religiöse Kindeserziehung", das die Beziehungen von Eltern und Kindern in Religionsfragen regelt.
Kritiker zweifeln allerdings auch am Sinn eines Verbots. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE), der nach eigenen Angaben mehr als 160.000 Pädagoginnen und Pädagogen vertritt, lehnt im Gegensatz zum Lehrerverband ein Kopftuchverbot an Schulen ab. Ihm seien keine Beispiele bekannt, dass das Tragen von Kopftüchern bei Schülerinnen an sich schon zur Störung des Schulfriedens geführt habe, sagte VBE-Chef Udo Beckmann.
Quelle: ntv.de, mau/dpa