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Vergütungssystem wird geändert Verbände fordern Finanzzusagen für Krankenhausreform

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Durch die Reform sollen Krankenhäuser vom finanziellen Druck zu immer mehr Fällen befreit werden.

Durch die Reform sollen Krankenhäuser vom finanziellen Druck zu immer mehr Fällen befreit werden.

(Foto: dpa)

Nach langen Verhandlungen einigen sich Bund und Länder auf die Grundzüge einer Krankenhausreform. Doch der Streit dürfte weitergehen: Gewerkschaften und Verbände sehen Finanzbedarf. Bundesminister Lauterbach will lieber "keine Hoffnungen machen".

Gewerkschaften und Verbände haben nach der Einigung von Bund und Ländern auf Eckpunkte der Krankenhausreform Zusagen unter anderem zu Finanzspritzen für Kliniken gefordert. Eine solche Transformation könne ohne erhebliche Investitionen nicht gelingen, sagte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Susanne Johna, der "Rheinischen Post". "Wer glaubt, man könne die vorhandenen Mittel einfach umverteilen und an wenigen Stellen Zuschläge gewähren und dann würde es schon passen, ist gelinde gesagt naiv."

Selbst die Abwicklung eines Krankenhausstandortes setze eine Finanzierung voraus, so Johna weiter. Längere Wege zu einzelnen Standorten müssten dann die Rettungsdienste überbrücken, gab sie zu bedenken. Hier fehle es an technischer Ausstattung und Personal, kritisierte die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft. Dieser Aspekt sei bisher völlig unberücksichtigt. Zudem kritisierte die Gewerkschaftschefin, "dass das angeblich zentrale Ziel der Entbürokratisierung ein Papiertiger geworden ist".

Die Pläne, auf die sich Bund und Länder am Montagabend geeinigt hatten, sehen im Kern vor, das Vergütungssystem mit Pauschalen für Behandlungsfälle zu ändern, um Krankenhäuser vom finanziellen Druck zu immer mehr Fällen zu lösen. Daher sollen sie einen großen Anteil der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Künftig sollten 60 Prozent der Kosten von Kliniken über Vorhaltepauschalen gedeckt werden, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD.

Lauterbach kann "keine Hoffnungen machen"

Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein - also etwa "Kardiologie" statt grobe Bezeichnungen wie "innere Medizin". Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern. Vor allem die kleineren Krankenhäuser sollen künftig weniger Leistungen anbieten und sich auf jene Eingriffe beschränken, die sie gut beherrschen. Über den Sommer wollen Bund und Länder einen konkreten Gesetzentwurf ausarbeiten, der zum 1. Januar 2024 in Kraft treten soll.

Im Vorfeld hatte es wegen Forderungen der Länder nach einer vorgeschalteten Extra-Finanzspritze des Bundes bereits Streit gegeben. Minister Lauterbach sagte am Montagabend auch mit Blick auf die Haushaltslage, das werde geprüft. Er fügte hinzu: "Ich kann da keine Hoffnungen machen."

Wie man eine gute Klinik findet

Einer der zentralen Punkte ist für Lauterbach eine "Transparenzoffensive": Patientinnen und Patienten sollen mit wenigen Klicks im Internet erfahren können, welche Qualitätsstandards eine Klinik bei bestimmten Behandlungen erfüllt und wo es möglicherweise Mängel gibt. Die Daten dafür liegen seit Jahren vor: Schon seit zehn Jahren jetzt sind die Krankenhäuser verpflichtet, jährlich einen Qualitätsbericht zu veröffentlichen. Mit solchen Berichten können Patienten, die beispielsweise entscheiden müssen, in welchem Krankenhaus sie eine Krebserkrankung behandeln lassen wollen, allerdings nichts anfangen. Dabei kann diese Entscheidung von größter Bedeutung sein: Studien zeigen, dass die Behandlung in zertifizierten onkologischen Zentren die Überlebenschance von Krebspatienten erhöht. Schon jetzt finden Patienten über die "Weiße Liste", einem Projekt der Bertelsmann-Stiftung, die für ihre jeweiligen Bedürfnisse besten Krankenhäuser. Grundlage sind dabei die Daten aus den Qualitätsberichten sowie Ergebnisse von Patientenbefragungen.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) bemängelte, die Finanzwirkung der Eckpunkte bleibe unklar. "Der Bund hat keine konkreten finanziellen Zusagen gemacht und die Länder verpflichten sich weiterhin nicht, die Investitionskosten zu finanzieren. Dies darf nicht zulasten der Beitragszahlenden gehen", sagte Stefanie Stoff-Ahnis aus dem Verbandsvorstand.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund lobte die Einigung grundsätzlich. Es brauche aber weitere Schritte, um die Strukturreform in der stationären Versorgung voranzubringen. "Wichtig ist auch, die Belange der Beschäftigten zu berücksichtigen", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur. Nur wenn es gelinge, mehr Fachkräfte zum Bleiben zu gewinnen, werde eine qualitätsgerechte Versorgung der Patientinnen und Patienten möglich.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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