"Rambo Zambo" bei der CDU Vom Abschneiden von FDP und BSW hängt Merz' Regierungsbildung ab
23.02.2025, 18:01 Uhr
Merz sprach vor CDU-Anhängern im Konrad-Adenauer-Haus von einem "historischen Wahlabend". Mit ein wenig Pech muss er eine Regierung mit vier Parteien bilden: CDU und CSU plus SPD und Grünen oder FDP.
(Foto: REUTERS)
Die Kanzlerpartei SPD stürzt auf ein historisch schlechtes Ergebnis. Wahlsieger ist die Union. Allerdings verfehlen CDU und CSU ihr Ziel von mehr als 30 Prozent. FDP und BSW müssen zittern. Kommt eine der beiden Parteien in den Bundestag, braucht die Union für eine Koalition zwei Partner.
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl sind CDU und CSU mit ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz klar stärkste Kraft geworden. Den Hochrechnungen zufolge bleibt die Union allerdings unter ihrem Wahlziel von deutlich mehr als 30 Prozent und erzielte das zweitschlechteste Ergebnis in ihrer Geschichte auf Bundesebene. Unklar ist noch, ob FDP und BSW in den Bundestag einziehen. Dann hätte eine mögliche Bundesregierung aus Union und SPD keine Mehrheit - Merz wäre auf zwei weitere Parteien angewiesen.
Der Wahlabend im Liveticker bei ntv.de.
Bei einem Auftritt im Konrad-Adenauer-Haus sprach Merz dennoch von einem "historischen Wahlabend". Die Union habe die Wahl gewonnen. "Ich weiß um die Verantwortung, ich weiß auch um die Dimension der Aufgabe", sagte er.
Deutschland könne sich keine langatmige Regierungsbildung leisten, so der CDU-Chef: "Die Welt da draußen wartet nicht auf uns." Mit Blick auf die anderen Parteien sagte Merz, der Wahlkampf sei hart gewesen, "aber jetzt werden wir miteinander reden" und eine Koalition "mit einer guten parlamentarischen Mehrheit" bilden. Unter dem Jubel der CDU-Anhänger sagte er, jetzt sei "Rambo Zambo" im Adenauerhaus: Heute Abend werde gefeiert, ab morgen werde gearbeitet.
Weidel: Wir werden die CDU überholen
Auf Platz zwei kommt nach den Hochrechnungen von ARD und ZDF die AfD. Beide Sender sehen die Partei bei rund 20 Prozent, eine Verdoppelung des Ergebnisses von 2021. "Die CDU hat uns noch überholt, das nächste Mal wird sie das nicht mehr schaffen", sagte AfD-Chefin Alice Weidel bei RTL und ntv. "Die Prognose gebe ich hier ab: Wir werden keine vier Jahre mehr warten müssen, wir werden die CDU überholen. Weil die CDU ihre Wähler betrügt, von uns abschreibt und nur linke Politik macht." Im ZDF sagte Weidel dagegen, die AfD stehe "mit einer ausgestreckten Hand" bereit für eine Koalition mit der Union.
Die SPD ist auf ihr schlechtestes Bundestagswahlergebnis seit 1949 abgestürzt. Vor drei Jahren hatte sie noch 25,7 erreicht. Bundeskanzler Olaf Scholz gestand die Niederlage ein. "Das ist ein bitteres Wahlergebnis", sagte er im Willy-Brandt-Haus, das müsse "klar und deutlich gesagt werden". Die SPD müsse nun "gemeinsam nach vorne gehen". Er gratulierte Merz "zu dem Auftrag, die nächste Regierung zu bilden".
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte, das Wahlergebnis müsse Konsequenzen haben. "Auch personell. Der Generationenwechsel in der SPD muss jetzt eingeleitet werden." Die Äußerung könnte als Hinweis auf eigene Ambitionen verstanden werden; Klingbeil ist 47 Jahre alt, Verteidigungsminister Boris Pistorius, der beliebteste Politiker Deutschlands, ist 64.
Die Grünen mit Kanzlerkandidat Robert Habeck verlieren als einzige der drei Ampel-Parteien nur leicht. Je nach Abschneiden der kleinen Parteien könnte die Union sie für eine Kenia-Koalition brauchen. Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte bei RTL und ntv, ihre Partei sei "bereit, diese Koalitionsgespräche zu führen", aber "wir werden da mit eigenen Erwartungen hereingehen". Merz habe den Wahlkampf genutzt, "um das Land zu spalten und aus unserer Sicht ist es der Job eines Kanzlers, das Land zusammenzuführen".
Ähnlich äußerte sich Habeck: "Wir sind Opfer des Abstimmungsverhaltens von Friedrich Merz, der jetzt die Ränder gestärkt hat", sagte Habeck RTL und ntv. Das Verhalten der Union im Bundestag Ende Januar habe die demokratische Mitte geschwächt. Habeck zeigte sich skeptisch, ob Merz nun das Land zusammenführen könne. "Ich habe Zweifel. Die Reden, die er gehalten hat, das Abstimmungsverhalten, das scheint mir alles unsortiert zu sein. Aber jetzt ist der Wahlkampf vorbei und er hat die Chance, sich zu beweisen."
BSW und FDP müssen zittern
Die Linke hat den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde klar geschafft. Die FDP muss dagegen um die Rückkehr in den Bundestag bangen. Das gilt auch für das BSW der früheren Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.
"Wir werden noch zittern müssen", sagt BSW-Chefin Sahra Wagenknecht. Aber unabhängig vom Ergebnis sei es schon beeindruckend, wo das BSW stehe. "Wir haben das großartig gemacht." Die FDP sei "in das volle politische Risiko gegangen, für unser Land", sagte FDP-Chef Christian Lindner. Die FDP zahle dafür einen hohen Preis. Für Deutschland sei es aber richtig gewesen, die Ampel-Regierung zu verlassen. Später kündigte er seinen Rückzug aus der Politik an, sollte die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte bei RTL und ntv, eine Dreier-Koalition wäre schwierig. "Wenn wir eine Konstellation hätten, wo wir zwei Partner hätten, also drei insgesamt, ähnlich wie bei der Ampel, dann wäre das nicht gut für Deutschland", sagte er. Wenn man einen Partner habe, könne man sich "zusammensetzen und die Lage beschreiben". Wenn man in der Lagebeschreibung dann einer Meinung sei, dann werde man das hinbekommen. "Aber dafür braucht man einen Partner, bei zwei Partnern wird schwierig, klar."
Nach Zahlen von Infratest dimap lag die Wahlbeteiligung bei 84 Prozent. Das wäre die höchste Wahlbeteiligung seit 1990.
Quelle: ntv.de, hvo