"Erstmal Spitzenkandidat" Walter-Borjans traut SPD keinen Kanzler zu
06.11.2019, 18:23 Uhr
Noch steht nicht fest, wer als Parteivorsitzender ins Willy-Brandt-Haus einzieht.
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Eine neue SPD-Spitze ist noch nicht gewählt, trotzdem gibt es schon Gespräche über einen möglichen Kanzlerkandidaten. Vorsitz-Kandidat Walter-Borjans hält das für verfrüht. Seine Partei sei momentan nicht in dem richtigen Zustand für diese Frage.
Der SPD-Vorsitz-Kandidat Norbert Walter-Borjans rät seiner Partei davon ab, in ihrer jetzigen Verfassung einen Kanzlerkandidaten zu küren. "Ich glaube, ich würde erst mal dafür werben, dass wir einen Spitzenkandidaten aufstellen", sagte Walter-Borjans in einem "Spiegel"-Interview. Er glaube nicht, "dass wir im Augenblick an dieser Stelle wären, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen", sagte der frühere NRW-Finanzminister.
Die SPD kommt in Umfragen zur Bundestagswahl derzeit auf 13 bis 16 Prozent. Bislang zogen die Sozialdemokraten immer mit einem offiziellen Kanzlerkandidaten in einen Bundestagswahlkampf, kleinere Parteien dagegen treten traditionell eher mit Spitzenkandidaten an.
Er sei aber davon überzeugt, dass die SPD mit ihm und Saskia Esken an der Spitze wieder Aufschwung bekomme, sagte Walter-Borjans der "Rheinischen Post". Dann sei auch eine Regierungsmehrheit mit der SPD an der Spitze wieder realistisch - und die SPD-Spitzenkandidatur "selbstverständlich eine Kanzlerkandidatur". Der konservative Seeheimer Kreis kritisierte Walter-Borjans scharf. Sein Vorschlag sei "grober Unfug" und "unglaublich unprofessionell", sagte der Vorsitzende Johannes Kahrs.
Walter-Borjans' Konkurrent um den SPD-Vorsitz, Vizekanzler Olaf Scholz, untermauerte im "Spiegel" seine Ambitionen auf eine Kanzlerkandidatur. Erst einmal gehe es um den Parteivorsitz. "Aber natürlich erwarten die Mitglieder der SPD, erwarten die Anhänger der SPD, dass die Führung der SPD die Fähigkeit besitzt, eine solche Kandidatur auch mit sich selber durchzutragen", sagte Scholz.
"Ein klares Wort mitreden"

Norbert Walter-Borjans sieht die SPD noch nicht reif für einen Kanzlerkandidaten.
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Walter-Borjans dagegen betonte, es müsse "nicht zwingend" einer der Vorsitzenden als Nummer eins in den nächsten Wahlkampf ziehen, aber die künftigen Parteichefs müssten "ein klares Wort mitreden können". Die Entscheidung dürfe aber nicht an den Vorsitzenden vorbeilaufen. "Ich würde zumindest sagen, dass diese Partei, anders als viele glauben, über eine Menge sehr qualifizierter Köpfe verfügt, über die man dann mal gemeinsam reden müsste", sagte Walter-Borjans. Es gehe darum, wie man eine Neuausrichtung der SPD "auch personell glaubwürdig darstellen" könne.
Scholz hätte unter Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken als SPD-Chefs aber wohl wenig Chancen auf eine Spitzenkandidatur. Walter-Borjans sagte, sollten sie beide Parteivorsitzende werden, müsse man die Frage stellen: "Gibt es eine Alternative zu dem, wer es sich zutraut, also Olaf?" Scholz bewirbt sich im Duo mit der Brandenburgerin Klara Geywitz um den Parteivorsitz.
Quelle: ntv.de, ibu/dpa/AFP