Politik

Anschlag in Istanbul Was für IS-Anhänger als Täter spricht

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Rund 130 Verletzte werden noch in Krankenhäusern behandelt.

(Foto: AP)

Die türkische Regierung fällt ihr Urteil schnell, für Ermittlungen und Spurensicherung wird der Istanbuler Flughafen nur ein paar Stunden gesperrt. Trotz Nachrichtensperre scheint es wahrscheinlich, dass der IS zugeschlagen hat.

Schnell war sich die türkische Regierung sicher, dass der Anschlag am Istanbuler Flughafen die Handschrift des Islamischen Staates (IS) trüge. Manchen ging diese zur Schau gestellte Gewissheit zu schnell. Etwa acht Stunden nach den Selbstmordattentaten mit 41 Toten und 239 Verletzten nahm der größte Flughafen der Türkei schon wieder seinen Betrieb auf. "Viel Zeit für seriöse Ermittlungen" twitterte lakonisch der Korrespondent der "Welt", Deniz Yücel. Zum Vergleich: Der Brüsseler Flughafen Zaventem ist wie der Atatürk-Flughafen ein wichtiges Drehkreuz, blieb nach den Anschlägen im März aber fast zwei Wochen komplett geschlossen – unter anderem wegen aufwendiger Spurensicherung.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim dagegen verkündete, die Türkei werde sich von den Terroristen nicht einschüchtern lassen. Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, das Attentat müsse ein Wendepunkt im weltweiten Kampf gegen den Terrorismus sein. Er erwarte von der Weltgemeinschaft und vor allem vom Westen eine "entschlossene Haltung" gegenüber Terrorgruppen.

Kritiker der türkischen Regierung werfen dieser jedoch vor, insbesondere den IS-Terror zu lange geduldet, wenn nicht sogar gefördert zu haben – und sehen in den Anschlägen der vergangenen Monate die "Quittung" für diese Politik. Für Befremden sorgte auch die Aussage Yildirims, es habe keine Sicherheitsmängel am Flughafen gegeben. Die wenigen Amateurvideos, die im Umlauf sind, zeigen, dass mindestens zwei Attentäter ins Flughafengebäude gelangten. Türkische Medien berichten zudem, dass die Männer schon am Morgen am Flughafen gewesen seien, um die Örtlichkeiten zu inspizieren.

Ähnliches Muster wie in Brüssel

  Beim dreifachen Selbstmordattentat in Istanbul spricht trotz der Vorbehalte gegen die schnelle Gewissheit der Regierung manches für IS-Täter. So sind die Parallelen zu Brüssel allzu deutlich, wo die Attentäter ebenfalls mit dem Taxi zum Flughafen gelangten und gemeinsam hineingingen. In Istanbul wurde die Gruppe bereits vor der Sicherheitskontrolle am Eingang als verdächtig wahrgenommen und kontrolliert. Der "Tagesspiegel" berichtet, der Mantel eines der Attentäter habe Misstrauen erweckt bei Außentemperaturen von 30 Grad. Das könne schlimmeres verhindert haben.

Terrorismus-Spezialisten der US-Regierung halten ebenfalls den IS als Urheber für wahrscheinlich. Der IS habe in der Vergangenheit "weiche Ziele" wie zufällig anwesende Passanten angegriffen. Die kurdische PKK und ihre Splittergruppen dagegen griffen normalerweise das Militär oder Regierungsvertreter an.

Nach Angaben der US-Experten hat der IS zwar die Angriffe in der Türkei gesteigert. So waren bei einem IS-Anschlag im Januar in Istanbul zwölf deutsche Touristen getötet worden. Allerdings würde sich er sich selten zu den Attacken bekennen, da die Türkei immer eines der wichtigsten Transit-Länder der Organisation sei.

Informationen sind rar am Tag nach dem Anschlag. Die türkische Regierung ließ in der Nacht zunächst die Internetdienste Twitter, Facebook und Youtube verlangsamen. Am Tag darauf wurden sie komplett gesperrt. Ein türkischer Ermittler erklärte der Agentur Reuters, die Arbeit gleiche einem Puzzle. Derzeit würden die Aufnahmen von Sicherheitskameras gesichtet und Zeugenaussagen ausgewertet. Die türkische Nachrichtenagentur Dogan berichtet, die Autopsie der menschlichen Überreste der Attentäter sei abgeschlossen. Bei den Männern handele es sich womöglich um Ausländer, hieß es ohne Angaben von Quellen.

Der "Tagesspiegel" zitiert den türkischen Terrorexperten Metin Gürcan, der eine türkische IS-Zelle am Werk sieht, die von Tätern aus Zentralasien unterstützt worden sei. Demnach waren sieben Männer an dem Anschlag beteiligt, von denen drei tot, einer festgenommen und drei auf der Flucht seien. Übereinstimmend damit berichtet die Zeitung "Hürriyet" von sieben Tätern. Offizielle Verlautbarungen gab es bisher aber nicht.

Quelle: ntv.de, mit rts

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