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Wer hat "Power of the Purse"? Trump und Musk führen Schlacht um die Schatztruhe

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Donald Trump möchte entscheiden dürfen, wer Geld bekommt.

Donald Trump möchte entscheiden dürfen, wer Geld bekommt.

(Foto: REUTERS)

Wer das Geld kontrolliert, bestimmt die Politik. Seit einem halben Jahrhundert hat der US-Kongress das letzte Wort. Trump und seine Mitstreiter wollen das ändern.

Es ist nicht unüblich, dass die US-Justiz eine Regierung und deren Vorhaben wieder einfängt - und derzeit hat sie damit alle Hände voll zu tun. In den ersten drei Wochen seiner zweiten Amtszeit hat Präsident Donald Trump ein Dekret nach dem anderen unterschrieben, seiner rechten Hand Elon Musk und dessen Team alle Freiheiten erteilt, um Staatsausgaben zu kürzen und Personal loszuwerden. Bundesstaaten und Bürgerrechtsorganisationen halten mit Klagen dagegen. Teilweise sind sie damit erfolgreich, zumindest vorübergehend.

Richter haben bislang mehrere Entscheidungen ausgesetzt:

  • die Abschaffung der Staatsbürgerschaft bei Geburt in den USA
  • Musks Zugang zum System des Finanzministeriums, über das der Staat rund 90 Prozent aller seiner Zahlungen durchführt
  • die Verlegung von Transgender-Häftlingen in Männergefängnisse
  • die Beurlaubung Tausender Mitarbeiter von USAID, der US-Behörde für internationale Entwicklung
  • die Veröffentlichung der Namen von rund 5000 Beschäftigten, die an Ermittlungen gegen Trump beteiligt waren.

Aber hält sich die Regierung auch an diese Anweisungen? Am Montag stellte ein Richter fest, die neue Regierung habe eine Anordnung von Ende Januar teilweise ignoriert, eingefrorene Zahlungen bereits bewilligter Gelder wieder aufzunehmen. "Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren", hatte Vizepräsident JD Vance tags zuvor geschrieben. Trump äußerte sich ebenfalls zur Entscheidung über den Zugang zum Zahlungssystem des Finanzministeriums: "Ehrlich gesagt sollte es keinem Richter erlaubt sein, eine solche Entscheidung zu treffen."

Das Weiße Haus stellt also die Gewaltenteilung infrage und eröffnet damit eine Schlacht im Machtkampf über die Kontrolle des Staates: Wer hat die Hand auf der Schatztruhe, die Verfügungsgewalt über die Zahlungen? Der Kongress oder der Präsident?

Das mächtigste Kontrollinstrument

USAID etwa war vom Kongress gegründet worden, das jährliche Budget wird ebenfalls von ihm beschlossen. Doch Trump und Musk froren die Gelder ein, beurlaubten die Beschäftigten und riefen sämtliche Auslandsmitarbeiter von ihren Posten zurück. Kritiker sagen: Das dürfte nur der Kongress, schließlich hat er die Entscheidungsgewalt über die Verwendung der staatlichen Finanzen.

Diese sogenannte "Power of the Purse" soll dafür sorgen, dass der Präsident sich eben nicht wie ein Monarch mit Hofstaat verhält, sondern im Fall der Fälle vom Parlament im Zaum gehalten werden kann. Entsprechend gilt: Beschließt der Kongress einen Haushalt oder andere Gesetze, dann führen die Behörden diese damit verbundenen Zahlungen auch durch. Trump und Musk haben andere Pläne: Der Präsident ist überzeugt, er dürfe Gelder blockieren und sich damit über die Legislative hinwegsetzen, wenn er das für richtig hält.

Musks Vorgehensweise ist auch in diesem Zusammenhang zu sehen: Der reichste Mann der Welt und sein "DOGE"-Team verschaffen sich offenbar ohne Rücksicht auf Gesetze sensibelste Daten der US-Behörden; das wichtigste ist die Kontrolle über das Zahlungssystem des Finanzministeriums. Die Regierung legt eine so unkontrollierte Leitung zum Geldhahn wie möglich, um ihn nach Belieben ab- und aufdrehen zu können.

Der Kongress und das Weiße Haus führten diesen ultimativen Machtkampf schon einmal. Robert Nixon hatte ebenfalls die Zahlungen von Projekten blockiert, mit denen er nicht einverstanden war. Die Senatoren und Abgeordneten entzogen dem Präsidenten im Jahr 1974 per Gesetz die Verfügungsgewalt. Nixon unterschrieb es, da er wegen des Watergate-Skandals um illegale Wahlkampfmethoden politisch schwer angeschlagen war. Nun, ein halbes Jahrhundert später, ist Russell Vought für die haushälterische Umsetzung von Trumps Politik zuständig. Er und Trump hielten das Gesetz für verfassungswidrig, sagte Vought.

Gerichte nur noch ein Bonus?

Was Trump mit seinem Vorgehen ohne Rücksicht auf das Gesetz beabsichtigt? Er macht das, was er schon immer tut: was er will. Bis ihn die Gerichte stoppen oder gewähren lassen. Treibt Trump die Klagen gegen seine Regierung bis vor den Supreme Court, könnte dieser die Macht des Präsidenten nochmals deutlich ausweiten. Das Oberste Gericht ist solchem Machthunger nicht abgeneigt. Die von Trump ermöglichte erzkonservative Mehrheit der Richter hatte ihn vor der Wahl größtenteils gegen juristische Folgen seiner Handlungen immunisiert. Solange er begründen kann, dass sie im Rahmen seines Amtes erfolgten.

Es gibt angesichts der Äußerungen von Vance und Trump noch eine zweite Möglichkeit, so abwegig das im ersten Moment auch klingt: Das Weiße Haus könnte die Urteile der Gerichte teilweise oder schlicht komplett ignorieren. Schließlich muss sich die Judikative bei der endgültigen Durchsetzung des Gesetzes auf die Exekutive verlassen. Und die untersteht Trump. Der könnte schlicht Fakten schaffen, wie stellenweise bereits geschehen. Sollten die Gerichte ihre Handlungen nachträglich legitimieren, wäre das nur ein netter Bonus.

Vance, Jura-Absolvent der Eliteuniversität Yale, äußerte sich in den vergangenen Jahren mehrmals entsprechend. Präsidenten sollten seiner Ansicht nach Gerichtsentscheidungen nicht folgen müssen, falls sie seine Befugnisse einschränken. Im Jahr 2021 etwa nahm er die derzeitige Situation vorweg: Eine neue Regierung müsste "jeden einzelnen Bürokraten der mittleren Ebene, jeden Beamten in der Verwaltung" entlassen und "durch unsere Leute ersetzen", befand Vance damals.

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Das ist in etwa das, was jetzt den Vereinigten Staaten passiert. Die neue Regierung hat den rund 2 Millionen Staatsbeschäftigten die Kündigung nahegelegt. Vance führte 2021 das Gedankenspiel weiter, ging davon aus, dass die Gerichte einschreiten würden. Ebenso ist es jetzt geschehen: Ein Richter stoppte das Angebot. Aber wie wolle der sein Urteil durchsetzen, fragte damals Vance rhetorisch.

Im vergangenen Jahr legte Vance nach: Der Präsident könne auch ein Urteil des Supreme Courts - der das letzte Wort über die Auslegung der Verfassung hat - übergehen, falls er seine verfassungsmäßigen Kompetenzen eingeschränkt sehe. Das ist so dramatisch, wie es klingt: Trump soll demnach selbst entscheiden, an welche Gesetze er und seine Regierung sich halten müssen.

Quelle: ntv.de

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