Streit blockiert Nato Wie Erdogan Österreich bestraft
23.05.2017, 17:50 Uhr
Österreichische Soldaten im Einsatz für die Mission KFOR.
(Foto: REUTERS)
Österreich ist ein eifriger Unterstützer der Nato. Das Militärbündnis wird die jahrelange Kooperation nun wohl trotzdem einschränken – weil sich die Türkei über Wien ärgert.
Österreich legt viel Wert auf Neutralität. Das Land ist kein Mitglied der Nato. Doch es ist ein wichtiger Partner des westlichen Militärbündnisses. Wie die "Welt" berichtet, ist diese enge Kooperation zwischen Nato und Österreich aber in Gefahr. Das Bündnis werde die Zusammenarbeit zum Teil einstellen - weil die Türkei es so wolle. Noch an diesem Dienstag solle die Entscheidung fallen, heißt es in dem Bericht.
Wie kann das sein? Warum wiegen Ankaras Wünsche so schwer?
Die Allianz ist auf Nachfrage bemüht zu versichern, dass sie die Kooperation mit Österreich keineswegs einstelle. Österreich sei ein langjähriger Partner, der einen wertvollen Beitrag zur gemeinsamen Sicherheit leiste, sagt ein Nato-Vertreter n-tv.de. "Wir hoffen, dass die bilateralen Probleme zwischen Österreich und der Türkei schnellstmöglich gelöst werden." Doch viel mehr als dieses Hoffen bleibt der Nato womöglich nicht, wenn Ankara hart bleibt.
Blockade seit Monaten
Die Nato betreibt seit Jahrzehnten umfangreiche Programme, um mit Nichtmitgliedern militärisch und politisch zu kooperieren. Die Türkei nutzt offenbar aus, dass die 28 Nato-Mitglieder, die Umsetzung dieser Programme einstimmig beschließen.
Die türkische und die österreichische Regierung streiten seit Monaten. Ankara missfällt, dass Wien die Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlicher kritisiert als andere Staaten und besonders lautstark für ein Ende des türkischen EU-Beitrittsprozesses wirbt. Es heißt, dass die Türkei aus diesem Grund schon seit Monaten die Fortsetzung von Programmen an denen Österreich beteiligt ist, blockiert.
Warnung an alle Nato-Partner
Besonders pikant ist, dass von dieser Blockade nicht nur die Kooperation mit Österreich betroffen ist, sondern die mit den meisten verbündeten Nichtmitgliedern. Denn bisher plant die Nato ihre Programme mit Nichtmitgliedern in der Regel gebündelt für alle. Deshalb steht viel mehr auf dem Spiel als das österreichische Engagement. Im Rahmen des sogenannten Partnership Cooperation Menu (PCM) gibt es jährlich rund 1400 Bildungs- und Trainingseinheiten, an denen sich Nichtmitglieder beteiligen können. Sie finden in mehr als 50 verschiedenen Staaten statt. Insbesondere die gemeinsamen Übungsmanöver mit Nato-Einheiten sind die Grundlage dafür, auch bei echten militärischen Konflikten zusammenarbeiten zu können.
Laut dem Nato-Vertreter versucht das Bündnis deshalb die Praxis der kollektiven Planung dieser Programme schon seit vergangenem Dezember zu überarbeiten. Mittlerweile gilt die Reform als sicher. Wohl auch, weil die Hoffnungen verflogen sind, die Türkei könnte ihre Haltung nach dem Sieg Erdogans beim Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems ändern.
Österreich war bisher ein eifriger Unterstützer des Bündnisses. Für die Nato-geführte KFOR-Friedensmission im Kosovo stellte das Land zuletzt rund 400 Soldaten und damit das größte Kontingent eines Nicht-Mitglieds. Österreich unterstützt auch seit Jahren die Einsätze des Bündnisses in Afghanistan, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß als im Kosovo. Erst versuchten Soldaten des Bundesheeres im Rahmen der ISAF-Operation Afghanistan zu befrieden, jetzt sind Ausbilder für die Mission Resolute Support vor Ort, um afghanische Kräfte in die Lage zu versetzen, selbst für Sicherheit am Hindukusch zu sorgen.
Ändert die Nato nun ihre Praxis, stellt sich Ankara bestenfalls nur noch gegen die Zusammenarbeit mit Österreich. Die Kooperation mit anderen Staaten würde weitergehen. Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan wäre das ein Triumph. Wien wäre nicht nur ein Stück weit isoliert, der Fall Österreich wäre auch eine Warnung für alle anderen Staaten, die Wert auf Kooperationen mit der Nato legen. Die Reform würde den Schaden für das Bündnis eindämmen, ihn aber nicht abwenden
Quelle: ntv.de