Intensiver Bericht auf Facebook Wie eine 22-Jährige das Massaker überlebte
15.11.2015, 21:33 Uhr
Facebook ist in diesen Tagen auch die Anlaufstelle für jene, die dabei waren, die knapp überlebt haben. Eine junge Frau schreibt einen besonders intensiven Bericht und veröffentlicht ihn auf dem Sozialen Netzwerk - die Anteilnahme ist enorm.
Facebook ist in diesen Tagen mehr als eine Sammelstelle für Fotos vom Mittagessen und Statusmeldungen weit entfernter Freunde - auch hier dreht sich plötzlich vieles um die Anschläge von Paris. Auch die Überlebenden nutzen das Soziale Netzwerk und erzählen, wie sie davongekommen sind. Einen besonders intensiven Bericht hat eine 22-jährige Frau geschrieben, die in der Konzerthalle Bataclan war, als die Terroristen das Feuer eröffneten. Das Echo ist enorm, mehr als zwei Millionen Menschen gefällt ihr Text, mehr als 600.000 haben ihn geteilt. Ihren Text geben wir hier in Auszügen und ins Deutsche übersetzt wieder. (Hier geht es zum Eintrag auf Facebook.)
"Man glaubt nie, dass es einem selbst passiert. Es war nur ein Rock-Konzert an einem Freitagabend. Die Stimmung war so ausgelassen, alle tanzten und lächelten. Und als die Männer durch den Vordereingang kamen und das Feuer eröffneten, glaubten wir zuerst ganz naiv, dass es Teil der Show wäre. Es war nicht nur ein Terroranschlag, es war ein Massaker. Dutzende Leute wurden direkt vor mir erschossen. Blutlachen füllten den Boden. Schreie erwachsener Männer, die ihre toten Freundinnen im Arm hielten durchstachen die kleine Konzerthalle. Die Zukunft dieser Menschen wurde kaputt gemacht, Familien das Herz gebrochen. Innerhalb eines Moments. Geschockt und allein stellte ich mich eine Stunde lang tot (...) Den Atem anhaltend, versuchte ich mich nicht zu bewegen, nicht zu weinen - um diesen Männern nicht die Angst zu zeigen, die sie so gerne sehen wollten."
Anschließend beschreibt die Autorin die Grausamkeit der Schützen und wie sie hoffte, dass alles nur ein Albtraum ist. Wie sie aus dem Konzertsaal herauskam, erzählt sie nicht. Sie ist aber beeindruckt von den Menschen, die ihr halfen.
"Als Überlebende dieses Horrors möchte ich die Aufmerksamkeit auf die Helden lenken. Auf den Mann, der mir Sicherheit gab und sein Leben riskierte als er versuchte meinen Kopf zu verdecken, während ich wimmerte, auf das Paar deren liebevolle Worte mich weiter an das Gute in der Welt glauben ließen, auf die Polizei, der es gelang Hunderte Leute zu retten, auf die völlig Fremden, die mich auf der Straße auflasen und mich 45 Minuten lang trösteten, während derer ich dachte, der Junge, den ich liebe, ist tot (...) auf die Frau, die Überlebenden ihre Tür öffnete, auf den Freund, der mich aufnahm und losging, um mir neue Kleidung zu kaufen, damit ich nicht mehr das blutbespritzte Top tragen musste (...).
Im letzten Absatz erinnert die junge Frau an die Opfer und spricht den Familien ihr Beileid aus und erzählt, dass sie in ihrer Todesangst zuletzt an ihre Freunde und Familie dachte.
"Ich sah jedes Gesicht vor mir, das ich jemals geliebt habe und flüsterte: Ich liebe dich. Immer und immer wieder. Dachte über die Höhepunkte meines Lebens nach. (...) Vergangene Nacht wurden die Leben vieler Menschen für immer verändert und es liegt an uns, nun bessere Menschen zu werden. Leben zu leben, von denen die unschuldigen Opfer dieser Tragödie träumten, die sich aber traurigerweise nicht mehr für sie erfüllen können. Ruhet in Frieden, Engel. Wir werden euch nicht vergessen."
Quelle: ntv.de, vpe