Die Party ist aus Wowereit-Nachfolger laufen sich warm
26.08.2014, 20:24 Uhr
Wer wird Wowereits Nachfolger? Stöß (l.), Saleh (r.) oder jemand ganz anderes?
(Foto: imago/Sabeth Stickforth)
Nach 13 Jahren nimmt Berlins Regierender Bürgermeister seinen Hut: Mitte Dezember räumt er im Roten Rathaus seinen Stuhl - freiwillig und doch vertrieben. Der SPD steht nun ein neuer Machtkampf bevor.
Die Gerüchte wabern schon länger - nun ist es amtlich: Nach 13 Jahren tritt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit ab. "Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Für mich ist die Bilanz aber positiv und deshalb kann man auch gehen", sagte er. In der Berliner SPD bricht nun der Machtkampf aus. Um die Nachfolge bewerben sich zwei Kandidaten, über die die Partei-Mitglieder entscheiden sollen. Wowereit indes gab indirekt seine Präferenz zu erkennen. Auch für die Bundespartei ist der Amtswechsel nicht ohne Bedeutung.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte den Schritt. "Meinen Respekt für diese Entscheidung", sagte sie dem Sender MDR Info. Die CDU-Bundesvorsitzende machte deutlich, dass sie keine negativen Auswirkungen für die Senatskoalition von SPD und CDU in der Hauptstadt erwartet. "Ich glaube, dass die Koalition stabil ist und auch weiterarbeiten wird", sagte Merkel. Es sei nun an der SPD, ihre Personalentscheidung zu treffen. "Und das wird sie sicherlich gut machen."
Nach der Rücktrittsankündigung will die die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus am Mittwoch über das weitere Vorgehen beraten. Zu der außerordentlichen Sitzung ist auch der SPD-Landesvorstand geladen. Wowereit selbst wird ebenfalls erwartet.
Er sei stolz darauf, seinen Beitrag für die positive Entwicklung der Hauptstadt geleistet zu haben, sagte der 60-Jährige weiter. Jedoch habe die parteiinterne Diskussion um seine Person der Regierungsarbeit geschadet, sagte der 60-Jährige. Nach 30 Jahren will sich Wowereit nun aus der aktiven Politik zurückziehen. Zum 11. Dezember gebe er sein Amt auf. Und auch dieser Termin hat Brisanz. Denn nur einen Tag später tagt der Aufsichtsrat des Pannen-Flughafens BER. Dann aber will Airport-Chef Hartmut Mehdorn einen Eröffnungstermin nennen. Wowereit will auch den Posten als Aufsichtsratschef der staatlichen Flughafengesellschaft abgeben.
Wowereit: Importe nicht so erfolgreich
Als aussichtsreichster Nachfolger Wowereits wurde sofort nach Bekanntwerden des Rücktritts der SPD-Landesvorsitzende und Wowereit-Kritiker Jan Stöß gehandelt, der später auch seinen Hut in den Ring warf. Zuvor hatte bereits der SPD-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, seine Kandidatur angekündigt. Am Abend beschloss der Landesvorstand der Solzaldemokraten dazu eine Mitgliederbefragung.
Stöß ist gebürtiger Niedersachse und seit 1990 SPD-Mitglied. Der promovierte Jurist und Richter am Verwaltungsgericht Berlin ist allerdings in der Berliner SPD nicht unumstritten und hat vor allem noch keine Erfahrung in einem Regierungsamt. Im Gespräch mit n-tv sagte er, dass er sich vor allem für soziale Gerechtigkeit einsetzen wolle. Der wirtschaftliche Aufschwung Berlins müsse allen zugute kommen.
Der dem linken Parteiflügel angehörende Stöß gilt als harter Kämpfer, zu spüren bekam das vor zwei Jahren der damalige SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Müller. Der von Wowereit gestützte Müller musste sich im Juni 2012 dem bis dato eher unbekannten Stöß in einer Kampfabstimmung geschlagen geben. Stöß konnte damals auf Hilfe von Saleh zählen. Wowereit selbst sagte während seiner Rücktrittserklärung, "Importe" aus anderen Bundesländern seien zuletzt nicht so erfolgreich gewesen. Er vermied es allerdings, den Namen des Landesvorsitzenden überhaupt zu erwähnen.
Auch Raed Saleh ist kein gebürtiger Berliner. Er wurde im Juni 1977 in Sebastia im Westjordanland geboren, wuchs aber in Berlin auf. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium war er leitender Angestellter eines Fastfood-Unternehmens und gründete dann ein Online-Druckereinetzwerk. Seit Dezember 2011 ist er Fraktionschef im Berliner Abgeordnetenhaus. Beiden gemein ist indes, dass ihnen die schillernde Aura fehlt, die Wowereit zuletzt umgab.
Äußerlich locker gibt sich derweil der Koalitionspartner CDU. Man sei "ganz entspannt", erklärte CDU-Landeschef Frank Henkel. Die SPD müsse die Führungsfrage schnell klären. Den Personalvorschlag müsse die CDU mittragen können.
Für Bundesparteichef Sigmar Gabriel ist nun eine solide Nachfolgeregelung wichtig. Denn der kommende Regierungschef wird die SPD in der Hauptstadt auch in die Landtagswahl 2016 führen. Da Abschneiden wird sich sicherlich auch auf die Stimmung für den dann anstehenden Bundestagswahlkampf 2017 auswirken auch wenn bis dahin noch vier weitere Landtagswahlen folgen.
Wowereit bringt Glamour nach Berlin
Wowereit hatte zu Beginn seiner Amtszeit 2001 eine rot-grüne Koalition in der Hauptstadt geführt- toleriert von der PDS. Sechs Tage vor der Wahl hatte er sich auf einen Schlag auf die Titelseiten der überregionalen Medien katapultiert. Sein Satz "Ich bin schwul, und das ist auch gut so", beim SPD-Wahlparteitag gesagt, machte den homosexuellen Politiker auf einen Schlag bekannt - erst bundesweit und dann darüber hinaus.
Wowereits öffentliches Coming Out verlieh der Berliner Regionalpolitik Spannung, deren prägende Figuren bis dato Eberhard Diepgen und Walter Momper hießen und das Gegenteil von schillernd waren. Viele Beobachter hielten den damals 47-Jährigen zunächst für eine bunte Eintagsfliege. Doch das charismatische Berliner Eigengewächs wurde fortan Aushängeschild der Metropole, die sich zum Touristen- und Modemagneten entwickelte. In den Medien wurde Wowereit zu "Wowi", er besuchte Partys, und er machte Politik.
Quelle: ntv.de, jwu/DJ/dpa