Fädelte Geerkens den Deal ein? Wulff bleibt bei Darstellung
16.12.2011, 20:43 Uhr
Christian und Bettina Wulff vor dem Schloss Bellevue in Berlin.
(Foto: dpa)
Ein umstrittener 500.000-Euro-Kredit an Christian Wulff in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen wächst sich zu einer Affäre aus, über die der heutige Bundespräsident stolpern könnte. Demnach soll der Hauskredit zwischen Wulff und dem Ex-Unternehmer Geerkens ausgehandelt und der Deal schließlich über das Konto von Geerkens' Ehefrau abgewickelt worden sein. Wulffs Anwälte weisen das zurück.
Bundespräsident Christian Wulff bleibt dabei: Der umstrittene Hauskredit aus seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident kam von der Frau des Unternehmers Egon Geerkens. Das ließ das Staatsoberhaupt über seine Anwälte mitteilen. Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, die 500.000 Euro stammten möglicherweise doch entgegen Wulffs bisheriger Darstellung von dem Unternehmer selbst.
"Die Sparkasse Osnabrück hat bestätigt, dass der Scheck der Deutschen Bundesbank, der dem beurkundenden Notar zur Verfügung gestellt wurde, aus dem Konto von Frau Edith Geerkens gedeckt wurde", hieß es in der Erklärung des Bonner Anwaltsbüros Redeker Sellner Dahs. "Dazu liegt uns eine Bestätigung der Sparkasse Osnabrück vor. Der Vertrag über das Privatdarlehen wurde mit Frau Edith Geerkens geschlossen." Das Ehepaar Wulff habe alle vereinbarten Zinszahlungen auf das Konto von Frau Geerkens geleistet.
Geerkens hatte dem "Spiegel" gesagt, dass das Geld für das Darlehen de facto doch von ihm selbst gekommen sei. Demnach habe der Unternehmer selbst mit dem damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten verhandelt und auch überlegt, "wie das Geschäft abgewickelt werden könnte". Das Darlehen sei über ein Konto seiner Frau gezahlt worden, das sei richtig. Allerdings habe auch Geerkens für dieses Konto eine Vollmacht.
Aussagen stimmen überein
Für den Kredit sei ein anonymer Bundesbankscheck an Wulff übermittelt worden. "Wir sind beide sehr bekannt in Osnabrück. Und ich wollte nicht, dass irgendein Bank-Azubi sieht, dass so viel Geld von mir an Wulff fließt", zitiert der "Spiegel" Egon Geerkens weiter. Die Rückzahlung der Kreditsumme im Jahr 2010 sei auf ein Konto erfolgt, das wiederum beiden Eheleuten gehöre. Demnach stehen die Angaben Geerkens' nicht unbedingt im Widerspruch zu jenen von Wulffs Anwälten. Das Bonner Büro Redeker Sellner Dahs teilte mit, dass die erforderlichen Unterlagen ab Montag in Berliner Büro der Sozietät eingesehen werden könnten.
Wulff war vorgeworfen worden, dass er noch als niedersächsischer Ministerpräsident 2010 im Landtag den Kredit der Unternehmergattin Edith Geerkens über 500 000 Euro nicht erwähnte, obwohl er vom Parlament nach seinen Geschäftsbeziehungen zu dem Unternehmer Egon Geerkens gefragt worden war.
Edith Geerkens ohne nennenswertes Vermögen
Laut "Spiegel" spreche auch ein weiterer Umstand dafür, dass Geerkens der ursprüngliche Eigentümer der Kreditsumme war. Geerkens sei, als das Paar in den neunziger Jahren heiratete, bereits vermögend gewesen, während seine Frau Edith lediglich eine Angestellte seines Schmuckhandels war. Sie habe Geerkens zufolge kein nennenswertes eigenes Vermögen in die Beziehung eingebracht. Nach der Hochzeit habe seine Frau aufgehört zu arbeiten. Zudem sei Gütertrennung vereinbart worden.
Weiteres Immobiliengeschäft könnte aufklären
Im Jahre 2008 kaufte Edith Geerkens für knapp eine Million Dollar ein Haus in Florida. Dort machte Wulff Weihnachten 2009 Urlaub. Das Geld für den Kaufpreis habe ihr Egon Geerkens allerdings zuvor per notariellen Darlehensvertrag geliehen, berichtet der "Spiegel". Das deutet daraufhin, dass Geerkens bei alle seinen Finanzgeschäften die Regie führte.
Wulff bedauert das Missverständnis
In der Folge der sogenannten "Florida-Affäre" war Wulffs 2010 als damaliger niedersächsischer Ministerpräsident im Landtag in Hannover gefragt worden, ob es eine Geschäftsbeziehung zwischen ihm und Egon Geerkens gegeben habe. Dies hatte Wulff verneint. In einer offiziellen Stellungnahme ließ der Bundespräsident in dieser Woche über seinen Sprecher klarstellen, dass er nicht gelogen habe. Er habe in keiner geschäftlichen Beziehung zu Geerkens, sondern zu dessen Ehefrau Edith gestanden. Bundeskanzlerin Angela Merkel stärkte Wulff den Rücken und wollte seine Integrität nicht anzweifeln.
In einer schriftlichen Erklärung räumte er am Donnerstag nun Fehler ein: Er hätte das Darlehen von der befreundeten Unternehmensgattin Geerkens früher erwähnen sollen. Offenbar sei dadurch ein falscher Eindruck entstanden, so Wulff. "Ich bedauere das."
"Bewusste Umgehung erkennbar"
Wulffs versucht jetzt, den Wirbel um seinen Privatkredit künftig als Privatsache zu behandeln. Auskunft gibt nicht mehr das Bundespräsidialamt und sein Sprecher Olaf Glaeseker, sondern die Bonner Anwaltskanzlei. Zweifelhaft ist, ob sich diese Trennung durchhalten lässt. Schon jetzt wächst in der Berliner Politik der Verdruss an der Darlehensaffäre. So ging der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag auf Distanz zu Wulff. Die Aussagen Geerkens hörten sich so an, als habe man eine bewusste Umgehung geplant. Dies sei durch die Erklärung von Wulff nicht abgedeckt. "Das ist für einen Bundespräsidenten verheerend", sagte Montag dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Quelle: ntv.de, ppo/dpa