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Russland-Affäre um Trump Jr. Diese E-Mails sind ein Offenbarungseid

Donald Trump Jr. tritt die Flucht nach vorn an - und macht alles noch schlimmer.

Donald Trump Jr. tritt die Flucht nach vorn an - und macht alles noch schlimmer.

(Foto: REUTERS)

Was die veröffentlichten E-Mails von Donald Trump Jr. beweisen, ist nicht der Wille des Präsidentensohns zur Transparenz. Sie entlarven vielmehr sein politisches Kalkül - und genau das könnte auch den Vater teuer zu stehen kommen.

Donald Trump Jr. ist sich keiner Schuld bewusst. Offenbar in dem Versuch, seinen Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen, veröffentlicht er den E-Mail-Verkehr mit Publizist Rob Goldstone - wohl in der Annahme, dass ihn diese Dokumente von allen Vorwürfen freisprechen würden. Doch das tun sie nicht. Stattdessen beweisen sie, dass Trump Jr. als glühender Wahlkampfhelfer seines Vaters offensichtlich auch dazu bereit war, gegen geltendes Recht zu verstoßen. Laut US-Wahlrecht ist es den politischen Lagern verboten, während des Wahlkampfes Geschenke oder "irgendetwas von Wert" aus dem Ausland anzunehmen. Dazu zählen nach Ansicht von US-Rechtsexperten auch sensible Informationen.

Genau solche Informationen glaubte Donald Trump Jr. beim Treffen mit der Russin Natalia Veselnitskaja zu erhalten. Goldstone hatte sie in seinen E-Mails als "Anwältin der russischen Regierung" vorgestellt - und die kompromittierenden Informationen, die sie über Demokratin Hillary Clinton liefern sollte, als "Teil der Unterstützung Russlands und der Regierung für Herrn Trump". Spätestens dies wäre doch der Moment gewesen, in dem bei Trump Jr. alle Alarmglocken hätten schrillen müssen - gerade weil die angeblichen Russland-Kontakte des Trump-Lagers schon zu diesem Zeitpunkt für schlechte Presse sorgten. Stattdessen antwortete er: "Wenn es das ist, was Sie sagen, liebe ich das".

E-Mail-Leak als Schadensbegrenzung

Keine Nachfrage, was mit der Unterstützung des Kremls für seinen Vater gemeint ist. Kein Argwohn, dass es sich um ein unseriöses Angebot handeln könnte. Trump Jr. bedankt sich und bittet um telefonischen Kontakt zur angeblichen Kreml-Anwältin. Man könnte das als grenzenlose Naivität auslegen oder schlicht als politische Ruchlosigkeit - doch eine andere Lesart erscheint ebenso wahrscheinlich: Trump Jr. war sich womöglich der Unterstützung Russlands für die Sache seines Vaters bewusst und verzichtete deshalb auf Nachfragen. Welche Version auch immer zutrifft, diese E-Mails sind ein Offenbarungseid für das Weiße Haus, das seit Monaten nicht müde wird, Berichte über die angebliche russische Wahlkampfhilfe zu dementieren und Medien zu sanktionieren, wenn sie darüber berichten.

Auch Jared Kushner, Donald Trumps Schwiegersohn, war bei dem Treffen dabei.

Auch Jared Kushner, Donald Trumps Schwiegersohn, war bei dem Treffen dabei.

(Foto: AP)

US-Präsident Trump hätte gut daran getan, es seinem Vize Mike Pence gleichzutun - und sich von seinem Sohn zu distanzieren. Stattdessen lobte er dessen Transparenz. Und ignoriert damit die Tatsache, dass Trump Jr. das Treffen überhaupt erst auf Nachfrage der "New York Times" eingeräumt hat. Das hat nichts mit Transparenz zu tun. Das ist schlichtweg der Versuch einer Schadensbegrenzung - und es jetzt als Redlichkeit zu verkaufen, die pure Anmaßung. Das passt in die bekannte Strategie des Präsidenten. Nichts zugeben. Und im Zweifel scharf zurückschießen. Doch Trump sollte vorsichtig sein mit seiner Loyalität zum "High Quality"-Sohnemann. Denn der 71-Jährige wird auch selbst in den E-Mails erwähnt.

Trump wusste von nichts? Wirklich?

An einer Stelle bietet Vermittler Goldstone an, sich mit seinen Informationen direkt an Trump senior zu wenden: "Ich kann die Infos auch an Ihren Vater schicken, aber sie sind ultra heikel, deshalb schicke ich sie erstmal Ihnen", heißt es in den E-Mails. Auch das wirft Fragen auf: Denn der Präsident behauptet, erst kürzlich von dem Treffen erfahren zu haben. Das erscheint schon deshalb fragwürdig, weil Trump während des Wahlkampfes nicht nur in regelmäßigem Kontakt zu seinem Sohn, sondern auch zum damaligen Wahlkampfmanager Paul Manafort und Schwiegersohn Jared Kushner stand. Beide nahmen ebenfalls an dem Treffen teil. Und keiner von ihnen soll den Präsidentschaftskandidaten informiert haben? Zweifel daran sind durchaus angebracht - zumal es Trump ohnehin mit der Wahrheit nicht sehr ernst nimmt.

Seine Anhänger sprechen der ganzen Geschichte - wie üblich - jegliche politische Brisanz ab: Es gehe letztlich nur um eine russische Anwältin, sagen sie, die dem Trump-Lager ein bisschen Schmutz über Hillary Clinton versprochen und nicht abgeliefert habe. Punkt. Doch so einfach ist es nicht. Dass engste Vertraute des amtierenden Präsidenten bereit waren, ihre Integrität zu opfern und womöglich Illegales zu tun, wird nicht dadurch legitimiert, dass es bei der Bereitschaft dazu blieb. Ja, Veselnitskaja mag keine belastbaren Informationen gehabt haben. Aber was wäre passiert, wenn es anders gewesen wäre? Hätte Trumps Wahlkampfteam mit der Informantin aus dem Kreml gemeinsame Sache gemacht? Alle Indizien sprechen dafür. Und das ist ein Skandal.

Quelle: ntv.de

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