Person der Woche

Person der Woche: Thorsten Frei Merz' Migrationswender winkt ein gewichtiger Posten

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Er ist der CDU-Wortführer in der Migrationsdebatte. Im Adenauer-Haus feiern sie Thorsten Frei als "Anti-Faeser", Berliner Gerüchte sehen ihn bereits als nächsten Bundesinnenminister. Doch es könnte auch etwas ganz anderes auf den pragmatischen Schwarzwälder warten.

Seine Hemden sind immer knitterfrei, seine Koteletten fein rasiert, seine Krawatte sitzt und seine Höflichkeit wirkt so fundiert, als habe er schon vor 850 Jahren die Minneschule Friedrich Barbarossas durchlaufen. Thorsten Frei ist nicht nur der neue CDU-Klassiker der deutschen Politik, er ist vor allem der große Aufsteiger der ablaufenden Legislatur. Frei hat eine enorme Talkshow-Präsenz, er ist die Stimme der Union für innere Sicherheit, er profiliert die angestrebte Migrationswende. Und selbst die politischen Konkurrenten der SPD attestieren ihm - wenn nicht gerade ein aufgeheiztes Wahlkampffinale tobt - "freundliche Seriosität".

1973 in Bad Säckingen geboren, wurde Frei 2004 Oberbürgermeister von Donaueschingen und wechselte 2013 in den Bundestag.

1973 in Bad Säckingen geboren, wurde Frei 2004 Oberbürgermeister von Donaueschingen und wechselte 2013 in den Bundestag.

(Foto: picture alliance / Dennis Ewert/RHR-FOTO)

Die unionskritische "Süddeutsche Zeitung" lobt seine Besonnenheit - "Er ist kein Polterer" - und unkt, der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion sei so anerkannt, dass er unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz wohl bald Kanzleramtschef werde. Mancher CDU-Abgeordnete kann sich ihn sogar als künftigen Fraktionschef vorstellen. In jedem Fall ist Frei in der CDU ein Mann der Stunde.

Fest verwurzelt in der Heimat

Seine ruhige Verbindlichkeit ist umso bemerkenswerter, als dass Frei das derzeit heißeste Eisen der deutschen Politik in den Händen hält. Er hat die Revision der CDU-Migrationspolitik konzipiert, ausformuliert und nun öffentlich bis hinein in die aktuelle Brandmauerdebatte verfochten. Doch er tut das nicht im Stil des Lautsprechers, sondern im Gestus eines besorgten Bürgermeisters, der lieber kleine, pragmatische Fortschritte sucht als die große Weltenrettung.

Das dürfte an seiner kommunalpolitischen Herkunft liegen. Angefangen hat Frei als Stadtrat, 2004 wurde er Oberbürgermeister von Donaueschingen; mit 31 Jahren der damals jüngste in ganz Baden-Württemberg. 2012 wurde er mit 99,2 Prozent (selbst die Grünen hatten ihn unterstützt) wiedergewählt. Zur Feier des Tages gab es Freibier und "Frei-Bier"; das XXL-Bierglas mit der entsprechenden Gravur steht heute in seinem Bundestagsbüro. Zehn Jahre lang war Frei Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung, bis 2019 sogar noch Mitglied im Kreisrat des Schwarzwald-Baar-Kreises.

Frei verkörpert die klassische, bodenständige CDU geradezu wie ein Mustermann der Union: Er ist Sohn eines Polizeibeamten, römisch-katholisch, gedienter Soldat, Jurist, verheiratet mit einer Studienrätin, Vater von drei Kindern. Er lebt in einer Kleinstadt und seine badische Sprachfärbung hört man. Er ist heimatstolz auf seinen "ländlichen Raum", in seinem Schwarzwälder Wahlkreis entspringen Donau und Neckar. Und als er im Dorfgemeinschaftshaus in Brigachtal-Überauchen jüngst wieder als CDU-Bundestagsabgeordneter nominiert wurde, bekam er verblüffende 100 Prozent der Stimmen. Die Lokalzeitung "Südkurier" berichtete hernach: "Da wurden viele CDU-Mitglieder emotional. Selbst Oberbürgermeister und Bürgermeister umarmten ihn."

Nervenstark und gelassen im Angesicht des Furors

Der Mann aus der Provinz ist in dieser Legislatur einer der engsten Gefährten von Friedrich Merz geworden. Mit beinahe blindem Vertrauen führen sie die Fraktion. Dabei hat Frei Organisationsstärke, Trittsicherheit und Verlässlichkeit bewiesen. Vor allem aber strahlt er Grundruhe aus, was in der CDU besonders wertgeschätzt wird. Wenn das linke Lager derzeit laute Antifa-Proteste gegen die CDU organisiert und der Union Verrat an der Brandmauer zur AfD vorwirft, dann kontert Frei so: Es reiche nicht aus, "die Brandmauer" hochzuziehen, und "auf der anderen Seite, wo etwa 20 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland sind, das Feuer einfach weiter lodern zu lassen." Das aber sei der Willen von SPD und Grünen.

Die Union dagegen wolle das Feuer auf der anderen Seite bekämpfen. Seiner Meinung nach müsse die Politik die Frage beantworten, warum jeder fünfte Deutsche offensichtlich bereit sei, einer rechtsextremistischen Partei die Stimme zu geben. "Und da das nicht alles Rechtsextremisten sind, die die wählen, müssen wir dafür sorgen, dass die Probleme und Herausforderungen, die real sind, dass wir die tatsächlich auch gelöst bekommen."

Ob er tatsächlich ein Problemlöser für Deutschland wird, dürfte sich nach der Wahl bald zeigen. Denn neben Kanzleramtschef und Fraktionschef trauen sie ihm in der CDU noch ein drittes Amt zu, das zu Frei gut passen würde: Bundesinnenminister. "Er ist unser Anti-Faeser", hört man zuweilen aus dem Adenauer-Haus. Damit wird ihm schon der dritte denkbare Posten angedichtet, obwohl die Union die Wahl noch nicht einmal gewonnen hat. Doch die Gerüchteküche zeigt: Der freundliche Migrationswende-Mustermann hat sich seiner CDU längst für Größeres empfohlen.

Quelle: ntv.de

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