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Unionstalk bei "Hart aber fair" Thorsten Frei: "Es war notwendig"

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"Die Politik muss vom Reden ins Handeln kommen": Thorsten Frei bei "Hart aber fair".

"Die Politik muss vom Reden ins Handeln kommen": Thorsten Frei bei "Hart aber fair".

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Wie geht es weiter nach dem Tabubruch im Bundestag in der vergangenen Woche? Hört man den Gästen bei "Hart aber fair" zu, könnte man den Eindruck bekommen: Langsam wird wieder alles gut. Eine unbequeme Frage wird allerdings nicht beantwortet.

Und plötzlich ist wieder alles in Butter. Auf dem CDU-Parteitag am Montag versprechen Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, auf gar keinen Fall nach den Wahlen am 23. Februar mit der AfD zusammenzuarbeiten. Eine Koalition der Mitte soll es geben, möglichst ohne die Grünen, wünscht sich Söder. Die AfD? Die bleibt rechts liegen. Und die Delegierten auf dem Parteitag: Sie jubeln, so als hätte es letzte Woche nicht gegeben. Da hatte die Union versucht, zwei Anträge mit den Stimmen der AfD durch den Bundestag zu bringen. Bei einem Entschließungsantrag für eine härtere Migrationspolitik gelang das.

"Es war notwendig", sagt der erste parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Thorsten Frei, am Montagabend in der ARD-Sendung "Hart aber fair". Da diskutieren die Gäste über die Ereignisse im Bundestag von vergangener Woche und die Migrationspolitik. Nach den blutigen Attentaten der letzten Jahre habe es viel Beileidsrhetorik, aber keine politischen Schlussfolgerungen gegeben, so Frei. "Ich glaube, das können wir nicht mehr machen. Die Menschen erwarten berechtigterweise, dass die Politik vom Reden ins Handeln kommt." Als die Ampel zerbrochen sei und es zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands ein Parlament ohne eine Mehrheit gegeben habe, da habe Merz versprochen, keine Mehrheiten mit Hilfe der AfD zu finden. Frei: "Aber die Sachlage hat sich verändert." Denn da waren die Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg. Die Union habe im Vorfeld der Anträge mit den Parteien der Mitte gesprochen, SPD und Grüne hätten aber nicht über Inhalte reden wollen.

Falsch, sagt SPD-Generalsekretär Matthias Miersch. Merz habe in den Gremiensitzungen vor der Antragstellung gesagt, es sei ihm völlig egal, mit wem er die für die Anträge notwendige Mehrheit bekomme. Am Mittwoch, vor der Abstimmung über das Fünf-Punkte-Programm der Union, habe es keine Gespräche gegeben. Am Freitag, als über das "Zustrombegrenzungsgesetz" abgestimmt werden sollte, habe die FDP vorgeschlagen, das Gesetz noch einmal in den zuständigen Bundestagsausschuss zurückzuüberweisen. Das hätten SPD und Grüne am Abend auch vorgeschlagen - ohne Erfolg. "Es war eine gezielte Planung, es war ein gezielter Wortbruch", sagt Miersch. Vom zerstörten Vertrauen durch die Union aber redet Miersch nicht mehr.

BSW: "Wir stimmen nach Inhalten ab"

"Ich lasse mir von der AfD nicht vorschreiben, was ich richtig und was ich falsch zu finden habe", begründet die Co-Vorsitzende des BSW, Amira Mohamed Ali, ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf von Freitag. Sieben von zehn BSW-Abgeordneten hatten für das Gesetz gestimmt. Anders als die Union hatte das BSW schon vor Wochen angekündigt, mit der AfD zu stimmen, wenn es darauf ankäme. "Wir stimmen nach Inhalten ab", sagt Mohamed Ali.

"Die AfD setzt die Themen", so die stellvertretende AfD-Fraktionschefin Beatrix von Storch. Seit 2015 thematisiere ihre Partei die Migrationskrise. "Jetzt erst, nachdem ein weiteres Kind gestorben ist, hat die CDU gesagt, man müsse da etwas tun." Die gesellschaftliche Debatte habe sich verschoben, die AfD setze die Agenda. "Ich hoffe, dass wir damit weiterkommen." Von Storch lässt es sich nicht nehmen, auf die Tatsache hinzuweisen, dass das Gesetz am Freitag an den Stimmen der CDU gescheitert sei: Zwölf Unionsabgeordnete hatten nicht mitgestimmt. Und fast ein Drittel der FDP-Abgeordneten.

Irgendwann stellt Moderator Louis Klamroth die entscheidende Frage an Thorsten Frei: Ob die Union auch nach der Wahl mit der AfD stimmen wolle. "Nein", antwortet der. "Am 23. Februar wird sich die Situation verändern, weil es keine Minderheitsregierung mehr gibt." Das gelte auch für die Regierungen in den Bundesländern: "Wir setzen auf stabile Regierungen, und in stabilen Regierungen entscheiden Koalitionen." Für den Bund strebe die Union ein Wählermandat an, das einen Politikwechsel ermögliche.

Macht eine solche Abstimmung Schule?

"Ich glaube, Herr Merz hat genau drei Möglichkeiten, die jetzt auf dem Tisch liegen", sagt von Storch dazu. "Entweder er bleibt bei seiner Ansage, keine Koalition und keine Minderheitentolerierung mit der AfD. Dann bleibt ein Bündnis mit Rot oder mit Grün, und das bedeutet, er wird seine Position in dieser Frage, die er zur Gewissensfrage gemacht hat, aufgeben. Er wird umfallen. Und wenn er das nicht tut, gibt es Neuwahlen. Es gibt genau diese drei Optionen, etwas anderes liegt nicht mehr auf dem Tisch."

"Und das ist das Fatale", sagt Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. Die AfD sei nicht irgendeine Partei. Sie fordere "Remigration" in ganz großem Stil. Das führe zu Angst in erheblichen Teilen der Bevölkerung, dass eine solche Abstimmung Schule mache und die AfD in die Machtposition bringe, von der sie derzeit träume. Dann fragt von Lucke Thorsten Frei, wie Merz sein Fünf-Punkte-Programm eigentlich durchsetzen wolle. Da sich Grüne und SPD dagegen ausgesprochen hätten, bliebe nur die AfD.

Frei beginnt, das "Zustrombegrenzungsgesetz" zu erklären. "Wir reden von dem Fünf-Punkte-Plan", bremst ihn von Lucke aus. Frei möchte aber lieber über das Gesetz reden. Luckes Frage beantwortet er nicht. Und Miersch wird nicht gefragt.

Quelle: ntv.de

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