US-Panzerbrigade nach Osteuropa "Die Säbel rasseln lauter"
31.03.2016, 19:06 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Pentagon konkretisiert seine Pläne zur Aufstockung der Militärpräsenz in Osteuropa. Eine komplette Panzerbrigade der US-Armee - 4200 Soldaten, 250 Panzer, außerdem Haubitzen, Kampffahrzeuge und weitere 1700 zusätzliche Fahrzeuge - soll an die Ostflanke der Nato verlegt werden. Zur Begründung führt die US-Regierung das aggressive Verhalten Russlands an. Die Truppenverlegung sei "durch nichts gerechtfertigt", heißt es aus Moskau. Eine "Verlegenheitslösung" mit Gefahrenpotenzial, meint die deutsche Presse.
Die Volksstimme übt Kritik an den Plänen aus Washington. Die Panzer der USA würden anderswo gebraucht: "Die Nato hat ihren Bündnispartnern entlang der russischen Grenze besseren Schutz versprochen. Jetzt rollt er an, in Form einer kompletten US-Panzerbrigade. Das löst zwischen Tallinn und Vilnius Begeisterung aus - anderswo nicht. Führt doch der Einsatz der mobilen Brigade zu keiner Entkrampfung im Verhältnis zwischen der Nato und Russland, sondern ist geeignet, neue Spannungen hervorzurufen. Russland hat ganz andere Probleme, als sich auf die baltischen Republiken oder gar Polen zu stürzen. Die Einverleibung der Krim und die Aufrechterhaltung der Separatisten-Verwaltung in der Ostukraine sind aufwändig und teuer. Eine noch stärkere Belastung für die ins Trudeln geratene russische Wirtschaft ist der Militäreinsatz in Syrien. Bei dem arbeiten Russen und Amerikaner bekanntlich zusammen. Die syrische Wüste ist denn auch ein Terrain, auf dem 4200 amerikanische Panzer im Kampf gegen den IS besser zu gebrauchen wären als in litauischen Wäldern."
Auch die Zeitungsgruppe Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung sieht keine Anzeichen für eine von Russland ausgehende Bedrohung und nennt die Truppenverlegung der USA einen rein symbolischen Akt: "Natürlich hat die Nato die Pflicht und das Recht, ihre Mitglieder zu schützen. Doch deutet nichts darauf hin, dass von Russland tatsächlich eine reale Bedrohung für das Bündnis ausgeht. Und wenn dem so wäre - 250 amerikanische Panzer und 4500 Soldaten sind angesichts der militärischen Möglichkeiten von Präsident Wladimir Putin nur von symbolischer Bedeutung. Moskau kann innerhalb von Tagen bis zu 30.000 Mann an die Grenze bringen. Statt zurückzukehren zu den alten Mustern und eine Panzerbrigade von einem Nato-Staat zum nächsten tingeln zu lassen, um nicht formal gegen die Nato-Russland-Akte zu verstoßen, sollte intensiver daran gearbeitet werden, Dialogforen wie den Nato-Russland-Rat wiederzubeleben."
Der Münchner Merkur zeigt mehr Verständnis für die Truppenaufstockung der USA in Osteuropa: "Für 'durch nichts gerechtfertigt' hält Russlands Nato-Botschafter die Verlegung einer US-Panzerbrigade an die Ostflanke des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses. Das kann man nach den Erfahrungen in Georgien, der Ukraine und Syrien auch anders sehen. Nicht vergessen ist Putins dunkler Satz, wenn er wolle, 'könnten russische Truppen in zwei Tagen nicht nur in Kiew, sondern auch in Riga, Vilnius, Tallinn, Warschau oder Bukarest sein'. Obamas Schritt ist ein dreifaches Signal: an die östlichen Nato-Partnerländer, an den Kreml und an die Amerikaner selbst. Die Sicherheitspolitik, so die Botschaft, ist bei den Demokraten besser aufgehoben ist als bei den Republikanern, deren Anführer Donald Trump gerade mit Forderungen nach weniger amerikanischem Nato-Engagement um die Häuser zieht."
Die Neue Ruhr Zeitung betont die schwierige Rolle Deutschlands in dem Konflikt: "Die Verlegung einer Brigade samt Panzern und Haubitzen zu Übungszwecken sieht (...) wie eine Verlegenheitslösung aus. Trotzdem wird sie das ohnehin angefressene Klima zwischen Washington und Moskau zusätzlich belasten. Die Säbel rasseln lauter. Für Deutschland sind das keine guten Aussichten. Kanzlerin Merkel sitzt zwischen den Stühlen. Sie will den Konflikt mit Putin im Sinne Europas abkühlen, kann aber Washington nicht offen für die in Moskau als Provokation aufgenommene Geste kritisieren. Es sieht danach aus, als kehrten mit Macht die Reflexe des Kalten Krieges zurück."
Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.
Quelle: ntv.de