Pressestimmen

EZB enttäuscht Finanzmärkte "Ein gutes Signal an die Politik"

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EZB-Präsident Draghi schließt sofortige Anleihekäufe von Krisenstaaten durch die Zentralbank aus. Nach erfolgreichen Verhandlungen mit der Politik sollen sie aber möglich sein. Jan Gänger von n-tv.de ist davon überzeugt, und besser schnellstmöglich in die Finanzmärkte eingreifen sollte. Eine umstrittene Meinung. Die Presse diskutiert.

Draghi spielt bei der Euro-Rettung auf Zeit.

Draghi spielt bei der Euro-Rettung auf Zeit.

(Foto: dapd)

Laut der Frankfurter Rundschau hat sich Draghi klug angestellt. "Erstens wird die EZB über die Anleihekäufe nicht im Alleingang entscheiden, sondern zusammen mit den Finanzministern. Damit bliebe die Rettung in der Hand der Politik. Zweitens gibt es deswegen nur Hilfe der Notenbank, wenn die wackeligen Staaten die Auflagen des Rettungsschirms annähernd erfüllen. Drittens machte Draghi klar, dass die EZB, wenn sie kauft, ihr Ziel erreichen wird, sprich unbegrenzt vorgehen wird. Damit gewönne sie gegen die Spekulanten und bekämpfte die Euro-Krise im Kern."

Die Leipziger Volkszeitung erkennt wie die Frankfurter Rundschau ein gutes Signal an die Politik im Vorgehen Draghis: "Die Euro-Krise schwindet nicht, wenn Politiker unangenehme Reformen scheuen. Die Euro-Krise schwindet auch nicht, wenn die Politiker beharrlich an Rettungsplänen festhalten, die erfolglos sind. Die Euro-Krise schwindet nicht, wenn die Politiker nach - zumindest für sie - einfachen Scheinlösungen trachten und zugleich auf europäischer Ebene nicht zusammenarbeiten wollen", schreibt das Blatt. Jetzt stelle die EZB klar: Nur "wenn die Regierungen die Ursachen der Schulden- und Vertrauenskrise endlich entschieden anpacken, steuert die oberste Euro-Hüterin ihren Teil dazu bei, um die gemeinsame Währung zu retten".

Auch der Kölner Stadtanzeiger findet das Vorgehen der EZB geschickt. "Die Zentralbank macht ihre Hilfe davon abhängig, dass ein Land sich zunächst an den Euro-Rettungsfonds wenden und mit ihm ein Strukturprogramm vereinbaren muss." Das bezeichnet das Blatt gar als listig. "Denn über den Rettungsfonds sind alle Euro-Länder dann an den Entscheidungen beteiligt." Der Stadtanzeiger kritisiert indes, dass die Zentralbank Aufgaben übernimmt, für die sie laut der Zeitung nicht geschaffen wurde. "Auch wenn Europa zur Zeit weit von einer Inflation entfernt sein mag - die EZB muss alles tun, um sie zu vermeiden. Sonst folgt auf die Krisenbekämpfung nur die nächste Krise."

Die Stuttgarter Zeitung spart die EZB mit Kritik aus und fokussiert sie lieber auf die Politik. Das Blatt erinnert daran, dass die Unabhängigkeit der Zentralbank ein hohes Gut sei. "Politische Weichenstellungen sollte sie aber nicht vornehmen. Das ist eindeutig Aufgabe der Politik, die sich in Deutschland darauf konzentriert zu diskutieren, was nicht geht." Das findet die Zeitung verständlich, da die Risiken gewaltig sind und die Rezepte nicht der reinen Lehre entsprechen. "Es ist aber auch allzu bequem - im Wissen, dass bei anhaltender politischer Abwehrhaltung andere Akteure, allen voran die Zentralbank, einspringen."

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält das Zögern der EZB für verspätet: Laut dem Blatt hat die EZB ihr Mandat schon extrem weit gedehnt. "Durch den Kauf riskanter Staatsanleihen, die Anleger meiden, ist sie mit bislang 211 Milliarden Euro längst zum indirekten Staatenfinanzierer geworden, auch wenn EZB-Präsident Draghi das bestreitet."

Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmidt

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