Pressestimmen

Frauenquote fast geschlossen abgelehnt "Falsch verstandene Parteisolidarität"

(Foto: dpa)

Union und FDP haben mit ihrer Mehrheit im Bundestag die rot-grüne Initiative zur Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für Aufsichtsratsmitglieder fast geschlossen abgelehnt. In den deutschen Medien - unter anderem von unserem Kommentator - werden die Unionspolitikerinnen für ihr Stillhalten kritisiert. Ursula von der Leyens Abweichen vom Kurs der Union wird unterschiedlich gesehen.

Für die Main-Post ist das Abstimmungsergebnis ein Armutszeugnis für die Union und jene Unionspolitikerinnen, die "aus falsch verstandener Parteisolidarität sich den Schneid haben abkaufen lassen." Sie meint: " Hätten die Abweichlerinnen unter den Unionsfrauen auf ihr Gewissen gehört anstatt auf parteitaktische Erwägungen, dann hätten wir jetzt eine Frauenquote. Weil Taktik aber wichtiger ist als das Wohlergehen aller, haben wir sie nicht."

Die Augsburger Allgemeine kritisiert Ursula von der Leyen für ihr rebellisches Verhalten. Sie schreibt: " Mit ihrer Drohung, notfalls mit der rot-rot-grünen Opposition zu stimmen, hat sie Angela Merkel und Volker Kauder erpresst, ihre Kabinettskollegin Kristina Schröder gedemütigt und den Wirtschaftsflügel ins Abseits gestellt, gleichzeitig hat sie im Alleingang einen erst im November gefassten Parteitagsbeschluss zur Makulatur erklärt und der Partei einen neuen Kurs aufgezwungen, ihren Kurs."

Das Mindener Tagblatt freut sich zumindest über die Aufnahme des verbindlichen Frauenanteils ins Wahlprogramm der Union für 2020. Zu Ursula von der Leyen schreibt sie: "Sie hat unverhofft ein ihr wichtiges Ziel erreicht - und nebenbei gerade erneut gezeigt, wie sie inzwischen das Machtspiel beherrscht. Dass sie dereinst bei der Merkel-Nachfolge ein gewichtiges Wort mitreden wird, ist augenfälliger denn je. Wenn sie dann noch genug (Partei)freunde hat."

Die Süddeutsche Zeitung bemängelt Merkels schwaches Auftreten gegenüber ihrer Ministerin. Sie meint: "Gerhard Schröder hätte in solchen Konflikten anders agiert. Dass es sich um eine strukturelle Schwäche Merkels handelt, zeigen auch die Fälle Betreuungsgeld und Bundespräsident. Das bedeutet zum einen, dass Merkel gar nicht so stark ist, wie viele glauben. Zum anderen, dass es in der Vergangenheit offenbar zu wenige Gegner gab, die den Schneid hatten, sie herauszufordern. Das gilt auch für die Opposition."

Für den Tagesspiegel ist klar, dass Frauen, die stillhalten, der Gleichstellungspolitik wenig nutzen. Er glaubt: "In dieser Frage hätte es gar nicht viel Mut gekostet, standhaft zu bleiben - um der Selbstachtung willen und aus Respekt vor dem Mandat des Abgeordneten. Auch noch so strenge Partei- und Fraktionsdisziplin vermögen den Aufenthalt im Parlament nicht zu verlängern, wenn sich bei Wählern der Eindruck verfestigt, Parlamentarier lassen sich ihre Überzeugungen abkaufen.

Quelle: ntv.de, Zusammengestellt von Laura Kleiner

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