Der Parteitag der Angela Merkel "Konservative ballen Faust in der Tasche"
15.11.2011, 20:06 UhrDavon können andere Parteichefs nur träumen: Kanzlerin Merkel hat mal wieder einen Kurswechsel vollzogen, aber keiner der Delegierten murrt öffentlich. Die CDU hat sich vollkommen ihrer Vorsitzenden ergeben, in der nicht ganz selbstlosen Hoffnung, "dass 'Mutti' weiß, was sie tut."
Die Siegerin des Parteitages heißt Kanzlerin Merkel, schreibt die Rhein-Zeitung (Koblenz/Mainz), denn "sie hat ihr Politikverständnis, wonach es angesichts einer schnelllebigen, globalisierten Welt maximal flexible Entscheidungsträger braucht, deutlich gemacht. Sie redete einer Politik als Reaktion auf die Notwendigkeiten der Zeit das Wort und machte unmissverständlich deutlich, dass es eine Rückkehr zu alten Gewissheiten mit ihr nicht geben wird." Die CDU-Basis war nicht gerade begeistert, folgte Merkel aber brav: "Eine selbstbewusste Volkspartei hat man in Leipzig nicht erlebt, vielmehr eine Merkel-CDU, die hofft, dass 'Mutti' weiß, was sie tut."
Und die Badischen Neuesten Nachrichten aus Karlsruhe glauben auch zu wissen, warum die CDU Merkels Kursänderung anstandslos mitmacht: "Die Partei murrt zwar, die Konservativen ballen die Faust in der Tasche, weil sie sich in der pragmatischen Merkel-CDU zunehmend heimatlos fühlen, und doch folgt die Basis gehorsam ihrer Chefin und Kanzlerin. Denn Merkel hat etwas zu bieten: Macht."
Dass die CDU sich, trotz Bedenken, hinter Merkel schart, wird nach Meinung der Stuttgarter Nachrichten Folgen haben. "Jetzt, in Leipzig, hätten die Dauernörgler in der Partei Merkel herausfordern können. Es standen keine Vorstandswahlen an, die Bundestagswahl ist auch noch zwei Jahre entfernt. Das ist aber nicht geschehen. Stärker als je hat sich die Partei ihrer Kanzlerin ausgeliefert. Mit ihr wird sie siegen oder verlieren. Sie setzt die Themen, sie bestimmt den Kurs. Merkel - nur sie - ist die CDU."
Am Ende ist es ein Parteitag der Angela Merkels geworden, kommentiert auch die Süddeutsche Zeitung: "Die Macht, ja die Dominanz, die die Vorsitzende heute in der CDU hat, ist noch nie so groß gewesen. Viele haben in der Messestadt über die Zeitenwende in Europa gesprochen. Die Zeitenwende in der CDU war hier am stärksten zu greifen. Formal führt Merkel ihre Partei seit elf Jahren. Eine solche Autorität aber konnte sie ein ganzes Jahrzehnt lang nicht erreichen. Merkel hat damit geschafft, wovon ein Parteichef nur träumen kann: Es gibt keine Widersacher mehr, die sie herausfordern. (...) Mit anderen Worten: Die Partei hat sich ihr ergeben."
"Merkels Kompass zeigt immer zuverlässig dahin, wo die Mehrheit ist", analysiert die Ludwigsburger Kreiszeitung das Verhalten der Kanzlerin. "Grundwerte werden nicht aufgeben, sie werden nur radikalpragmatisch gebogen. Merkel vollzieht ihre Brüche geräuschlos, und sie verkauft sie dann als Überzeugung. Kurswechsel sind keine Ausnahme, sondern inzwischen die Grundpfeiler Merkelscher Politik. In Leipzig haben die Delegierten anerkannt, dass der neue Markenkern der Volkspartei CDU jetzt ist, immer neue Verträge mit der Wirklichkeit zu schließen."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki