Pressestimmen

Rücktrittserie bei Islamgegnern "Pegida ist, im Sinn des Wortes, kopflos"

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Eine Woche nach dem Rücktritt von Pegida-Gründer Lutz Bachmann wirft Sprecherin Kathrin Oertel das Handtuch. Mit ihr verlassen vier weitere Führungspersönlichkeiten den Organisationsvorstand. Als Gründe werden Anfeindungen, Drohungen und berufliche Nachteile genannt. In der deutschen Presse wird über die Zukunft der "kopflosen" Anti-Islam-Bewegung diskutiert.

Die Pforzheimer Zeitung zeigt sich angesichts der Zerfallserscheinungen bei Pegida wenig verwundert: "Gegen den Islam, gegen die Politik, die Medien, die GEZ - ein Sammelsurium der Frustrierten trägt nicht über einen längeren Zeitraum. Durchaus denkbar also, dass Pegida schnell verschwindet." Was jedoch bleiben werde, so das Blatt weiter, "ist die Unzufriedenheit vieler Bürger". Die Gesellschaft werde lernen müssen, mit dem Frust und den Frustrierten umzugehen. Dazu brauche es vor allem eine gewisse Gelassenheit: "Gelassenheit, die berechtigt ist. Denn eines haben die vergangenen Wochen auch gezeigt: Deutschland ist eine reife Demokratie. Sie erträgt sogar Pegida. Und steht doch zu Zehntausenden dagegen auf."

"Die Anzeichen mehren sich, dass die Pegida-Bewegung ihren Zenit schon überschritten hat", schreibt die Landeszeitung und macht Streitereien in der Führungsriege verantwortlich: "Ihre Selbstauflösung begründet die Gründerriege zwar mit Bedrohungen und beruflichen Nachteilen. Allerdings wurden nach dem schmachvollen Abgang der Führungsfigur Lutz Bachmann tiefgreifende Differenzen innerhalb des Zirkels sichtbar." Mit Blick auf die weitere Entwicklung kommentiert das Blatt abschließend: "Ob es zu der angekündigten Neuaufstellung an der Spitze kommt, bleibt abzuwarten. Die geplante Pegida-Kundgebung am kommenden Montag in Dresden wurde jedenfalls schon mal abgesagt."

Die Süddeutsche Zeitung vermutet, dass die jüngsten Ereignisse zu einem Anhängerschwund bei gleichzeitiger Radikalisierung der Islamgegner führen werden: "Pegida ist, im Sinn des Wortes, kopflos. Viele der 'besorgten, ganz normalen Menschen', von Politikern jüngst mit Dialogangeboten verwöhnt, werden sich abwenden, erschreckt von den inneren Querelen. Übrig bleiben jene, die ihren Hass und ihre Fremdenfeindlichkeit ohnehin seit Jahren auf die Straße tragen."

Eine analoge These findet sich auch im Kommentar der Heilbronner Stimme wieder: "Dem Ansehen der Pegida versetzt die Krise einen herben Schlag. Schon bisher war die Bewegung wesentlich ein ostdeutsches Phänomen. Das wäre sie erst recht, wenn sie durch Legida dominiert würde. Am Ende wäre es ein geschrumpftes radikales Häufchen, isoliert und als Bürgerbewegung kaum ernst zu nehmen." Zudem gibt die Zeitung bezüglich der Medienberichterstattung zu bedenken: "In einer solchen Entwicklung sollten sich auch Journalisten kritisch fragen, ob sie weiter an der Überhöhung des Phänomens mitwirken und über jede Demo berichten wollen. Wichtigere Probleme gibt es allemal, auch im Osten."

"Politik beginnt mit Zuhören", kommentiert die Stuttgarter Zeitung und plädiert für einen Dialog mit den Anhängern der Pegida-Bewegung: "Volksvertreter können sich dieser lästigen Pflicht nicht entziehen. Das heißt nicht, dumpfe Parolen durch ein hochrangig besetztes Auditorium zu adeln. Dialoge beruhen auf dem rationalen Austausch von Argumenten. Sie sind nur möglich, wo sich keiner in einer hermetischen Denkwelt verschanzt, hinter Vorurteilen und Verschwörungstheorien."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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