Pressestimmen

Qualität in Krankenhäusern Reform "verspricht viel, hält aber wenig"

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Schlechte Krankenhäuser müssen mit Abschlägen rechnen, gute Kliniken dürfen sich über Zuschüsse freuen: Die Krankenhausstrukturreform von Gesundheitsminister Hermann Gröhe, die das Kabinett jetzt auf den parlamentarischen Weg bringt, setzt unter anderem auf mehr Qualität. Kann das alle Probleme lösen? Die Presse ist skeptisch.

"Immerhin gibt die Regierung zu, dass es bei der Qualität der stationären Behandlung hapert. Den Missstand allein den Ärzten, Klinikbetreibern und deren zu knapp bemessenem Pflegepersonal in die Schuhe zu schieben, wäre allerdings zu kurz gesprungen", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Und "mehr Geld" sei auch keine Antwort, "die Suche nach dessen besserer Verteilung aber eine Anstrengung wert. Denn in Deutschland werden zu viele der 2000 Kliniken am Leben gehalten, die besser geschlossen wären." Ein weiteres Problem: Die Länder halten "ihre Zusagen zur Finanzierung von Investitionen in Großgeräte und Gebäude seit Jahren nicht ein." Daran ändere auch das neue Gesetz nichts. Die Reform "verspricht deshalb viel, hält aber zu wenig".

"Abbau überflüssiger Betten, Belohnung für qualitativ gute Arbeit, weniger unnötige Operationen." Viele Vorschläge klängen besser, als sie seien, findet auch die Neue Osnabrücker Zeitung. Und "ob die Patienten von den Änderungen (…) tatsächlich profitieren werden, ist längst nicht sicher." Vor allem das Kernproblem der Unterfinanzierung löse die Reform nicht.

"Wer die Qualität der medizinischen Versorgung nachhaltig ändern und verbessern will, sollte nicht auf ein Bonus-/Malus-System in barer Münze setzen. Wer die Qualität wirklich verbessern will, muss die personelle Ausstattung in den Kliniken verändern", fordert die Frankenpost aus Hof und stellt fest: "Eine Pflegekraft für zehn Patienten auf der Station reicht nicht aus; Ärzte mit 36-Stunden-Schichten (...) sind vollkommen überfordert." Statt einen Effizienzwettbewerb zu starten, sollte das eingeplante Geld lieber für Personal verwendet werden. "Menschliche Wärme heilt allemal so wirkungsvoll wie moderne Apparate. Vielleicht sogar ein wenig besser."

Vielleicht aber gehe es Gröhe weniger um den Patienten als vielmehr darum, Überkapazitäten abzubauen, mutmaßt die Nürnberger Zeitung. "In Bayern etwa war 2014 jede zweite Klinik unrentabel. Vor diesem Hintergrund wäre eine Ranking-Liste natürlich ein zumindest auf den ersten Blick objektives Instrument, um Krankenhäuser zu schließen." Und da die Qualität einer Klinik vor allem davon abhänge, wie sie personell und finanziell aufgestellt sei, könne "die Politik von vornherein die Weichen stellen, welches Haus am Ende dicht gemacht wird."

"Mehr Geld für gute Kliniken. Das hört sich plausibel an". Der Reutlinger General-Anzeiger aber erinnert: "Im Gesundheitswesen gibt es nichts ohne Nebenwirkungen." Denn in diesem Fall müssten sich die Kliniken spezialisieren, um das Niveau zu halten. Die Krankenhäuser, die nicht mithalten könnten, müssten schließen. Für viele Patienten bedeute das: "Weitere Wege für bessere Qualität. Im Zweifelsfall ist das ein akzeptabler Kompromiss. Auch wenn sich dieser längst nicht so attraktiv anhört wie Gröhes Zauberformel."

Die  Südwest-Presse ist sich bei der Krankenhausreform nur in einem Punkt wirklich sicher: "Es wird teurer, und zwar zu Lasten der Beitragszahler". Wahrscheinlich könnten diese das sogar akzeptieren, wenn sie wüssten, dass die Versorgung besser werde. "Doch dies ist offen." Die Zeitung aus Ulm warnt vor Illusionen: "Ein Krankenhaussystem, mit dem alle zufrieden sind, gibt es nicht - es wäre unbezahlbar."

Zusammengestellt von Katja Sembritzki

Quelle: ntv.de

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