Pressestimmen

Wahl in Nordrhein-Westfalen "Röttgen ist ein einsamer Mann"

Das Duell scheint schon entschieden.

Das Duell scheint schon entschieden.

(Foto: dpa)

Hochspannung vor der wichtigsten Landtagswahl des Jahres: In Nordrhein-Westfalen kämpft SPD-Regierungschefin Kraft um eine rot-grüne Mehrheit. Die CDU unter Röttgen muss Verluste befürchten. Sein Intermezzo in NRW dürfte bald beendet sein, meint Christian Rothenberg von n-tv.de. Die FDP könnte ein Ausrufezeichen setzen, und die Piraten sind auf dem Sprung. Die Tageszeitungen ziehen Wahlkampf-Bilanz.

Die Landeszeitung aus Lüneburg schreibt: "Ausgerechnet die Minister Rösler und Röttgen müssen seit geraumer Zeit als glatte Ausfälle abgeschrieben werden. Bald vielleicht für immer, wie sich nach der NRW-Wahl herausstellen könnte. Rösler, FDP-Chef sozusagen auf Abruf, ist mehr beschäftigt mit sich selbst und dem Gegenwind aus den eigenen Reihen. Röttgen, der die CDU zurück an die Macht in NRW führen möchte, erweckt nicht so recht den Eindruck, das auch zu wollen. Die größte Dummheit mag der Versuch gewesen sein, die Kanzlerin in Mithaftung zu nehmen: Ein Votum gegen die CDU im Land wäre auch ein Votum gegen den Sparkurs Merkels für Europa. So eine Hinterhältigkeit merkt sich Merkel, da kann sich ein abgewatschter Spitzenkandidat, der wieder an ihrer Kabinettstür klopft, sicher sein."

Das Mindener Tageblatt sieht eine schwere Stunde für Kanzlerin Merkel kommen: "Steht die Wahlsiegerin so gut wie fest, so gilt das auch für den Verlierer des Urnengangs. CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen steht nach einem ziemlich verunglückten Wahlkampf bei keinem Umfrageinstitut als Favorit auf dem Wettzettel. Mit dazu beigetragen hat sicherlich, dass Röttgen von Anfang an nicht wirklich den Eindruck machte, einen Ministerpräsidentenjob in Düsseldorf spannender zu finden als die Berliner Arbeit an der Merkel-Nachfolge. Wie sehr das in NRW für ihre Partei erwartete Wahlergebnis der Kanzlerin die restliche Legislaturperiode verhageln wird, ist dagegen offen. Auch wenn die Opposition schon Endzeitstimmung zu verbreiten bemüht ist, sitzt Merkel bislang erstaunlich fest und gelassen im Sattel. Montag auch noch?"

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Die Hessische Allgemeine gibt eine Antwort: "Auch wenn es für die CDU eine krachende Niederlage setzen sollte, verändert sich doch in Wahrheit an den Realitäten kaum etwas: Die Mehrheit im Bundesrat hat Schwarz-Gelb schon lange verloren, Merkels Koalitionspartner bleibt ein labiler Kandidat. Aus dem Sattel heben kann sie derzeit niemand. Und die Kanzlerkandidaten der SPD müssen sich noch erheblich abstrampeln, um ihre Partei im Herbst 2013 vor der CDU/CSU platzieren zu können. Die Kanzlerin wiederum weiß um ihre Popularität. Deshalb, so darf vermutet werden, wird sie den Wahlabend gelassen verfolgen."

Die Westdeutsche Zeitung meint, die Union habe im Wahlkampf nicht überzeugen können: "Dem Wahlkampf fehlte das große Thema. Die Schlagworte klangen gewichtig - Schulden, Kinderbetreuung, Schule. Doch Spannung kam nur wenig auf. Der Opposition gelang es einfach nicht, die Regierung zu bedrängen. Natürlich ist die Haushaltspolitik der rot-grünen Landesregierung die Schwachstelle des Bündnisses, drücken sich doch Kraft und Löhrmann seit Amtsantritt vor jeder möglicherweise unpopulären Sparaktion. Doch die Versuche, NRW mit Griechenland gleichzusetzen, verfingen beim Wähler kaum - Schwarzmalerei kommt selten gut an."

Der Kölner Stadt-Anzeiger bilanziert: "Der Wahlkampf war ein kurzes, müdes Ringen. Man kann sagen: Glücklicherweise ein kurzes. Denn es ist kaum zu fassen, dass es im bevölkerungsreichsten Bundesland so wenig Themen für eine interessante politische Auseinandersetzung geben sollte. Im Kern ging es lediglich um die Haushaltspolitik. Letztlich konzentriert sich - neben persönlichen Vorlieben für eine politische Farbe - die Frage an die Wähler auf das Geld: Folgen sie dem als vorsorgende Haushaltspolitik bemäntelten rot-grünen Schuldenkurs oder der leider ziemlich unbestimmten Sparpolitik von FDP und CDU? Oder ist ihnen beides schnuppe und sie machen ihr Kreuz bei den Piraten?"

Der Westfälische Anzeiger meint: "Natürlich gibt es auch enttäuschte Erwartungen. Dass selbst - oder: vor allem - CDU-Mitglieder in dieser Hinsicht an Norbert Röttgen denken, ist auffallend. Der Bundesumweltminister hat keinen Zugang zu diesem Wahlkampf gefunden. Er verweigerte das klare Bekenntnis zum Land NRW. Seine Angriffe auf rot-grüne Schuldenpolitik, so berechtigt sie auch sind, wollten kaum zünden. Zum Schluss verprellte Röttgen auch noch die Kanzlerin. Der Wunsch, die NRW-Wahl zur Merkel-Wahl zu befördern, musste scheitern; ein Nicht-Sieg der Union ist immerhin so wahrscheinlich, dass die Kanzlerin das Risiko nie eingehen kann. Norbert Röttgen ist an diesem Wochenende ein ziemlich einsamer Mann."

Die Neue Presse sieht das ähnlich: "Holt Röttgen für die CDU wirklich nur knapp 30 Prozent, ist nicht nur sein Gastspiel in Düsseldorf beendet, sondern auch seine Machtstellung in der Union. An Merkels Kanzlerschaft ändert das wenig - sie wird ihre Politik geschmeidig anpassen und ist einen weiteren Konkurrenten losgeworden."

Das Westfalen-Blatt denkt weiter: " Erreicht Hannelore Kraft eine stabile Mehrheit für Rot-Grün, ist sie die Strahlefrau der SPD. Fürs Erste zumindest ständen die drei sozialdemokratischen Kanzlerkandidatenkandidaten im Schatten der 51-jährigen Kümmerin aus Mülheim, die in den vergangenen Wochen das Bild der warmherzigen Landesmutter wie keine Zweite kultiviert hat. Nicht ausgeschlossen auch, dass dann trotz ihrer Ablehnung abermals die Debatte darüber entbrennt, ob der beste Kandidat für das Duell mit Angela Merkel nicht doch eine Kandidatin ist - nämlich Hannelore Kraft selbst."

Quelle: ntv.de

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