Pressestimmen

Plan zur Abschaffung des Soli Schäuble "sollte sich schämen dafür"

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Schon länger schielen die Länder auf die nur dem Bund zustehenden Milliarden aus dem Soli. Jetzt kommt ihnen Finanzminister Wolfgang Schäuble entgegen. Er ist zu einer anderen Aufteilung bereit, pocht aber auf Gegenleistungen: Schäuble plant, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Die fehlenden Einnahmen sollen durch höhere Steuern aufgefangen werden. Doch was bedeutet das für die Bürger? Die Kommentatoren der deutschen Presse diskutieren.

"Der Solidaritätszuschlag soll einerseits abgeschafft werden, andererseits will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Steuern im selben Atemzug anheben: Das ist ein Nullsummenspiel - wenn überhaupt", konstatiert die Pforzheimer Zeitung. "Vermutlich dürfte Väterchen Staat unterm Strich sogar profitieren, angesichts zu erwartender steigender Einkommen und höherer Kapitalerträge. Wann, wenn nicht in Zeiten sprudelnder Steuerquellen, will die Politik eigentlich die Menschen steuerlich entlasten? Der Staat geriert sich stattdessen einmal mehr als raffgierig. So wird Politikverdrossenheit geschürt."

Die Hessische Niedersächsische Allgemeine aus Kassel schreibt: "Der nun kolportierte Plan - Soli weg, Steuern rauf - hat aus Sicht des Finanzministers einen gewissen Charme. Die Länder profitieren, weil sie einen Teil der Ertragsteuern einstreichen, der Bund behält den Rest. Dem Steuerzahler bleibt also der Trost, dass sein Geld fürs Gemeinwohl ausgegeben wird (...)".

In der Westdeutschen Zeitung aus Düsseldorf heißt es: "Der Soli ist zu einer bewährten Einnahmequelle des Bundes geworden, weil er längst eine getarnte Zusatzsteuer ist. Kein Finanzminister würde freiwillig auf diese frei verfügbaren Gelder verzichten. Dass Schäuble den Soli jetzt in Aufschläge auf die Ertragsteuern umwandeln will, zeigt nur ganz offen die Doppelmoral, die dieser Abgabe zugrunde liegt."

Der Münchner Merkur enthüllt Schäubles Plan als Mogelpackung: "Und wieder dreht der alte Fuchs Wolfgang Schäuble den Steuerzahlern eine lange Nase: Der Soli soll fallen - und im Gegenzug eine Ewigkeitsgarantie erhalten. So hatten die Bürger nicht mit ihrem Kassenwart gewettet. Tatsächlich zockt der Finanzminister gerade die Normalverdiener ab, dass es nur so eine Art hat: Sie müssen jetzt schon über fortgesetzte heimliche Steuererhöhungen - Stichwort kalte Progression - die Wahlgeschenke der GroKo finanzieren. Und weil der Soli Reiche stärker belastet als die breite Masse, geht dessen Abschaffung letztlich ebenfalls zu Lasten der Normalverdiener. Schließlich sind sie es, von denen sich Schäuble die Kohle zurückholt. Diese Politik ist asozial. Ja, Herr Schäuble, Sie sind ein Fuchs. Und Sie sollten sich schämen dafür".

Als konsequent erachtet der Nordkurier aus Neubrandenburg das Vorhaben des Finanzministers: "Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht: Solidarität gehört zu unschätzbar wertvollen Gütern. Wolfgang Schäubles Vorschlag, den Soli abzuschaffen, darf aber dennoch als grundehrlich und folgerichtig bezeichnet werden. Und das besitzt Seltenheitswert in der Politik, in der ansonsten die Fassade prächtig sein muss, alles aus blumigen, nichtssagenden Worthülsen besteht und jeder sein Fähnchen in den Wind hält. Deshalb weg mit dem Solidaritätszuschlag, der schon ewig nicht mehr den bedürftigen Gemeinden Ostdeutschlands zufließt. (...) Der Soli ist (...) seit langer Zeit eine Mogelpackung, ein Etikettenschwindel. Wolfgang Schäubles Aufräumaktion war allerhöchste Zeit".

Ein grundsätzlich "richtiger Schritt" ist die Abschaffung des Soli auch für die Wetzlarer Neue Zeitung. Zu denken gibt dem Kommentator des hessischen Blattes aber "die Art": "Denn die schwarz-rote Koalition nimmt dies nicht zum Anlass, die Steuerzahler zu entlasten. Sie hat bereits - wie bei der Rente mit 63 - so viele Geschenke an wenige Auserwählte verteilt, dass sie für eine Entlastung der breiten Masse keinen Spielraum mehr sieht. Dabei waren die Voraussetzungen für eine Steuersenkung nie so gut wie zurzeit. Seit Jahren sprudeln die Steuereinnahmen in unerwarteten Dimensionen".

Auch der Kölner Stadtanzeiger findet gute Gründe, um den Soli abzuschaffen: "Es ist ein Missverständnis zu glauben, der Solidaritätszuschlag fließe nur in die neuen Länder. Das Geld geht zunächst an den Bundesfinanzminister, der es zwar auch in den Solidarpakt II zugunsten Ostdeutschlands reinvestiert - doch zu einem immer geringeren Teil, der Rest fließt in den allgemeinen Haushalt. Allein um mit diesen Missverständnissen Schluss zu machen, wäre es gut, den Zuschlag in dieser Form abzuschaffen. Ein zweiter Grund ist ein sachlicher. Bei der Infrastruktur sind die neuen Länder den alten bisweilen voraus. So gesehen wäre es das Beste, man würde die Abgabe von 2020 an allen strukturschwachen Regionen zukommen lassen und den Solidaritätszuschlag zu diesem Zweck umbenennen, um Missverständnissen vorzubeugen".

Zusammengestellt von Susanne Niedorf

Quelle: ntv.de

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