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Bundessozialgericht urteilt Alte Erwerbsminderungsrenten müssen nicht sofort erhöht werden

Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten, kann Erwerbsminderungsrente beantragen.

Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten, kann Erwerbsminderungsrente beantragen.

(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Wer dauerhaft nicht mehr Arbeiten kann, hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente. Die jüngsten Änderungen bei der Berechnung, die zu höheren Bezügen führten, gelten aber nicht für Bestandsrentner. Ein Unding, sagten Sozialverbände und zogen vor Gericht.

Rund 1,8 Millionen Erwerbsminderungsrentner haben vorerst keinen Anspruch auf mehr Geld. Bei Erhöhungen durfte sich der Gesetzgeber zunächst auf neu beginnende Renten beschränken und die Bestandsrentner außen vor lassen, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied. Das Gleichbehandlungsgebot sei dadurch nicht verletzt. (Az: B 5 R 29/21 R)

Die Höhe der Erwerbsminderungsrenten hängt unter anderem vom Abstand zwischen dem tatsächlichen Rentenbeginn und dem Beginn der regulären Altersrente ab. Unter anderem wegen der Verschiebung des regulären Rentenalters sank die durchschnittliche Höhe von Erwerbsminderungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ab 2001 kontinuierlich.

Um dem entgegenzusteuern, passte der Gesetzgeber 2014, 2018 und 2019 die Berechnungsgrundlagen der Erwerbsminderungsrenten dem an und erweiterte die sogenannten Zurechnungszeiten. Die ersten beiden Änderungen gelten bislang allerdings nur für ab dem 1. Januar 2018 begonnene Renten, die dritte und stärkste Verbesserung nur für ab dem 1. Januar 2019 begonnene Renten. Erst ab Juli 2024 soll es auch für die Bestandsrentner pauschale Zuschläge geben.

Gesetzesänderungen bei Rente generell erst für die Zukunft wirksam

In zwei von den Sozialverbänden VdK und SoVD unterstützten Verfahren rügten die Kläger eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die Nachbesserungen müssten jeweils auch den Bestandsrentnern sofort zugutekommen. Wie schon die Vorinstanzen folgte das BSG dem nicht. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die bisherigen Rentenerhöhungen seien nicht erfüllt. Der Gesetzgeber habe auch "klar und deutlich" gewollt, dass diese für Bestandsrenten nicht gelten. Dies hatten auch die Sozialverbände zugestanden. Sie sahen dadurch aber den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt und forderten eine Vorlage beim Bundesverfassungsgericht.

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Auch dies lehnte das BSG zunächst im ersten der beiden Verfahren ab. Der Gesetzgeber habe die Bestandsrenten nicht gleichzeitig mit den neuen Renten erhöhen müssen. Er habe dies mit dem hohen finanziellen und organisatorischen Aufwand begründet. Dass dies zutreffe, "liegt auf der Hand", betonte das BSG.

Generell seien Gesetzesänderungen bei der Rente erst für die Zukunft wirksam. Das gelte nicht nur wie hier bei Verbesserungen, sondern auch für Verschlechterungen. Zur Mütterrente habe auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Bestandsrentnerinnen es hinnehmen müssen, dass ihre Renten erst nachträglich angepasst wurden. Die Sozialverbände wollen voraussichtlich dennoch das Bundesverfassungsgericht anrufen.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP

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