Sachsen Mehr freie Schulen in Sachsen - Sorgen wegen Lehrermangels
19.09.2025, 05:03 Uhr
Waldorfschule, Montessori und Co. sind gefragt – doch sinkende Schülerzahlen und der Kampf um junge Lehrer stellen sie vor neue Herausforderungen. Was das für Eltern und Lehrer bedeutet.
Dresden (dpa/sn) - In Sachsen ist die Zahl der freien Schulen weiter gestiegen. Wie aus einer Statistik des Kultusministeriums hervorgeht, gab es nach Angaben des Kultusministeriums im Schuljahr 2024/25 insgesamt 431 Schulen in freier Trägerschaft - und damit acht mehr als noch im Schuljahr zuvor. Dazu zählen sowohl allgemeinbildende Schulen als auch berufsbildende Schulen. Hinzugekommen ist in diesem Jahr das Freie Gymnasium am König-Albert-Stift Plauen, im vergangenen Jahr waren es unter anderem die Freie Schule Langenbernsdorf in Werdau, AHF Grund- und Oberschule in Markkleeberg sowie die Freie Grundschule Falkennest Wiesenena.
Siegfried Kost, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Schulen in freier Trägerschaft, nannte als Gründe für den Zulauf die pädagogische Vielfalt der freien Schulen, kleinere Klassen sowie alternative Lernkonzepte. An den beruflichen Schulen gebe es Ausbildungsgänge, die im staatlichen Bereich gar nicht mehr angeboten werden, so Kost. Viele Familien schätzten auch den engeren Draht zwischen Lehrern und Eltern.
Kleinere Klassen und alternative Lernkonzepte
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der freien Schulen stetig gestiegen: So waren es laut Kultusministerium vor zehn Jahren noch 380, Mitte der 90er Jahre gerade einmal 121. Aktuell lernen derzeit knapp 84.000 Jungen und Mädchen an einer freien Schule - unterrichtet von mehr als 8.000 Lehrerinnen und Lehrern.
Trotz des Zulaufs müssen sich aber auch freie Schulen angesichts eines erwarteten Rückgangs der Schülerzahlen stärker als bisher um Nachwuchs bemühen. Das sei in der Vergangenheit bisher nicht der Fall gewesen, "um nicht zu viele Bewerber ablehnen zu müssen", so Kost.
Holger Kehler, Geschäftsführer der Freien Waldorfschule Dresden, rechnet damit, dass der demografische Knick in spätestens zwei oder drei Jahren an den Schulen ankommt. Die Anmeldezahlen an den Kindergärten lieferten bereits heute klare Hinweise. Um gegenzusteuern, hat die Waldorfschule Anfang September - erstmals seit fast 25 Jahren - einen Tag der offenen Tür veranstaltet. "Direkt im Nachgang konnten wir knapp 20 neue Anmeldungen für die kommenden ersten Klassen und weitere 20 für Quereinstiege registrieren", berichtet Kehler.
Mehr internationale Schüler durch Chipindustrie?
Zudem bietet die Schule auch "Deutsch als Zweitsprache" an. Mit Blick auf internationale Zuzüge aufgrund der Expansion der Chipindustrie in Dresden könne auch dies ein Baustein für beständige Schülerzahlen sein, so Kehler.
An der "Schkola", einem freier Schulträger, zu dem sechs Häuser im Dreiländereck von Deutschland, Tschechien und Polen gehören, ist der Zulauf ungebrochen. "Die sinkenden Schülerzahlen spüren wir bisher nicht", sagt Geschäftsführerin Ute Wunderlich. So werden etwa in Hartau pro Schuljahr 22 bis 24 Kinder in der ersten Klasse aufgenommen - Anmeldungen gibt es für bis zu 80 Kinder. Das Konzept: Selbstbestimmtes Lernen in altersgemischten Gruppen, selbst gekochte Mahlzeiten und Fremdsprachen der Nachbarländer. Von der 1. Klasse an stehen Polnisch oder Tschechisch auf dem Stundenplan.
Auch die Montessori-Schule in Chemnitz ist eigenen Angaben zufolge "voll besetzt." Die Anmeldungen bisher reichten aus, so eine Sprecherin des Montessori Vereins. "Auffällig ist aber, dass die Absagen, die wir an interessierte Eltern verschicken müssen, in den vergangenen Jahren weniger geworden sind."
Siegfried Kost von der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Schulen in freier Trägerschaft geht davon aus, dass von sinkenden Schülerzahlen vor allem Schulen auf dem Land betroffen sein werden. Gerade freie Schulen könnten aber schneller reagieren und etwa Klassen jahrgangsgemischt zusammenlegen. "Welche Auswirkungen das am Ende haben wird, ist schwer vorauszusagen", sagte Kost.
Das größte Problem sei aber die Gewinnung neuer Lehrkräfte für die freien Schulen. Mit der Möglichkeit der Verbeamtung an den öffentlichen Einrichtungen seien zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer gewechselt. Auch junge, ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer zu bekommen, sei schwierig. Gerade die junge Generation ziehe die Sicherheit des öffentlichen Dienstes und des Beamtenstatus vor. "Da ist keine Lösung in Sicht", beklagte Kost.
Quelle: dpa