Ex-Schalker beichtet Eskapaden Boateng: "Ich war jede Nacht feiern"
08.02.2017, 11:30 Uhr
Seit vergangenem Sommer spielt Kevin-Prince Boateng bei UD Las Palmas.
(Foto: imago/Marca)
Er war jung, er hatte das Geld: Und er nutzte es für ausufernde Partys. Kevin-Prince Boateng hätte mehr aus seiner Karriere machen können, sagt er heute selbst. Wären da nicht Einsamkeit, falsche Freunde und viel Alkohol gewesen.
Irgendwann ist Kevin-Prince Boateng aufgewacht. Aufgewacht aus einem Alltag voller Partys, durchzechter Nächte und Junk-Food. Im Spiegel blickte ihm ein Mann entgegen, der alt aussah. Und dick. Dabei war der Mann im Spiegel gerade mal 20 Jahre jung und Fußball-Profi. Zumindest auf dem Papier. In der Realität war er auf die Ersatzbank abgeschoben.
Von 2005 bis 2007 machte sich der gebürtige Berliner und ältere Bruder von Nationalspieler Jerome Boateng so langsam einen Namen als Mittelfeldspieler, schaffte den Durchbruch bei Hertha BSC. Es kamen erste Angebote, auch aus dem Ausland. Das große Geld lockte ihn schließlich zu Tottenham Hotspur. Träume von der großen Karriere, dem Stammplatz in der Startelf begleiteten seinen Weg.
Doch es kam anders. Boatengs neuer Trainer, Martin Jol, ließ ihn schnell wissen, dass er nicht mit ihm plant. "Du willst mich nicht? Dann genieße ich das Leben", erklärt er heute seine Reaktion in einem Interview mit dem englischen "Guardian".
"Ich war jede Nacht feiern bis sechs Uhr. Ich wog etwa 95 Kilo, dick vom Trinken und schlechten Essen", erklärte der heute 29-Jährige gegenüber der englischen Zeitung. "Jetzt weiß ich, wie schlimm das war. Sechs Tage die Woche in Nachtclubs, trinken, fast ein Jahr lang", blickt Boateng zurück. "Ich war erst 20, da denkst du nicht daran, dass etwas schiefgehen könnte."
Außerdem sei er total allein gewesen. Weit weg von Zuhause, von der Familie, von allen Freunden, auch seine Ex-Frau verließ ihn in dieser glücklosen Zeit. Falsche Freunde hätten es nur noch schlimmer gemacht: "Ich hatte keine echten Freunde, die gesagt hätten: Geh trainieren! Meine haben gesagt: Lass uns ausgehen." Glück sei für ihn käuflich gewesen. Geld spielte schließlich keine Rolle. "Ich konnte nicht Fußball spielen, also habe ich mir einen Lamborghini gekauft. Für eine Woche bist du dann glücklich, danach benutzt du ihn nicht mal mehr", musste er schnell feststellen. "Ich habe noch ein Foto: Drei Autos, Villa, ich stehe da wie 50 Cent (Anm. d. Red.: der Rapper). Manchmal schaue ich es mir an und denke: 'Schau, wie dumm du warst.'"
"Ich bin Fußballer"
Das Erwachen kam mit dem Blick in den Spiegel. "Nein, das bin nicht ich. Ich will das nicht sein. Ich bin Fußballer." Er habe dann Freunde angerufen, echte Freunde, zusammen haben sie den Kühlschrank und das Haus aufgeräumt. Eine radikale Lebensveränderung nahm seinen Anfang: Kein Alkohol, keine Partys. Er begann selbst zu kochen, wollte sich gesund ernähren. "Hätte ich langsam begonnen, hätte ich es vielleicht nicht geschafft. Ich brauchte den sauberen Schnitt."
Anfang 2009 wechselte er auf Leihbasis zu Borussia Dortmund und verließ so seinen persönlichen Schreckensort. In Trainer Jürgen Klopp fand er jemanden, der sich für ihn persönlich interessierte. Ein wichtiges Gefühl, für den offenbar stark verunsicherten Boateng. "Er ist der beste Trainer der Welt. Er weiß, wann er dich pushen und wann er dich trösten muss. Er weiß, wann du einen Drink verträgst und wann du Wasser brauchst." Auch wenn sein Stopp in Dortmund nicht von langer Dauer war, die Ausleihe hat sein Leben in vernünftige Bahnen gelenkt und ihn von einem dicken, alten Mann wieder zu einem Fußballer gemacht.
Quelle: ntv.de, ara