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EM-Gegner hat das Sieger-Gen Dänen-Vulkan lässt die "Bad Boys" zittern

Neben der dänischen Handball-Nationalmannschaft trainiert Jacobsen auch die Rhein-Neckar Löwen.

Neben der dänischen Handball-Nationalmannschaft trainiert Jacobsen auch die Rhein-Neckar Löwen.

(Foto: REUTERS)

Vor Nicolaj Jacobsens Wutausbrüchen ist niemand gefeit: Selbst gestandene Topstars wie Mikkel Hansen faltet Dänemarks Handball-Nationaltrainer unbeeindruckt zusammen. Er ist damit höchst erfolgreich - vor dem EM-Duell sind die "Bad Boys" gewarnt.

So etwas hatte Mikkel Hansen noch nicht erlebt, so etwas hatte bislang kein Trainer eines der größten Weltstars des Handballs gewagt. Mit hochrotem Kopf stand Nikolaj Jacobsen in diesen Tagen vor dem dänischen Topstar und brüllte ihm seine Wut ins Gesicht. Der Trainer der dänischen Handballer ist für seine cholerischen Ausbrüche auf dem Feld bekannt, doch das hindert ihn nicht daran, erfolgreich zu sein. In der Bundesliga ist er mit den Rhein-Neckar Löwen auf dem Weg, zum dritten Mal hintereinander Meister zu werden - mit der Nationalmannschaft will der Däne ebenfalls Titel gewinnen und deshalb bei der Europameisterschaft heute Abend (18.15 Uhr/ARD und im Liveticker bei n-tv.de) Deutschland schlagen.

Auch PSG-Star Mikkel Hansen ist vor den Wut-Attacken seines Trainers nicht gefeit.

Auch PSG-Star Mikkel Hansen ist vor den Wut-Attacken seines Trainers nicht gefeit.

(Foto: imago/Pixsell)

Wer Spieler wie Hansen, der im linken Rückraum bei Paris Saint-Germain spielt, ganz offen so angeht, wer den Konflikt mit ihnen sucht, geht ein hohes Risiko ein. Die Wutausbrüche könnten das Verhältnis zwischen dem Handballlehrer und seinem Personal auf dem Feld belasten, sie könnten es sogar zerstören. Sie tun es aber nicht und das hat zwei Gründe: Einerseits schafft es Jacobsen wie kein Zweiter, zwischen seiner Rolle als Trainer und als Mensch zu unterscheiden. Unmittelbar nach dem Ende einer Begegnung ist der dreifache Familienvater ein ausgeglichener, lustiger und freundlicher Zeitgenosse. "Nikolaj kann im Spiel durchdrehen, aber zwei Minuten danach nimmt er dich in den Arm", berichtete Patrick Groetzki. Der Rechtsaußen der Rhein-Neckar Löwen kann sicher sein, heute nicht der Adressat seiner Zornausbrüche zu werden, denn er hat das deutsche Trikot an. "Er ist überhaupt nicht nachtragend", sagte der deutsche Kreisläufer Hendrik Pekeler, ebenfalls ein Löwe.

Klausel im Vertrag der Löwen

Andererseits überzeugt Jacobsen seine Mannschaften mit seiner unbändigen Gier auf den Sieg. "In den 60 Minuten eines Matches gebe ich alles, wirklich alles, um zu gewinnen", sagt Jacobsen. Wenn einer seiner Spieler taktische Vorgaben nicht umsetzt, wird der Däne sauer. Jacobsen ist beileibe kein schlechter Verlierer, aber die Lust aufs Gewinnen überstrahlt alles. "Wenn du dieses Gefühl einmal erlebt hast, einen Pokal oder eine Schale zu gewinnen, dann möchtest du das wieder haben. Immer wieder", sagte Jacobsen. Er weiß, dass seine Wutausbrüche ihn nicht immer gut aussehen lassen, andererseits machen sie ihn authentisch.

Der Erfolg gibt dem Dänen Recht und deshalb betreut er seit dem vergangenen März, praktisch zeitgleich mit der Inthronisierung von Christian Prokop, neben den Löwen aus Mannheim auch die dänische Nationalmannschaft. Beim Deutschen Meister ließ er sich eine Klausel in den Vertrag schreiben, der ihm zusicherte, Coach seines Heimatlandes werden zu dürfen, sollte es eine Anfrage geben.

Wie Prokop absolviert Jacobsen in Kroatien sein erstes Turnier, auch der Däne muss große Erwartungen erfüllen und - eine dritte Parallele - auch in Dänemark ist die Öffentlichkeit kritisch. "Die Medienleute kriegst du nicht in den Griff", sagte Jacobsen im Bauch der Arena in Varazdin und lachte dabei. Jahrelang war er im dänischen Fernsehen als TV-Experte im Einsatz und urteilte über die Arbeit des Trainers, jetzt urteilen TV-Experten über ihn. Nicht zuletzt die Partie gegen Deutschland, dieses reizvolle Duell der Nachbarn, wird darüber entscheiden, ob Jacobsen positiv abschneidet.

Jacobsen greift zu ungewöhnlichen Mitteln

Für die Deutschen und Prokop ist Jacobsen eine Gefahr. "Er ist der kreativste Trainer bei diesem Turnier", sagt Prokop über seinen Kollegen, der eine Auswahl an Weltklassespielern - und die ist das dänische Team ohne Frage - noch besser machen kann. Jacobsen ist innovativ und mutig - in dieser Kombination ist das eine gefährliche Mischung für den Gegner. Oft überrascht Jacobsen gerade in Topspielen mit gewagten taktischen Manövern wie einer zeitweiligen Manndeckung über das gesamte Feld. Das Spiel mit sieben Feldspielern hat der Däne im Klub perfektioniert.

Bei den Rhein-Neckar Löwen ist er auf dem Weg, eine Ära zu manifestieren, denn die dritte Meisterschaft hintereinander wäre genau das. Mit dem Dänen überwanden die Löwen 2016 die lähmende Zeit ohne großen Titel, Jacobsen machte aus dem "ewigen Zweiten" ein Team aus Gewinnern, er pflanzte ihnen das Sieger-Gen ein. 2017 verteidigten die Mannheimer die Meisterschaft und liegen in dieser Spielzeit erneut auf dem ersten Platz.

Von den kritischen Debatten um seinen deutschen Kollegen hat Jacobsen gehört, verfolgt hat er sie nicht. Dazu fehlt ihm schlicht die Zeit. Im engen Turnierrhythmus ist er ganz darauf konzentriert, sich auf das nächste Spiel zu fokussieren. Ob er schon einen Plan für das Aufeinandertreffen mit den Deutschen hat? "Ja, den habe ich", sagt der dänische Nationaltrainer. Wenn seine Spieler den gut umsetzen, muss sich Jacobsen nicht aufregen. Mikkel Hansen würde es sicher freuen.

Quelle: ntv.de

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