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Terror trübt Final-Vorfreude Das plötzlich reduzierte "Giganten-Duell"

Die Fußballer von Manchester United sind angesichts des Anschlags in ihrer Heimat emotional schwer belastet.

Die Fußballer von Manchester United sind angesichts des Anschlags in ihrer Heimat emotional schwer belastet.

(Foto: imago/PA Images)

Ein historisches Endspiel in der Fußball-Europa-League steht bevor - doch der Anschlag von Manchester stellt alles in den Hintergrund. Doch trotz des Schocks muss sich das ManUnited-Team überwinden, um dem eigenen sportlichen Anspruch gerecht zu werden.

Tief betroffen standen die Stars von Manchester United auf ihrem Trainingsplatz und schwiegen. Das Abschlusstraining vor dem Europa-League-Endspiel gegen Ajax Amsterdam (20.45 Uhr bei Sport1 und im n-tv.de-Liveticker) geriet am Dienstag zu einer Demonstration der Solidarität und des Mitgefühls mit den Opfern des Terroranschlags auf ein Pop-Konzert in der englischen Stadt. "Bleib stark, Manchester!", schrieb United-Spieler Henrich Mchitarjan via Twitter. Und sein Trainer José Mourinho sagte: "Wir sind alle sehr traurig und können die Opfer und ihre Familien nicht aus unseren Gedanken und unseren Herzen streichen. Aber wir haben einen Job zu erledigen und fliegen nach Schweden, um das zu tun. Auch wenn wir das nicht mit der Freude tun können, die wir sonst immer vor großen Spielen haben."

Die Frage, die sich nun - erst recht nach den jüngsten Erfahrungen des Anschlags auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund am 11. April - stellt, ist Folgende: Wie kriegen die Spieler von ManUnited die schrecklichen Ereignisse in der kurzen Zeit zwischen Anschlag und Anpfiff aus dem Kopf. Schließlich wurde das Konzert der jungen US-Sängerin Ariana Grande auch von zahlreichen Fans, Klub-Angestellten und Kindern von Partner-Schulen der Manchester United Stiftung besucht.

Ajax gegen United in Stockholm - das war noch bis zu dem Bombenanschlag in der Nacht zu Dienstag das vielleicht namhafteste und geschichtsträchtigste Finale in der Historie der Europa League. Ein sechsfacher Europapokalsieger (Ajax) spielt gegen einen vierfachen (United). "Zwei Giganten prallen aufeinander", schrieb die Uefa auf ihrer Internetseite voller Stolz. Doch nach den 22 Todesopfern und 59 Verletzten in der Manchester Arena wird auch der Fußball erneut vom Terror überschattet. Denn die Mannschaft von United flog am Dienstag aus einer Stadt, die unter Schock steht, in eine Stadt, die erst vor anderthalb Monaten einen Anschlag erlebte.

"Form des Anschlags in Planung eingerechnet worden"

Im Endspielort Stockholm raste am 7. April ein Lastwagen in die Fußgängerzone und riss fünf Menschen in den Tod. Immerhin: Die Sicherheitsvorkehrungen in der schwedischen Hauptstadt müssen am Finaltag nicht mehr groß erhöht werden. Sie seien allein schon in der Folge des 7. April besonders hoch, teilte die Uefa mit. "Eine solche Form des Anschlags ist immer in unsere Planung und Vorbereitungen dieses Events mit eingerechnet worden", sagte Polizeisprecher Lars Bystrom. Nach einem Bericht des "Mirror" soll vor dem Spiel noch ein zusätzlicher Ring an Absperrungen um das Stadion aufgebaut werden, damit die Zuschauer besser kontrolliert werden können.

Unterdessen wurden die Sicherheitsmaßnahmen für das geplante Public Viewing zum Endspiel auf der Museumplein in Amsterdam angepasst. Das teilte ein Sprecher von Bürgermeister Eberhard van der Laan mit. Die Stadtverwaltung rief die Fans allerdings zur Wachsamkeit auf. Bis zu 100.000 Menschen können sich die Übertragung des Spiels auf der Festwiese vor dem Rijksmuseum ansehen. Sollte Ajax den Pokal gewinnen, soll es auf dem Museumplein am Donnerstag auch eine öffentliche Ehrung geben. Dort werden sogar bis zu 150.000 Fans erwartet. Bei beiden Veranstaltungen wird ein Gedenkmoment zur Erinnerung an die Opfer des Anschlags in Manchester stattfinden.

ManUnited kämpft um Champions League und Argumente

Ajax spielt zum ersten Mal seit 21 Jahren wieder um einen internationalen Titel. Und dennoch ist das Finale für Manchester sportlich ungleich wichtiger. Der englische Rekordmeister leistet sich einen der bekanntesten Trainer (José Mourinho) und den teuersten Spieler (Paul Pogba) der Welt, wurde in der Premier League trotzdem nur Sechster. Der Gewinn der Europa League ist die letzte Chance, um doch noch die Champions League zu erreichen und sich dadurch für weitere Stars wie Antoine Griezmann (Atlético Madrid) attraktiv zu machen.  "Dieses Spiel ist eine Chance, wieder eine europäische Trophäe zu gewinnen, in die Champions League zurückzukehren und diese Saison auf eine perfekte Weise zu beenden", sagte Mourinho. Noch zu Beginn dieser Europa-League-Saison hatte der Portugiese ganz anders geklungen: "Das ist kein Wettbewerb, den Manchester United will. Und das ist kein Wettbewerb, den ich will", tönte er da.

Ajax sprach den Engländern am Dienstag ebenfalls sein Mitgefühl aus. "Es ist schrecklich, was da gestern Nacht passiert ist. Es liegt ein Schatten über diesem Spiel", sagte Trainer Peter Bosz. Bei aller Solidarität, die da zum Ausdruck kommt, und aller Tradition, die diese beiden großen Namen des europäischen Fußballs verbindet: Ajax gegen United ist ein Duell der Gegensätze. Während Manchester allein vor dieser Saison insgesamt 185 Millionen Euro für Spieler wie Pogba (Juventus Turin) und Mchitarjan (Borussia Dortmund) ausgab, bleiben die Niederländer ihrer Philosophie schon seit Jahrzehnten treu: Dieser Verein kauft keine teuren Stars, er bildet sie selbst aus.

Als der Uefa-Cup-Sieger von 1992 im Halbfinale den Geheimfavoriten Olympique Lyon mit 4:1 schlug, waren sieben von elf Spielern der Startformation erst 21 Jahre oder jünger. "Manchester hat das größere Budget und die größere Erfahrung", sagte Bosz, der 1998 für Hansa Rostock spielte und jetzt in Heiko Westermann und Amin Younes noch zwei weitere ehemalige Bundesliga-Profis in seinem Aufgebot hat. "Aber auch wir haben ein gutes Team. Wir werden nur eine Chance haben, Manchester United zu schlagen, wenn wir unser Spiel und den typischen Ajax-Stil spielen."

Quelle: ntv.de, teb/dpa/sid

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