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Gedopt zum Tour-Titel? Ex-Radstar Wiggins beklagt "Hexenjagd"

Vom gefeierten Helden zum gefallenen Helden: Bradley Wiggins.

Vom gefeierten Helden zum gefallenen Helden: Bradley Wiggins.

(Foto: AP)

Das Radsport-Team Sky hat medizinische Ausnahmeregeln zum Dopen missbraucht, konstatiert ein britischer Parlamentsbericht. Falsch, beteuert Ex-Tour-Sieger Bradley Wiggins. Er fühlt sich zu unrecht verfolgt. Ein Ex-Profi fordert harte Konsequenzen.

Großbritanniens Radsport-Idol Bradley Wiggins fühlt sich verfolgt und unschuldig an den Pranger gestellt. Die Anschuldigungen eines Sonderausschusses des britischen Parlaments bezeichnete der frühere Gesamtsieger der Tour de France als "Hexenjagd". "Ich hätte mehr Rechte gehabt, wenn ich jemanden umgebracht hätte, als in diesem Prozess. Ich weiß nicht, welche Motivation dahintersteckt", sagte Wiggins der BBC auch in Bezug auf den anonymen Informanten, auf den sich die Untersuchung des Digital, Culture, Media and Sport Commitee unter anderem bezieht.

Laut des Parlamentsberichts hat das Team Sky medizinische Ausnahmegenehmigungen (TUEs) missbraucht, um mit Wiggins an der Spitze die Frankreich-Rundfahrt 2012 zu gewinnen. Er habe damit zwar nicht gegen die Anti-Doping-Regeln, aber gegen die ethischen Prinzipien verstoßen. Der 37-Jährige beteuerte im TV-Interview: "Zu keinem Zeitpunkt meiner Karriere haben wir die ethische Grenze überschritten. Ich weise zu 100 Prozent zurück, dass ich je betrogen habe. Die Anschuldigungen sind böswillig, jemand will mich beschmutzen."

"Absicht, das ist der Schlüssel"

Wiggins bestritt nicht, das Kortikoid Triamcinolon vor der Tour 2011, der Tour 2012 und dem Giro d'Italia 2013 eingenommen zu haben. Er wies aber Passagen aus dem Bericht zurück, wonach er das Mittel neunmal innerhalb von vier Jahren benutzt habe. Triamcinolon kann dazu verwendet werden, Allergien oder eine Asthmaerkrankung zu behandeln. "Es war medizinisch absolut notwendig, und diese ganze Sache ist ein komplettes Durcheinander aus Anspielungen und Gerüchten", verteidigte sich Wiggins. Sollte die Einnahme des Kortikoids einen leistungssteigernden Effekt gehabt haben, sei dies unabsichtlich erfolgt: "Absicht, das ist der Schlüssel. War da eine Leistungssteigerung? Das kann gut sein, aber so waren die Regeln zu der Zeit", sagte er.

Der erfolgreichste britische Olympionike der Geschichte klagte auch über die Auswirkungen der Vorwürfe auf sein Privatleben. Seine Kinder müssten in der Schule viel durchmachen, es sei "schrecklich, das mit anzusehen. Der weitreichende Effekt, den das auf meine Familie hat, ist einfach der Horror. Ich muss mit den Kindern die Scherben einsammeln - ich wünsche das keinem", sagte Wiggins, der erneut von einer "Hölle auf Erden" sprach.

Der Rennstall steht wegen des ungeklärten Dopingfalls ihres Topfahrers Christopher Froome ohnehin schon heftig in der Kritik. Der Parlamentsbericht wird in britischen Medien als mögliches "Todesurteil" für das Team Sky gewertet. Auch Ex-Radprofi Floyd Landis rechnet im Zuge der Vorwürfe mit einem baldigen Aus für den Rennstall Sky. "Das muss das Ende sein für das Team. Ich bin zu hundert Prozent sicher, dass es bei der Tour de France dieses Jahr kein Team Sky geben wird", sagte der geständige Doper und Kronzeuge im Fall Lance Armstrong dem Internetportal cyclingnews.com.

"Alles Epo der Welt hätte ihm nicht über die Berge geholfen"

Landis hatte die Tour de France 2006 gewonnen, war aber danach des Dopings überführt worden. Sein Gesamtsieg wurde annulliert. Seit 2016 vertreibt der Amerikaner in Denver/Colorado Cannabis-Produkte. In Bezug auf den wegen der erhobenen Vorwürfe unter enormen Druck geratenen Bradley Wiggins forderte der 42-Jährige dieselben Konsequenzen für den Tour-Sieger von 2012, die einst ihn trafen. "Wiggins sollte seinen Titel verlieren", sagte Landis.

Er erklärte, die Nutzung des Kortikoids Triamcinolon sei aus seiner Sicht trotz der zuvor erteilten medizinischen Ausnahmegenehmigungen ein Dopingvergehen - anders als im britischen Report geschlussfolgert. "Für einen Kerl wie Wiggins, der zu schwer war und kein Kletterer, wären Kortikoide genauso von Vorteil wie Steroide, Epo und Blutdoping, weil, wenn er es nicht genommen hätte, wäre er nie so dünn geworden, alles Epo der Welt hätte ihm nicht über die Berge geholfen."

Wiggins solle auspacken und die Wahrheit sagen, dass die ganze Anti-Doping-Sache eine Farce sei. "Das ist es, was die Leute lernen sollten, nicht nur mit dem Finger auf Wiggins zu zeigen", sagte Landis. Das gesamte System sei ein Schwindel.

Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa

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