Basketball-WM im Favoriten-Check Fünf Teams wollen USA vom Thron stoßen
31.08.2019, 08:10 Uhr
NBA-MVP Giannis Antetokounmpo will mit Griechenland die USA ärgern.
(Foto: imago images / Xinhua)
Eine so spannende WM hat die Basketball-Welt lange nicht erlebt, denn: von Dream Team keine Spur. Der Top-Favorit aus den USA reist ohne seine besten Spieler an und schwächelt erstmals in der Vorbereitung. Fünf Teams gespickt mit NBA-Stars wollen die Möglichkeit beim Schopf ergreifen.
Die Zeiten des US-Dream-Team sind vorbei. Das gilt zumindest für diese Basketball-Weltmeisterschaft in China, die an diesem Samstag beginnt und mit dem Finale am 15. September endet. Der Rest der Welt will den Three-Peat, also drei Titel in Folge, der Vereinigten Staaten verhindern. Das hat in der 69-jährigen Geschichte der Fiba-WM noch kein Team geschafft. Selten standen die Chancen besser. Auch weil der nicht-amerikanische Basketball auf dem Vormarsch ist. Schaut man sich die NBA-Statistiken für alle WM-Spieler an, dann sind der letztjährige Top-Scorer, die drei besten in der Kategorie Assists und die sieben besten Rebounder allesamt keine US-Amerikaner.
Aushilfs- statt Dream-Team. Der Kader der USA ist natürlich immer noch gespickt mit NBA-Spielern der Extraklasse, aber die ganz großen Namen sagten ab. Kein LeBron James, kein Kawhi Leonard, kein Stephen Curry, kein James Harden. Kevin Durant fehlt verletzt. Der einzige Spieler im Kader, der nach der vergangenen Saison in ein All-NBA-Team gewählt wurde, ist Kemba Walker, Neuzugang der Boston Celtics. Neben Walker dürften vor allem Teamkollege Jayson Tatum, Donovan Mitchell von den Utah Jazz und Khris Middleton von den Milwaukee Bucks für Furore und viele Punkte sorgen.
Die USA sind nicht mehr unschlagbar. So verloren die US-Boys in der Vorbereitung gegen Australien - es war ihre erste Niederlage nach 78 gewonnenen Länderspielen und seit knapp 13 Jahren. Coach Gregg Popovich sagt: "Es gibt viele Titelanwärter da draußen." Natürlich sind die USA der Top-Favorit auf den Titel. Diese Nationalteams haben aber eine realistische Chance, die Amerikaner zu stürzen:
1. Serbien
Was ist wichtig?
Auf Platz eins im aktuellen Powerranking des Weltverbandes thronen die Serben. Sie verfügen über einen der breitesten und talentiertesten Kader in ihrer Geschichte und gelten als ärgster Herausforderer der USA - obwohl die Top-Spieler Milos Teodosic (bis 2019 Los Angeles Clippers, jetzt Bologna) und Dragan Milosavljevic (Unicaja Málaga) verletzt ausfallen. In Griechenland schaffte Serbien in der Vorbereitung einen Achtungserfolg, als es vor ausverkauftem Haus NBA-MVP Giannis Antetokounmpo und Co. ohne den eigenen Superstar Nikola Jokic besiegte. Auch in allen neun weiteren Begegnungen vor der WM blieben die Serben ohne Niederlage - als einziges Team weltweit.
Wer sind die Stars?
NBA-Center Jokic von den Denver Nuggets, Spitzname "Joker". Der 24-Jährige gilt als einer der weltbesten Big Men, besonders wegen seines herausragenden Passspiels. Er sammelte in der Saison 2018/19 20,1 Punkte, 10,8 Rebounds und 7,3 Assists pro Spiel und wurde in das All-NBA First Team gewählt. Auch Bogdan Bogdanovic und Nemanja Bjelica (beide Sacramento Kings) gehören zu den Top-Stars Europas.
Was ist möglich?
"Wir fahren nach China, um eine Medaille zu holen", sagte Jokic selbstbewusst. Serbien holte bei der WM 2014, bei Olympia 2016 und bei der EM 2017 jeweils Silber. Jetzt will das Team Gold. Coach Sasa Djordjevic schickte auch gleich mal eine Kampfansage in Richtung Team USA: "Falls wir gegeneinander spielen, möge Gott ihnen helfen." Die beiden Mannschaften können frühestens im Halbfinale aufeinandertreffen.
2. Griechenland
Was ist wichtig?
Erfahrung, Talent, Tiefe: Griechenland ist so gut besetzt wie nie zuvor. Das Ziel: Zum zweiten Mal nach 2006 ins WM-Finale einziehen. Besonders defensiv überzeugten die Hellenen in der Vorbereitung, die auch im Gegenstoß nach Ballverlust des Gegners zu den besten der Welt gehören.
Wer sind die Stars?
DER Star dieses Turniers: Giannis Antetokounmpo, "The Greek Freak" von den Milwaukee Bucks. Er gilt als einer der besten Basketballer der Welt und gewann die MVP-Trophäe für den besten Spieler der NBA-Saison 2018/19 nach einem phänomenalen Jahr. Den Titel würde er aber sofort gegen eine Goldmedaille eintauschen, ließ er kürzlich verlauten.
Was ist möglich?
Wenn der "Freak" zu Höchstform aufläuft, kann ihn niemand in diesem Universum stoppen. Zumindest nicht alleine. Wird er gedoppelt, passt er in der NBA zu seinen Scharfschützen hinter der Dreierlinie. Die hat er bei Griechenland allerdings nicht, das Team trifft von draußen mehr schlecht als recht. Aber: Mit Giannis ist alles möglich, mit etwas Glück auch das WM-Finale.
3. Spanien
Was ist wichtig?
Mit Sergio Rodriguez (ZSKA Moskau), Nikola Mirotic (Barcelona, vorher Milwaukee) and Pau Gasol (Portland Trail Blaizers) verpassen drei Top-Stars die WM. Aber der Kader der Spanier ist so gut besetzt, dass er das locker ausgleichen kann. Die Hernangomez-Brüder (Guillermo von den Charlotte Hornets und Juancho von den Denver Nuggets), Pau Ribas (Barcelona) oder Quino Colom (Valencia) können alle offensiv wie defensiv den Unterschied machen.
Wer sind die Stars?
Spanien hat gleich eine Vielzahl an Top-Spielern. Ricky Rubio (Phoenix Suns), Marc Gasol (Toronto Raptors), Sergio Llull und Rudy Fernandez (beide Real Madrid) führen die Nationalmannschaft an. Besonders Gasol, der sich im Juni in der NBA seinen Titeltraum erfüllen konnte, wird voran gehen und unter dem Korb offensiv wie defensiv viele Aktionen haben.
Was ist möglich?
Zwar verlor es in der Vorbereitung gegen starke US-Amerikaner, aber trotzdem will das Team um Trainer Sergio Scariolo zum ersten Mal seit 2006 ins Finale zurückkehren, als die Iberer mit der Goldmedaille aus Japan nach Hause flogen. Der asiatische Kontinent ist also ein gutes Omen für die Mannschaft, die dank der Breite ihres Kaders an einem guten Tag auch die USA und Serbien schlagen kann.
4. Australien
Was ist wichtig?
Eine Absage, die ganz Down Under schmerzte: NBA-Superstar und Rookie of the Year 2018 Ben Simmons verzichtete auf die WM, weil er sich auf die Vorbereitung mit seinen Philadelphia 76ers konzentrieren möchte. Aber Joe Ingles (Utah Jazz), Andrew Bogut (Golden State Warriors) und Matthew Dellavedova (Cleveland Cavaliers) können es auch ohne den Jungstar - was sie in der Vorbereitung mit dem Sieg über die US-Boys eindrucksvoll unter Beweis stellten.
Wer sind die Stars?
Der Star des Teams, Patty Mills, schenkte den USA gleich mal 30 Punkte ein. Der nur 1,83 Meter große Guard der San Antonio Spurs - dort trainiert ihn übrigens US-Coach Gregg Popovich - weiß wie man Titel gewinnt: 2014 holte er die NBA-Championship mit den Texanern. Besonders von draußen ist Mills eine Waffe: Knapp 40 Prozent seiner Dreipunktwürfe versenkte er im Laufe seiner Karriere.
Was ist möglich?
Der Sieg über die USA in der Vorbereitung zeigt: Alles ist möglich. Im Viertelfinale könnte es ein Wiedersehen geben. Dann soll wieder der besondere Team-Spirit helfen, wenn es nach Mills geht: "Wir sind eine großartige Einheit und wir lieben es zusammen zu spielen. Unser Verbindung ist unbezahlbar, wir unterstützen uns in allen Situationen", sagte der Guard nach dem Sieg über die US-Boys.
5. Frankreich
Was ist wichtig?
Der mehrmalige NBA-Champion und langjährige Superstar der San Antonio Spurs, Tony Parker, hat 2016 nach den Olympischen Spielen seine Nationalmannschaftskarriere beendet. In China außerdem verletzungsbedingt nicht dabei sind mit Thomas Heurtel (Barcelona) und Adrien Moerman (Efes Istanbul) zwei Schlüsselspieler. In Nando De Colo (Fenerbahçe Istanbul), Vincent Poirier (Boston Celtics) and Nicolas Batum (Charlotte Hornets) stehen trotzdem erfahrene Top-Spieler im Kader, die das französische Team anführen können. Die Mannschaft gilt als defensiv beste des Turniers ...
Wer sind die Stars?
… was besonders an Rudy Gobert liegt. Der 2,16m-Riese der Utah Jazz ist bekannt für Blocks und Rebounds. 2018/19 gewann er zum zweiten Mal in Folge die Auszeichnung als bester Verteidiger der NBA. Dabei erzielte er auch noch 16 Punkte pro Spiel. Evan Fournier von den Orlando Magic soll vorne Unterstützung beisteuern. Der Flügelspieler machte vergangene Saison durchschnittlich 15 Punkte pro Spiel.
Was ist möglich?
Gegen Serbien verloren die Franzosen in der Vorbereitung. Trotzdem könnte für das defensivstarke Team einiges gehen, denn gegen Gobert und Co. zu verlässlich zu Punkten zu kommen, ist eine Herausforderung. Ein Einzug ins Halbfinale ist realistisch. Der erste Gegner im Turnier heißt übrigens Deutschland.
Quelle: ntv.de