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Bei der Leichtathletik-WM Abuaku gelingt, was seit 1987 kein Deutscher schaffte

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Erstmals seit 36 Jahren qualifiziert sich ein deutscher Leichtathlet für ein WM-Finale über 400 Meter Hürden. Bei den Titelkämpfen in Budapest wandelt Joshua Abuaku auf den Spuren des legendären Harald Schmid. Trainiert wird der Aufsteiger von einem Olympiasieger aus der DDR.

Wer sich mit den Ikonen der deutschen Leichtathletik beschäftigt, kommt an Harald Schmid nicht vorbei. Der Autodidakt gehörte über 400 Meter Hürden in den 1970er und 1980er Jahren nicht nur konstant zur Weltspitze, sondern schaffte es auch regelmäßig, bei großen Meisterschaften seine besten Leistungen abzurufen. Dreimal wurde der Ausnahmesportler Europameister, bei den ersten Weltmeisterschaften 1983 in Helsinki stürmte er hinter dem nicht weniger legendären US-Amerikaner Edwin Moses zur Silbermedaille. 1987 gewann Schmid in Rom WM-Bronze - und blieb in der Folge für 36 Jahre der letzte Deutsche, der ein solches Finale erreichen konnte. Bis jetzt, bis zum 21. August 2023.

Abuaku (ganz links) geht als Außenseiter ins Finale.

Abuaku (ganz links) geht als Außenseiter ins Finale.

(Foto: IMAGO/Beautiful Sports)

An diesem Montagabend schafft Joshua Abuaku, was seit Schmid eben keinem deutschen Langhürdler mehr gelungen ist: der Einzug in ein WM-Finale. Nach 48,39 Sekunden kommt Abuaku als Vierter seines Halbfinals ins Ziel, nur die Plätze eins und zwei garantieren das Weiterkommen. Der 27-Jährige ist damit nur sieben Hundertstelsekunden langsamer als im Vorlauf am Vortag, in dem er eine neue persönliche Bestzeit aufgestellt hatte. Entscheidend ist in diesem Moment allerdings, dass Abuaku in der Gesamtschau aller Halbfinals der zweitschnellste Nicht-Direkt-Qualifizierte ist - und damit über die Zeit den Endlauf am Mittwoch (21.50 Uhr/ZDF und Eurosport) erreicht.

"Ich bin unendlich dankbar", sagt Abuaku anschließend am ZDF-Mikrofon, denn "das Finale war mein Ziel, das wollte ich unbedingt." Es ist der nächste Schritt einer beachtlichen Entwicklung, die der Langsprinter in den vergangenen Jahren genommen hat. 2021 hatte Abuaku das Halbfinale der Olympischen Spiele von Tokio erreicht, 2022 blieb er als einer von bislang 13 Deutschen erstmals unter 49 Sekunden. Bei der EM in München verpasste er als Fünfter die Bronzemedaille um die Winzigkeit von 1/100 Sekunde.

Frische Beine sollen Abuaku neuen Schwung bringen

In diesem Jahr steigerte Abuaku sich erneut, gewann Anfang Juli in Kassel in 48,45 Sekunden seinen ersten deutschen Meistertitel - und schob sich damit in der ewigen Bestenliste des Deutschen Leichtathletik-Verbandes auf den zweiten Rang nach vorne. An der Spitze dieser Bestenliste steht, wie könnte es anders sein, ein gewisser Harald Schmid. Der war bei seinem EM-Triumph 1982 und auf dem Weg zu WM-Bronze 1987 gleich zweimal 47,48 Sekunden gelaufen, nur drei Europäer waren jemals schneller.

In solche Sphären dürfte Abuaku aktuell noch nicht vordringen können, eine Zeit von unter 48 Sekunden aber hatte sich der Athlet der LG Eintracht Frankfurt für Budapest vorgenommen. "Im Vergleich zu gestern waren meine Beine müder", sagte er laut Sport1 nach dem Halbfinale, vor dem Endlauf bietet nun ein freier Tag etwas mehr Zeit zur Erholung: "Heute bin ich rhythmisch nicht ganz so stabil und locker geblieben wie gestern. Aber wenn ich [...] es in zwei Tagen mit etwas frischeren Beinen noch einmal angehen kann, dann geht das."

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Trainiert wird Abuaku übrigens von Volker Beck, einem weiteren großen Langhürdler der deutschen Geschichte. 1977 blieb er als erster Deutscher unter 49 Sekunden, bei den Olympischen Spielen 1980 in Moskau gewann er im Trikot der DDR sensationell die Goldmedaille - wobei er vom Boykott der USA sowie der Bundesrepublik und damit dem Fehlen des ansonsten von 1977 bis 1987 unbesiegten US-Superstars Edwin Moses profitierte. Nach seiner aktiven Karriere machte sich Beck als Trainer als Namen und ist bis heute beim Deutschen Leichtathletik-Verband als Bundestrainer für die 400 Meter Hürden verantwortlich.

Für seinen Schützling Abuaku wird es im Finale vor allem darum gehen, die persönliche Bestzeit noch einmal zu verbessern. Mit 48,45 Sekunden war der gebürtige Oberhausener nach Ungarn gereist und hatte diese Marke in Vorlauf (48,32) und Halbfinale (48,39) jeweils unterboten. In den Kampf um die Medaillen dürfte Abuaku anders als Schmid vor 36 Jahren dennoch kaum eingreifen können. Der norwegische Olympiasieger und Weltrekordler Karsten Warholm (47,09) setzte die Bestzeit der Halbfinals, dahinter blieben gleich vier Athleten unter 47,4 Sekunden, unter anderem Titelverteidiger Alison Dos Santos (47,38) aus Brasilien.

Quelle: ntv.de

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