Sport zieht weitere Konsequenzen Putin verliert Gürtel, Russland Weltmeisterschaften
01.03.2022, 11:35 Uhr
Wladimir Putin war seit 2013 Schwarzgurt-Träger ehrenhalber.
(Foto: imago stock&people)
Der Sport verbannt Russland immer weiter aus seiner Gemeinschaft und seinen Wettbewerben. Auch am Dienstag gibt es zahlreiche Reaktionen und Konsequenzen von Sportlern und Verbänden. Manche sind eher symbolisch, andere handfest.
Nach der Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft durch den Judo-Weltverband hat Russlands Präsident Wladimir Putin wegen der Invasion in die Ukraine eine weitere Auszeichnung eines Sportverbandes verloren. Der Taekwondo-Weltverband entzog dem 69-Jährigen den 2013 ehrenhalber verliehenen Schwarzen Gürtel. Zugleich verurteilte der Verband scharf "die brutalen Attacken auf unschuldige Leben in der Ukraine, die sich gegen die Vision von World Taekwondo von 'Frieden ist kostbarer als Triumphe' und die Werte von Respekt und Toleranz" richten.
Wie andere Sportorganisationen verhängte auch der Taekwondo-Verband Sanktionen gegen Sportler und Sportlerinnen aus Russland und Belarus. Bei Wettkämpfen werden weder die Flaggen der beiden Länder gezeigt, noch deren Hymnen gespielt. Der Weltverband und die Europäische Taekwondo Union werden keine Wettbewerbe mehr in Russland oder Belarus organisieren oder anerkennen.
Nach dem militärischen Einmarsch Russlands in die Ukraine mit Unterstützung von Belarus hatte der Judo-Weltverband Putin als Ehrenpräsident und Botschafter der Sportart suspendiert. Der Kremlchef ist selbst Träger des Schwarzen Gürtels.
Verband entzieht Russland die Volleyball-WM
Der Volleyball-Weltverband FIVB entzieht Russland die Männer-Weltmeisterschaft. Ein neuer Ausrichter für das WM-Turnier vom 26. August bis 11. September werde nun gesucht, teilte die FIVB mit. Wegen des Krieges in der Ukraine sei es "unmöglich, Weltmeisterschaften in Russland vorzubereiten und durchzuführen", hieß es in dem Statement. Der Weltverband sei "ernsthaft besorgt über die eskalierende Situation und die Sicherheit der Menschen in der Ukraine". Die FIVB hatte Russland bereits als Etappenort der Nationenliga gestrichen. Ursprünglich waren bei den Frauen ab Ende Juni in Ufa und bei den Männern ab Anfang Juli in Kemerewo Partien in Russland vorgesehen. Die Ersatzausrichter sollen in Kürze benannt werden.
Russland und Belarus dürfen nicht bei Eislauf-WM starten
Die Eiskunstläufer, Eisschnellläufer und Shorttracker aus Russland und Belarus sind mit sofortiger Wirkung von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Wie die Internationale Eislauf-Union (ISU) mitteilte, gilt dies auch für Offizielle aus den beiden Ländern. Damit ist Russland und Belarus der Start bei den Weltmeisterschaften im Eiskunstlauf vom 21. bis 27. März im französischen Montpellier, den Mehrkampf-WM der Eisschnellläufer am kommenden Wochenende im norwegischen Hamar sowie bei der Shorttrack-WM vom 18. bis 20. März im kanadischen Montreal verwehrt. Sportler beider Länder können zudem nicht beim Weltcup-Finale der Eisschnellläufer am 12. und 13. März im niederländischen Heerenveen antreten.
Russland hatte bei den Olympischen Winterspielen in Peking Eiskunstlauf-Gold bei den Damen durch Anna Schtscherbakowa und im Teamwettbewerb gewonnen. Insgesamt holte die starke Eiskunstlauf-Nation sechs von 14 möglichen Medaillen. Bei den Europameisterschaften in Tallinn/Estland hatten die russischen Läufer alle vier Titel und insgesamt neun von zwölf Edelplaketten gewonnen. Im Eisschnelllauf hatte Angelina Golikowa als Dritte über 500 Meter die einzige Einzelmedaille für das Team des Russischen Olympischen Komitees in Peking gewonnen. Zudem wurde das Männer-Team Zweiter in der Verfolgung. Im Shorttrack holten Konstantin Iwlijew (Silber/500 m) und Semjon Jelistratow (Bronze/1500 m) in China Medaillen. "Die ISU-Exekutive wird die Situation in der Ukraine und ihre Auswirkungen auf die Tätigkeit der ISU weiterhin genau beobachten und bei Bedarf zusätzliche Maßnahmen ergreifen", hieß es in der Mitteilung.
Eishockey-Teams ausgeschlossen, WM entzogen
Der Eishockey-Weltverband (IIHF) die russischen und belarussischen Mannschaften "bis auf Weiteres" aus allen Wettkämpfen aus. Damit folgt die IIHF anderen internationalen Verbänden wie der FIFA und UEFA. Zudem werde Russland die Gastgeberrechte für die Junioren-WM 2023 entzogen, hieß es in der Mitteilung. Die Eishockey-WM in Finnland findet damit wohl ohne Russland und Belarus statt. Bei den Olympischen Spielen in Peking hatte Russland noch ganz knapp im Finale gegen Finnland den Titel verpasst. Eine Eishockey-WM ohne Russland war bislang nicht vorstellbar. 27 Mal hat die Sbornaja den Titel geholt und ist damit neben Kanada der Rekordsieger.
Aus Solidarität mit der Ukraine hat der norwegische Skiverband Athleten aus Russland und Belarus die Teilnahme an den Weltcup-Wettkämpfen in Norwegen in dieser Woche verweigert. Die Norweger hätten nicht darauf warten können, dass sich der Weltverband Fis entscheide, erklärte Verbandspräsident Erik Røste. "Der norwegische Skiverband kann zum Ausdruck bringen, dass er keine russische oder belarussische Teilnahme wünscht, aber er kann ihnen nicht verweigern teilzunehmen", sagte Generalsekretär Michel Vion im norwegischen Rundfunk. Zu einem Konflikt vor Ort wird es aber nicht kommen. Die russischen Skilangläufer, Skispringer und Nordischen Kombinierer würden am Mittwoch abreisen, hieß es.
Russlands Handball wird international lahmgelegt
Auch der europäische Handball-Verband EHF schloss sich anderen internationalen Sport-Verbänden an und hat Russland und Belarus vorerst suspendiert. Nach dem Beschluss des EHF-Exekutivkomitees vom Montagabend dürfen weder die Nationalmannschaften noch Klubs aus den beiden Ländern an europäischen Wettbewerben teilnehmen. Mit dem Schritt folgt die EHF einer Empfehlung des Internationalen Olympischen Komitees. Betroffen ist beispielsweise in der Männer-Champions League Meshkow Brest aus Belarus. In der Königsklasse der Frauen spielen Rostow-Don und ZSKA Moskau.
Laut EHF werden auch Schiedsrichter und Offizielle aus Russland und seinen Verbündeten Belarus bis auf Weiteres nicht mehr für Spiele nominiert. In Russland geplante Veranstaltungen werden neu vergeben. "Diese Maßnahmen mussten mit sofortiger Wirkung ergriffen werden, da der Krieg in der Ukraine weiter wütet und die Grundsätze der EHF für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene und den Geist der Fairness gefährdet", hieß es in einer Mitteilung. Die EHF bedauere die Folgen für Einzelpersonen, Vereine und Nationalmannschaften und hoffe, dass die Rückkehr des Friedens neue Überlegungen ermögliche.
Der frühere Bundesliga-Coach und heutige russische Nationaltrainer Velimir Petkovic schloss einen Rücktritt derweil vorerst aus. "Ich bin Trainer von Handballern, nicht von einem Regime", sagte Petkovic den "Stuttgarter Nachrichten". Er lebt in Berlin, befände sich aktuell aber in Moskau, um mit Verbandsvertretern über die weitere Zusammenarbeit zu sprechen. "Ich habe mich informiert, wie es weitergehen soll, aber alles ist offen", sagte der 65-Jährige. Sein Vertrag läuft noch bis 2024. Petkovic trainierte unter anderem die deutschen Klubs HSG Wetzlar, Frisch Auf Göppingen und Füchse Berlin. Er besitzt einen deutschen Pass, erlebte in seiner Heimat Bosnien aber auch den Balkankrieg mit.
Kanuten schließen Russen und Belarussen aus
Der Welt-Kanuverband ICF hat Athleten aus Russland und Belarus bis auf weiteres von allen Veranstaltungen ausgeschlossen. Zusätzlich zu den Athleten habe das ICF-Exekutivkomitee beschlossen, alle Offiziellen aus Russland und Belarus von der Teilnahme an vom Verband sanktionierten Veranstaltungen sowie von der Teilnahme an Sitzungen, Ausschüssen und Foren des ICF auszuschließen, hieß es weiter.
Bereits in der vergangenen Woche hatte die ICF drei Veranstaltungen, die in diesem Jahr in Russland stattfinden sollten, gestrichen. Präsident Thomas Konietzko erklärte, der ICF-Vorstand unterstütze einstimmig die harte Haltung des Internationalen Olympischen Komitees und habe nicht gezögert, seine eigenen harten Entscheidungen zu treffen, um das Verhalten der beiden Länder zu verurteilen. "Wir stehen in ständigem Kontakt mit unserer Kanufamilie in der Ukraine, und es ist offensichtlich, dass dies eine sehr stressige und besorgniserregende Zeit für alle ist", sagte Konietzko. Der Verband beschloss, ein Spendenkonto einzurichten, um Geld für ukrainische Athleten zu sammeln, die von dem Krieg betroffen sind, und bat die nationalen Verbände, für diesen Zweck zu spenden.
Schwimmverband geht anderen Weg
Russische und belarussische Athleten können trotz des Ukraine-Krieges weiterhin an internationalen Wettkämpfen des Schwimm-Weltverbands Fina teilnehmen. Sie sollen allerdings nur als neutrale Athleten oder Mannschaften zugelassen werden, wie die Fina mitteilte. Die Teilnahme unter dem Namen Russland oder Belarus sei nicht mehr erlaubt.
Bei internationalen Veranstaltungen sollten demnach "keine nationalen Symbole, Farben, Flaggen gezeigt oder Hymnen gespielt werden". Die Fina werde die Situation weiterhin beobachten und gegebenenfalls weitere Entscheidungen treffen. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wird zudem der Fina-Orden aberkannt, den er 2014 vom Verband erhalten hatte.
Keine Konsequenzen für Russen in DEB, HBL und VBL
Der russische Angriff auf die Ukraine hat zunächst keinen Einfluss auf die jeweiligen Spielbetriebe der Handball-Bundesliga (HBL), der Deutschen Eishockey Liga (DEL) und der Volleyball-Bundesliga (VBL). Nachdem die Europäische Handballföderation am Montagabend den Ausschluss der russischen und belarussischen Klubs aus den internationalen Wettbewerben beschlossen hatte, gibt es in der HBL keine Sanktionen. "Die Frage stellt sich nicht", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. Asat Waliullin vom HSV Hamburg und Gleb Kalarasch von der MT Melsungen können weiter auflaufen. Eine Suspendierung der Spieler wäre für Bohmann "nicht gerecht gewesen".
Russischen Profis in der DEL drohen ebenfalls keine Konsequenzen. Ein Sprecher der Liga bestätigte auf dpa-Nachfrage, dass sowohl die Krefeld Pinguine als auch die Adler Mannheim weiter auf ihre Spieler aus Russland bauen können. In Krefeld steht mit Igor Zakharkin zudem ein russischer Trainer hinter der Bande. In der Volleyball-Bundesliga möchte man sich an die Vorgaben der internationalen Verbände halten. Vorher gebe es für einen Ausschluss keine rechtliche Grundlage, heißt es von VBL-Seite.
Quelle: ntv.de, ter/dpa