Chancenlos bei Australian Open Zverev analysiert "Scheiß-Woche" schonungslos
23.01.2022, 11:03 Uhr
Das war nichts.
(Foto: imago images/AAP)
Der Weg zur Nummer 1 der Tennis-Weltrangliste ist frei, doch Alexander Zverev scheidet bei den Australian Open schon im Achtelfinale aus. Nach der bitteren und deutlichen Niederlage sucht der 24-Jährige keine Ausreden, sondern gibt Einblick in sein Inneres.
Bis zum Achtelfinale hatte Alexander Zverev nicht einen einzigen Satz bei den Australian Open abgegeben und zumindest den Ergebnissen nach seine Favoritenrolle für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres bestätigt. In Abwesenheit des ungeimpft ausgewiesenen Novak Djokovic eröffnete sich sogar die Chance, mit einem Finalsieg in Melbourne die Nummer eins der Weltrangliste zu werden. Doch die erste echte Bewährungsprobe geriet zum Desaster. Deutschlands bester Tennisspieler scheiterte gleichermaßen deutlich wie verdient mit 3:6, 6:7 und 3:6 an Denis Shapovalov und resümierte anschließend schonungslos: "Ich hatte eine Scheiß-Woche, was Tennis angeht."
Gegen den Kanadier, die Nummer 14 der Welt, fand Zverev zu keinem Zeitpunkt des Matches seinen Rhythmus. "Ich war einfach schrecklich", sagte er anschließend, auch die vorherigen drei Erfolge auf dem Weg ins Achtelfinale hatten ihn offenbar nicht überzeugt: "Ich habe die ganze Woche schlecht gespielt", auch wenn er den klaren Zweitrundenerfolg gegen den Australier John Millman (6:4, 6:4, 6:0) davon ausnahm. Der 24-Jährige suchte allerdings "keine Ausreden", als er den Eindruck vieler Zuschauer bestätigte: "Ja, ich habe mich extrem langsam gefühlt, nicht frisch."
Den vermeintlich einfachen Ausweg aus der bitteren Niederlage lehnte Zverev ab. Er könne jetzt zwar "hier sitzen und sagen: 'Ich habe eine Erkältung und sonst was', aber nein, ich bin immer sehr ehrlich. Ich habe nichts." Auch Shapovalov, der nun im Viertelfinale auf den 20-fachen Majorsieger Rafael Nadal trifft, spielte keine überragende Partie, machte aber schlicht weniger Fehler. Oder wie Zverev es ausdrückte: "Das war seit Wimbledon das schlechteste Match, das ich gespielt habe." Auch beim Rasenklassiker in England war er im vergangenen Sommer im Achtelfinale gescheitert.
Warten seit Becker 1996
"Ich bin mit dem Ziel hergekommen, zu gewinnen und vielleicht die Nummer eins der Welt zu werden. Wenn ich so spiele, verdiene ich es nicht", analysierte Zverev seine eigenen Ansprüche schonungslos. Der Olympiasieg in Tokio ist aller Ehren wert, gemessen aber werden Tennisprofis zuerst an ihrem Abschneiden bei den vier Grand Slams. Dort bleibt Deutschlands bester Tennisprofi weiter ohne den Triumph, für den er an guten Tagen alle Voraussetzungen mitbringt. Darüber wollte er an diesem für ihn trostlosen Sonntag in Melbourne aber nicht sprechen: "Es wäre nach so einem Spiel ziemlich dumm, von einem Grand-Slam-Titel zu reden."
Damit geht das Warten auf einen deutschen Grand-Slam-Sieger im Herreneinzel ins 27. Jahr, zuletzt war das Boris Becker bei den Australian Open 1996 gelungen. Der inzwischen 54-Jährige urteilte als Experte bei Eurosport: "So passiv habe ich ihn lange nicht gesehen" und bezeichnete Zverevs Leistung als "enttäuschend. Er hat nie zu seinem Spiel gefunden, hatte die Dynamik nicht, die Aggressivität."
Wobei der gebürtige Hamburger zumindest nach dem Verlust des ersten Satzes eine gewisse Aggressivität zeigte, die aber vor allem der dadurch zertrümmerte Schläger zu spüren bekam. "Das mache ich auch nicht einfach so", sagte Zverev, nur gebracht hat es offenkundig wenig: "Wenn man so schlecht spielt, da kannst du rumhüpfen, wie du willst." Statt sich auf das Viertelfinale gegen Nadal vorzubereiten, muss Zverev nun einmal mehr eine Grand-Slam-Enttäuschung aufarbeiten.
Quelle: ntv.de, tsi